DAV Höhlengruppe Frankfurt/Main

Historische Berichte


Inhaltsverzeichnis

   Aktivitäten 2018
   Forschung 2018
   Aktivitäten 2017
   Forschung 2017
   Aktivitäten 2016
   Forschung 2016
   Aktivitäten 2014
   Forschung 2014
   Aktivitäten 2013
   Forschung 2013
   Aktivitäten 2012
   Forschung 2012
   Aktivitäten 2011
   Forschung 2011
   Aktivitäten 2010
   Forschung 2010
   Forschung 2009
   Forschung 2008
   Forschung 2007
   Aktivitäten 2007
   Forschung 2006
   Aktivitäten 2005
   Forschung 2005
   Aktivitäten 2004
   Forschung 2004
   Aktivitäten 2003
   Forschung 2003
   Forschung 2002
   Aktivitäten 2001
   Forschung 2001
   Aktivitäten 2000
   Forschung 2000
   Aktivitäten 1999
   Forschung 1999
   Aktivitäten 1998
   Forschung 1998
   Aktivitäten 1997
   Forschung 1997
   Aktivitäten 1996
   Forschung 1996
   Sonstiges

Forschung 2018 - ORO-Freezer

Anderswo ist Jahrhundertsommer und anhaltende Dürre, aber es gibt einen verschwiegenen Ort hinter den 7 Bergen ... - und genau da mussten wir hin! Am Sonntag 26. Aug.ust 2018 ging es in die frisch verschneiten Loferer Steinberge. Jaaa, Ihr lest richtig, überall 30°C, aber da oben schneit es auch bei unserer Ankunft. Bernd, Björn, Fred, Marvin, Ute und ich verwandeln den Trockenraum der von-Schmidt-Zabierow Hütte in eine Nasszelle.

Trotzdem ist es den verwegenen Helden gelungen den ORO-Freezer zu öffnen und am Montag durch die Eisröhre bis -83m abzusteigen. Dann kommt die berühmte vertikale Engstelle und knapp 200m sehr direkte Schachtstrecke tiefer, wurde in der Belle Etage das neue Biwak auf, unter und neben den großen Blöcken eröffnet. Dort vier gemütliche Schlafplätze zu entdecken war nicht vollständig von Erfolg gekrönt. Mit dem Höhlenfunksystem CaveLink sicherten wir die Kommunikation zu den Aussendienstlern Ute und Marvin.

Am Dienstag verfolgten Bernd und Björn diesen neuen Gang gut 200m mit Rückenwind nach Norden. Er ist fossil, meist mannshoch, sehr reichlich mit sehenswerten Speläothemen garniert und liegt horizontal. Eine Querkluft erfordert eine luftige Querung, später wurde eine sehr bröselige Versturzzone erreicht und der Vorstoß dort noch immer im Wind abgebrochen. Mit Bernd habe ich den "Pokalsieger 2018" am Mittwoch 190m Neuland bis zum Forschungsende vermessen. Dabei fühlte ich mich schon längere Zeit von einem fossilen Höhlenforscher verfolgt. Und tatsächlich haben wir Ihn mit Blitzlicht geschnappt! Nun sind wir sehr gespannt, ob der quasi unter das Reifhorn zeigende Gang doch wieder mit dem Loferer Schacht in Verbindung steht – der Wind muss ja irgendwo hin.

Mit Fred war ich ebenso am Dienstag, keine 50m weiter ebenfalls nach Norden in einen fossilen Teil über der Halle 16 abgebogen. Dort startet ein trockener Schacht, welcher unten über eine Kluft an einem Sattel Verbindung zu 2 weiteren Schächten hat. Der rechte kürzere Schacht versetzt in eine Kluft gleicher Richtung, welche von einem stark schüttenden Wasserfall garniert wird. Mit 2 schnellen mutigen Schritten ist man da durch, dann geht es mit dem Wasser weiter bis zu einer ca. 5m hohen Schachtstufe (kein Seil mehr dabei) und soweit man sehen kann, vermutlich unten rückwärts wieder zurück in einer tiefere Etage der Kluft.

Vom Sattel führt der linke Schacht ca. 30m trocken abwärts (doch unser Seil war zu kurz), allerdings sieht man unten schon wieder Wasser horizontal abfließen. Das sieht ganz gut begehbar aus. Schade, daß wir da noch nicht landen konnten. Ah, wie soll der Teil heißen ? "Ööhm" war die Antwort. Also 137m neue Meter im Ööhm vermessen.

Während im nahen Biwak schon die Vorbereitungen für das Köcheln getroffen wurden, habe ich noch schnell in Halle 16 in einen erhöht liegenden kleinen Schachtmund geschaut. Nach ca. 10m Abseilen gab ich an einem kleinen Vorsprung einem Kiesel gezielt einen Schubs und weg war er. Zum Zählen brauchte ich die Uhr, Aufschlag nach ca. 9 Sek. + 3 Sek. weiteres Gerumpel + 7 Sek. Nachhall !!! Ab der Blockkante ist es unten nur TIEF SCHWARZ. Senkrecht angezählte Steine fallen frei durch die A-Spalte - wir brauchen sicher ein 200m Seil, am Stück bitte. 2 Anker für einen soliden Startpunkt habe ich gleich gesetzt. „Der Zwölfer“ (9+3 Sek.) wartet nun auf 2019. Adrenalinschübe gibt es dort kostenlos dazu.

Bernd hat mit Björn währenddessen weiter im Hauptgang den nächsten mit Getöse querenden Bach verfolgt. Wie schon 2017 vermutet sind es wohl doch 2 unabhängige Bäche, welche sogar in unterschiedliche Richtungen in Schächten abziehen. Auch da geht es weiter.

Am Mittwochabend wurde vom Biwak-Team schon wieder die Oberfläche erreicht, da schwerer Regen angekündigt war. Doch Sternenhimmel und ein mildwarmes Lüftchen empfing uns samt Marvin. Im Schein der Helmlampen ging es schneefrei schwitzend zur Hütte - dort wie immer großes Schlemmen und Erzählen mit Überraschungsgast Kurt Schmalz. Ja, die Alpen sind klein. Und als wir gegen Mitternacht ins Lager stiegen, goss es Draußen in Strömen. Na also, doch nicht umsonst aus der Höhle gestiegen - ich hatte schon schwere Zweifel.

Durch Ute und Marvin wurden in Hüttennähe die neu entdeckten Höhlen „Großwild 1“ bis zum Ende befahren und „Großwild 2“ entdeckt. Na, und der „Laschenschmeisser“ wurde mal wieder bis zum Ende des 100m Seils eingebaut und am Freitag schnell wieder ausgebaut. Es gibt also noch genug zu tun !

Am Donnerstag folgte die nötige Rekonvaleszenz unterstützt durch Kathi´s brilliante Küche und warmen Kachelofen, Inventur, Aufräumen, … Und am Freitag Heimfahrt noch immer im Regen.

Glück tief, Oliver

Aktivitäten  2018 - Abgrund, Tiefe, Leidenschaft


Ute sitzt konzentriert arbeitend in ihrem Büro als bling-bling eine SMS eingeht : Biwak im Tunnel der Träume auf -680m eingerichtet - Mark und Oli wohlauf – geht weiter bei -720m. Wie bitte ? Aus welcher Parallelwelt kommt das denn ? Ahh-ja dämmert es Ute, die Freunde sind in der Kreuzhöhle erfolgreich unterwegs. Einfach grandios, via Höhlen- und Mobilfunk so aus der Ferne vieles Miterleben zu können ! Die Rückkehr von Speleo-Oli und Team von dort unten an die Oberfläche dauert ja immerhin 2 Tage ! Doch aus dem tiefen Untergrund später mehr.

Bei uns nicht traditionell, aber das Höhlenjahr 2018 startet mit dem Dreikönigstreffen auf dem Dachboden! Naja, Julius, Ulrich und ich bewegen uns im hessischen Herbstlabyrinth in weißen Schutzanzügen und Überschuhen in dem besonders delikaten und fragilen Bereich des sog. Dachbodens. Eigentlich tatsächlich wie die Engel im Himmel - zumeist schwebend. Bei der Entdeckung wurde das Kleinod vermessen. Nun beim zweiten und letzten Besuch, wird es in fotografierender Weise ausgiebig dokumentiert. Beim Rückzug, es geht sehr eng und gewunden durch herausfordernde Passagen, bauen wir aus Gründen des Höhlen- und Naturschutzes die Seile wieder ab und unterbinden damit wie vorher abgemacht den weiteren Zugang.

Ganz anderer Natur ist später eine Befahrung der tiefsten hessischen Höhle (-112m), der Schwinde C, bei Regen und Schneeschmelze im Februar, also bei sattem ablaufendem Hochwasser. Ja, wir wissen was wir da im doppelten Vollneo tun. Der Pegel des Erdbachs, sowie der Wetterbericht samt Strömungsfilmen und Temperaturen, wurden stundengenau passend ermittelt. Ohne penible Vorbereitung geht so etwas überhaupt nicht. Durch die Wasserfälle geht es vorsichtig nach unten. Bald sehen wir, dass der bei normaler Feuchte extra hochwassersicher angelegte Weg, unter einem kräftigen Wasserfall liegt, also bei echtem Bedarf keinen Rettungsweg darstellt. Eine andere Wegführung ist da besser. Phänomenal ist der Lärm, welcher maximal Brüllen zur Verständigung zulässt. Auch spannend ist bei so einer Lage die Beobachtung, wo da überall Wasser hervorschießt und drückt. Bei Trockenheit lassen sich dann dort weitere Passagen erforschen. Doch dass 2018 so ein trockenes Jahr wird, hätten wir uns da unter der kalten Dauerdusche stehend absolut nicht träumen lassen.

Viel Vorbereitungszeit ist auch für den Vortrag im März über die Forschungen in der Kreuzhöhle aufzubringen. Ungewöhnliche Bilder und Filmeinspielungen machen die Sache erlebnisreich. Danke für den gut gefüllten Saal, hat Spaß gemacht mit Euch.

Schon ist Ostern und die tatsächlich traditionelle Ostertour führt ins südliche Frankreich in den Lot (ca. 200km vor Toulouse). Das Frühlingserwachen findet mit 18 Höhlenforschern in zahlreichen tollen, tropfsteingeschmückten Höhlen statt. Fantastisch, zumal man öfter nur über fast 100m tiefe Direktschächte (ab Waldboden senkrecht hinab, Achtung Spaziergänger) an die brillianten Fotomotive kommt. Auch das Bootfahren auf der Celé in der Sonne und auf einigen Höhlenseen im ewigen Dunkel wird sehr genossen. Eine sehr ausgewogene, denkwürdige Tour mit vielen echt netten Leuten und auch etwas Trainingscharakter.

Anfang Juli dürfen 13 Höhlenfreunde endlich wieder nach Lofer zu Kathi, dreieinhalb Stunden auf die von-Schmidt-Zabierow Hütte hinaufschwitzen. Hauptsächlich angereist wegen des köstlichen Kaiserschmarrns, werden nebenbei vor allem viele Höhlenseile, Anker, Karabiner, Bohrmaschinen, 20kg Höhlenfutter, Isomatten, Kocher, etc. , auf den Berg und in die Forschungshöhlen verbracht. Einige Ausrüstung für 3 neue Biwaks ist nötig geworden. Neben verschiedenen bis jetzt kleinen Neuentdeckungen wird die Kreuzhöhle in einer 11h-Tour bis hinter den Block des Pharao bei -200m befahren.

Der Eurospeleo, dem Kongress der wissenschaftlichen Höhlenforschung samt Höhlenforschern, wird im August in Ebensee am Traunsee in Österreich entgegen gefiebert. Mit vielen Freunden und Bekannten fährt man hin, nur um sich bald von noch mehr Freunden und Bekanntschaften aus aller Welt voller Urlaubs- und Forschungsideen wieder verabschieden zu müssen. Nur 6 Wochen Urlaub pro Jahr ist einfach eine Quälerei. Drei lange Exkursionen in nahegelegene Großhöhlen wie die Hirlatzhöhle bei Hallstadt, oder das Schönberghöhlensystem werden genossen. Abends gibt es tolle bildreiche Vorträge um danach in und um die Speleo-Bar das Zusammensein in lauesten Sommernächten zu vertiefen. Am jeweils selben Morgen geht es dann wieder früh los … , das versteht sich von selbst. Julius gewinnt die Goldmedaille bei den Speleo-Olympics – hervorragend!

Nach dieser echt harten Zeit geht es im Anschluß zum Entspannen direkt nach Lofer in unser Sommercamp. Dort oben wartet der Neuschnee auf uns (jaja, im August) und der einstimmige Beschluss lautet „in der Hütte ist es auch schön“ (und es gibt Kaspress-Knödel der Spitzenklasse). Trotzdem rücken wir für 3Tage und 2 Biwaknächte in den eisigen ORO-Freezer ein. Auf -270m unter langen Schächten und hinter separierenden Engstellen haben die Höhlenfossilien Bernd und Oli mit Fred und Björn einigen Spaß beim Entdecken und Vermessen von Neuland. Der neue Gang namens „Pokalsieger 2018“ freut uns Frankfurter natürlich ganz besonders. Und es geht dort noch weiter!

3 Wochen später am 22. September stehen wir schon wieder vor der Hütte auf den Loferer Steinbergen. Die lange Forschungswoche in die Kreuzhöhle steht an. Radu aus Rumänien, Tom, Mark, Marvin und Oli. Alles und alle sind Bestens vorbereit, sogar das Wetter spielt mit. Es schneit erst als wir schon tief in der Kreuzhöhle sind, berichtet uns unser Wettermann Marvin von draußen ! Radu und Tom haben 4 anstrengende Forschungstage ab dem zentralen Biwak in Halle 1 (-380m) vor sich und gelangen nach und nach bis auf ca. -700m über die Westschächte hinab. Mark und ich haben den härtesten Tag mit 8 Schleifsäcken plus zeitweise 50m Seil frei am Arm, durch den Schmelzwasser nassen „Niehammawassa“ hinab in die Halle der Träume. Dort suchen wir einen gemütlichen, leisen Schlafplatz und werden im Tunnel der Träume bei -680m fündig.

Als dann morgens wieder der Kocher brummt und die Höhlenfunkstation installiert ist, geht die berühmte SMS raus, auch an Ute. Über den sog. Guanoschacht seilen wir bis -782m an eine unpassierbare Spalte ab, doch am Ende der Hinkelsteinhalle wartet ein hoffnungsvolles Blasloch in 2019 auf uns. Nach 5 Biwaknächten und 6 Tagen und 3 Stunden non-stop im Berg, sehen wir Abends die Sonne wieder – und später natürlich den Kaiserschmarrn (in voller Größe zum Nachtisch) .

Da kein Monat ohne Höhlenbesuch bleiben kann, startet die große Höhlen, Wein und Käsefahrt Ende Oktober in den französischen Jura – auch schon Tradition. 19 Anmeldungen ergeben dann 17 Personen vor Ort im beliebten und in eingeweihten Kreisen weithin bekannten Amathey-Vesigneux. Dieses Kuhdorf finden wir selbstverständlich auch bei Nacht und ohne Licht. Wegen der inzwischen katastrophalen Dürre, die Flüsse im Karst liegen wahrhaftig trocken da und man weiß nicht wohin mit den unverdünnbaren Abwässern – befahren wir vor allem Wasserhöhlen. An einigen Stellen konnte man aufrecht durch die ehemaligen Siphone marschieren, an anderen Stellen überraschenderweise nicht. Der Megakracher der Woche ist mal wieder die Durchquerung des Verneau-Systems, diesmal jedoch gegen das Wasser von unten bei Nans-sous-St. Anne, über 400 Höhenmeter nach oben, bis man bei Deserviller wieder heraus kommt. 15 Stunden Daueraktion wurden am Ende noch getoppt, als zwar Nachts um Zwei das Auto im kalten Novemberwind vor dem Ausgang stand, jedoch der Autoschlüssel in Carstens Jacke in der Unterkunft schlummerte! Zum Glück konnten wir Marvin als Schlüsselboten aus den Federn klingeln.

Der Jahresendspurt setzt mit „Double Trouble“, ca. 30m vertikales Neuland über dem Erdbach, im Herbstlabyrinth Akzente (nun 12,7 km Ganglänge in HESSEN !). Auch das DAV-Jubiläumsjahr rückt greifbar näher. Zum Höhlenfoto-Summit kommen über 100 fantastische Aufnahmen zusammen. Nach vielen Stunden Diskussion werden diese auf 53 Edelbilder und einen Jubiläums-Höhlen-Wochenkalender eingedampft. Dieser wird gerade noch rechtzeitig zur Weihnachtsfeier aufgelegt und verteilt. 36 Jahre Höhlengruppe und 150 Jahre DAV gilt es zu feiern.

Glück tief, Oliver

Forschung 2017 - Kreuzhöhle

Vor dem Vergnügen steht allerdings die Planung, welche so im März beginnt und mit der Nachbereitung im Februar des Folgejahres endet. Na klar, nach der Tour ist vor der Tour! Genehmigung einholen, Material kaufen, Futter organisieren ist so mit das Wichtigste. Dann noch nach begeisterten Trägerkolonnen Ausschau halten und mindestens zweimal vorher den langen Weg nach Lofer nehmen. Wenn alles Material und die Höhlenforscher aus fern und ferner an Ort und Stelle sind, dann startet das wahre Abenteuer Kreuzhöhle. Ihr seht, die Vorbereitung dauert gut zwanzig mal länger als die einwöchige Tour.

September 2017, drei Tage vor Abfahrt aus dem sonnigen Frankfurt beginnt es in Lofer zu schneien. Hüttenwirtin Kathi schickt mir täglich ein Bild mit Schnee, mehr Schnee und viel mehr Schnee vom Berg. Bereits im Auto unterwegs, hören wir im Radio von ersten Lawinentoten in den bayrischen Alpen – ohweh, das wird hart !

Samstag 21.Sept. beginnt der Aufstieg wie immer in T-Shirt, kurzer Hose und dem üblichen superschweren Rucksack. Doch 1160 Höhenmeter weiter bei der Hütte stapfen wir schon bis zu den Waden durch den Schnee. Völlig unverständlicherweise sind wir die einzigen Hüttengäste ! Letzte Vorbereitungen für die 5 Tage non stop in der Kreuzhöhle werden getroffen, dann geht es hinauf unter das westliche Reifhorn. Hmm, der Klettersteig liegt dick unter Schnee, bis zu einem Meter weißes Zeug muß ich abräumen. Bis zur Hüfte im Schnee wühlt man sich mit dem 25kg Rucksack mühsam bergwärts.

Unsere Seilsicherung durch die Nordwand müssen wir neu verlegen, doch wir sind ja echte Alpinisten. Schließlich steht auch die Antenne für die Kommunikation in und aus der Höhle im kleinen Wehrgrubenjoch und der Wettergott verspricht stabiles, schönes Herbstwetter. Na also, geht doch!

In der warmen Kreuzhöhle (plus 1°C) ist diesen Sonntag alles wie immer und wir 5 Forscher entspannen endlich. Ohne Lawinengefahr und Tiefschnee ist hier alles leichter als Draußen. Leider hat unsere immer am selben Platz hängende Nordfledermaus Ihr Sommerquartier wohl schon verlassen, wir hatten Grüße dabei. Die Höhle zieht ja völlig entgegen aller Theorie wunderbar versintert gen Süden. Ein geologischer Aufschluß nach dem Anderen und riesige fossile Sinterpolster samt Fossilien verschönern den Weg. In der Sintersause bewundern wir wieder die tollen Kristalle und dann setzen wir nach 6-7 Wegstunden ab Eingang auch schon im Biwak in Halle 1 den Kocher in Schwung. Das Forscherleben übernimmt den Rhythmus und ich freue mich schon auf absolut ruhigen, tiefen Schlaf.

Am Montag trennen sich nebenan in Halle 2 die Wege. Mark und ich werden versuchen durch 280m Schacht in die noch unerreichte Halle der Träume vorzustoßen. Petr, Radu und Tom werden im Bereich hinter Halle 6 um den Westmeander weiterforschen. Nach dem Frühstück werden die Bohrmaschinen und das Material für den Tag verteilt, dann geht es ab ins Ungewisse. Wir sind ja hier die ersten Menschen aller Zeiten.
Bevor Mark und ich uns der Vertikalen anvertrauen, überprüfen wir die Seile und vor allem die installierten Anker und Aufhängungen sehr penibel. Doch alles scheint in Ordnung zu sein im „Niehammawassa“, dem „Schaffsch des ?“ und dem 120m messenden „the ass is open – Schacht“. Nach einem Jahr warten sind wir endlich wieder am Forschungsende 2016 angekommen. Das Schluckloch in die schwarze Leere ist unverändert, darunter wartet hoffentlich die Halle der Träume mit neuen Überraschungen.

Am 25m-Seil schweben wir ein ins große Dunkel. Das ist tatsächlich ein erhebendes und sehr aufregendes Gefühl wenn man den Hallenboden erreicht, ein wenig herumtapst, sich vorsichtig vom Seil löst, schließlich frei herumläuft und die Lage sondiert. Mark folgt tief beeindruckt, von oben hatte er ja den Logenplatz auf das ganze Spektakel. Joaaahh, die Halle ist eine echte Halle ! 70m lang, 20m breit und mehr als hoch – das Lasermessgerät schafft nur 50m … . Die größte Halle der Kreuzhöhle ist damit bei minus 680m erreicht, das wissen wir sofort.

Sehr zufrieden futtern wir Snacks und sehen dabei einen abziehenden Tunnel im Südwesten. Hey, whow, ein echter fossiler Sammler auf ca. 1500m Seehöhe, eine klassische Riesenhöhlenetage eiszeitlichen Ursprungs – JAAA, Wahnsinn ! Behutsam aber stetig, ziehen wir vermessend mit dem Wind vorwärts in den schnell benamten „Tunnel der Träume“. Überglücklich sind wir mit dem eindeutigen kräftigen Wind, von welchem in all den Riesenschächten nichts zu spüren war. Aber hier in der Tiefe zieht es um die Ecken, halleluja !
Tunnel der Träume mit Mark

Eine Engstelle in einem Zwischenversturz versucht uns aufzuhalten, doch das nun so genannte „Zäpfle“ passieren wir mit angelegten Ohren. Dahinter empfängt uns der Spiegelsaal mit großen Harnischflächen tektonischen Ursprungs und einem Wasserfall von oben. Nach ausgiebigem Staunen führt uns der windige Tunnel der Träume etwas versteckt weiter durch wunderbare Passagen. Hinter einer Kletterstelle meldet sich der Magen mit der Nachricht es sei doch recht weit zurück bis zum Suppentopf im Biwak. Ob wir die 4 Stunden Rückweg wohl eingeplant hätten?
Was, schon so spät? Beim Entdecken ist ja Raum und Zeit kein Kriterium, offenbar einzig der Magen das Regulativ. Gut, gut, morgen ist ja auch noch ein Tag !

Zurück in der Halle der Träume knallt der Wasserfall aus dem Schacht, oh das Schmelzwasser ! Daran haben wir beim Seileinbau zwar intensiv gedacht, nun aber ist der Spray schon heftig. Da wir nicht völlig naß im Biwak ankommen dürfen, verpacken wir die warme Unterkleidung wasserdicht im Schleifsack und dann geht es dünn bekleidet mit hohem Tempo durch die Wassernebel hinauf. Nunja, ins Schwitzen kommen wir durch die Kühlung nicht, aber es klappt.

Wieder am Suppentopf vereint, erzählen die 3 Freunde glühend vom Kristallmeander und einem riesigen Schacht im Westmeander. Ein super erfolgreicher Tag geht mit vielen Nudeln zu Ende.

Dienstag: Ohne Diskussion bleiben Arbeitsgebiete und Forschergrüppchen gleich, d.h. Mark und ich dürfen wieder in die tiefe Nässe hinab. Diesmal allerdings mit unseren fast wasserdichten Tyvex-Anzügen. Die Halle der Träume nach Nordosten haben wir ja noch nicht wirklich gesehen. Sehr eindrucksvoll neigt sich da der Horizont nach unten. Dolomitsand taucht überraschend auf, dann wurschteln wir uns durch einen Versturz. Mark schaut als erster wieder „ins Freie“ und darf dafür etwas kopfunter in der Engstelle liegend das Seil einbohren. So flexibel muß man sein. Bald schwebt er weitere 10 Meter hinab, dann können wir wieder gehen. Das Erkunden, Vermessen, Fotografieren und Dokumentieren läuft wie geschmiert. Um die Ecke herum wird es plötzlich wieder schwarz mit hallendem Echo. Eine uralte Halle erblickt erstmals das Licht unserer LED´s. Dank eines sehr markanten Solitärs ist sofort „Hinkelsteinhalle“ die passende Assoziation.

Fossile trockene Lehmpolster begeistern uns genauso wie ganz weisliche Lehmüberzüge, fast wie Zuckerguß. Während ich beim Vermessen die Zeichnung anfertige, erschallt plötzlich ein Schrei des Erstaunens von Mark – die Wand !! Schau Dir diese bombastische Wand an ! Ohhlala, eine rostrote 150 Quadratmeter polierte Riesenfläche spiegelt uns entgegen. Welch ein Wahnsinnsding, absolut fantastisch ! .

Wir stehen mitten in der tektonischen Hauptspalte durch die Loferer Steinberge, gut sichtbar ist hier wie die Gesteinspakete mit unvorstellbarem Durck aufeinander abglitten – echt Klasse. Während ich noch fotografiere ist Mark schon wieder dem Wind auf der Spur und zack – oh, da geht es weiter in die Tiefe. Minus 719m sind erreicht, doch der Magen mahnt schon wieder zu Recht zur Umkehr. „Ende oder was ?“ heißt nun der Forschungsendpunkt 2017.

Doch so einfach kommt man hier nicht zurück. Am Eingang zur Hinkelsteinhalle fällt uns plötzlich Guano auf, oh, Fledermauskot soweit unten ? Wind weht um die Ecke und dahinter lauert ein neuer Schacht. Uiii, wir messen den Schachtboden mit -740m ein. Neuer tiefster Punkt in der Kreuzhöhle, nun aber fix zurück ins Biwak. Da warten schon die erfolgreichen Westmeander-Forscher, denn auch da geht es mächtig tief weiter. Nun ist die Zeit für den Höhlenwein, viel Suppe, Speckknödel und leckeren Nachtisch im Gourmet-Biwak.

Mittwoch : Wir tauschen ein bisschen für den Besichtigungstag. Tom und Petr ziehen für Fotos in die Halle der Träume hinab, finden im Tunnel der Träume natürlich eine Fortsetzung. Wir steigen mit Radu in die neuen Meander, machen Fotodoku, besichtigen die Bodenfunde und sind über die Gangstruktur begeistert. Ein fantastisches Gelände !

Nebenbei entdecken wir den wasserführenden Minimeander. Der ist für Fotos zwar ein bisschen eng, aber vermessen haben wir ihn selbstverständlich. Auf dem Rückweg finden wir zufällig einen unserer Akkus in der Ladestation mit den schwarzen Photonen (d.h. einfach so auf dem Weg), der wäre da wohl auch nach 1 Jahr Ladezeit nicht wieder voll geworden.

Völlig begeistert werden im Biwak die Frikadellen weggeputzt. Alles andere Essen trägt sich ja im Bauch auch leichter, also muß alles hinein in die ausgehungerten Forscher. Solchermaßen wohl genährt machen wir uns am Donnerstag an den langen Weg zum Sonnenlicht. Nach 5 Tagen und 4 Nächten im ewigen Dunkel gelingt das auch Bestens. Die Dämmerung sieht 5 strahlende Forscher durch den Schnee jubilieren bis es auf der von-Schmidt-Zabierow Hütte bei Kathi das verdiente Festmahl gibt.

Am Freitag müssen wir nochmal hoch um den Funk abzubauen und das Seil aus der Nordwand zu bergen. Dann wird Inventur auf der Hütte gemacht, viele Geschichten erzählt und beim Essen ausgespannt. Am Samstag verschwinden wir mit dem einsetzenden Schneefall aus der aufziehenden Front ins Tal. Wir durften eine wirklich perfekte Woche erleben, einfach super. 5 Monate Vorbereitung haben sich gelohnt.

Glück tief, Oliver Kube

Aktivitäten  2017 - Das Jahr der Entdeckungen


Es ist ja nicht so, dass wir die letzten Jahre nichts entdeckt hätten, doch 2017 haben vor allem viele neue nette Leute unsere Höhlengruppe entdeckt ! In Hessen gab es bedeutendes Neuland und in den Loferer Steinbergen tummelten sich mehr Höhlenforscher als je zuvor !!
Schon im Januar hatten wir im Herbstlabyrinth in Hessen Glück. Eine sehr unscheinbare und auch anstrengende Passage führte in wunderschönes Neuland. Nur ein letzter Schlot blieb in der spontan benannten „Hirnwindung“ noch unerstiegen. Ins Herbstlabyrinth bei Breitscheid führten im Jahresverlauf noch viele Forschungstouren. Über die Nordwestpassage wurde von der SAH der grandiose Wappensaal entdeckt, weit dahinter durfte ich wieder mal vertikal aktiv werden. Nun führt die berüchtigte „Rolltreppe“ in höchste Höhen, sehr abenteuerlich, sehr fordernd, jedoch das perfekte Anker-Bohr-Training.

Trainiert wurde die Höhlenseiltechnik auch fleißig in Finn´s Scheune, dann bei erstem zarten Grün im März am Baum mit schon 7 Personen und dem Höhlenhund. Das war auch nötig, denn es ging im April über Ostern eine lange Woche in den wilden Süden auf die Causse Noir in Südwest-Frankreich. Dort staunten die Höhlenforscher über richtig große Löcher und hatten ohne Ende Spaß. Der / die eine oder andere hat dabei entdeckt zu was man alles in der Lage ist, wenn der Höhlenvirus zuschlägt. Neue Freunde, neue Freuden, kulinarische Genüsse – eine sehr denkwürdige eindrucksvolle Reise mit Suchtfaktor (O-ton Ute).

Der formale Teil der VdHK-Tagung wurde im Juni auf der Schwäbischen Alb durch die tollen Höhlenexkursionen in wild zusammengewürfelten Teams zum Event. Mir scheint unsere Höhlengruppe ist inzwischen weithin bekannt, auch droba uff dr Alb enn Loichenga. Die Nächte waren nicht nur wegen den Mittsommertagen kurz . Abgrund, Tiefe, Leidenschaft war das vielsagende Motto.
Überhaupt sind die Höhlen der Alb 2017 auffallend oft besucht worden. Der Todsburger Schacht als Lieblingsziel einiger, gleich bis zu drei Mal ! Allerdings ist er auch eine prima Ausbildungshöhle für uns Vertikale mit vielen eindrucksvollen Speleothemen.

Im zweiten Halbjahr steigerte sich die unterirdische Aktivität in nie dagewesene Dimensionen. Sagenhafte 20 Personen erscheinen zum Materialtransport und Höhlenforschen Anfang Juli in den Loferer Steinbergen. Bei Kathi auf der von-Schmidt-Zabierow Hütte haben wir bald 30% der Schlafplätze belegt ! Viele neue Forscher entdeckten nie gesehene Welten unter den Wanderwegen. Trotz ständiger Gewitter wurde in den Wetterlücken der Laschenschmeisser ca. 80m tief vermessen (Ende offen !), ebenso wie die Schneeberghöhle mit ihren glitzernden Eisformationen. Im Namenlosen Loch gab es die Höhlentaufe für so manchen neuen Forscher. Zum ersten Mal am Seil hinab ins alpine Dunkel, hautnah in Berührung mit Eis- und Felsformationen ! Das begeisterte so sehr, daß noch nach 22 Uhr bei strömenden Regen spontan in die Eisseehöhle aufgebrochen wurde, einfach so ! Drinnen ist´s ja trocken 😊; Respekt !

Na klar, zum voll ausgebuchten Forschungscamp im August lauerten die Gewitter über Lofer bereits wieder auf uns. Was das im Zelt auf 2.200m, oder ungeschützt auf dem Karst bedeutet, wissen nun auch die neuen Entdecker ! Neben einigen kleinen neuen Löchern, wurde hauptsächlich durch die Eisröhre in den ORO-Freezer eingefahren. 2016 hatten wir ja auf -270m die Belle Etage angeforscht, das war nun das erklärte Ziel. Endlich dort, geht es da tatsächlich überraschend abwechslungsreich durch fossile und aktive Passagen munter weiter. Waagerecht wachsende Lehm-„tropfsteine“, Blumenkohlsinter, große Kolke, monströser Verbruch, viel kalter Wind sowie unübersichtliche Räume und Hallen überraschen. Alles irgendwie ohne klare Hauptrichtung wie wir ahnen und tatsächlich stellen wir bei der Auswertung der Vermessungsdaten fest : es geht vor allem im Kreis herum !! Zur weiteren Aufklärung und Erforschung diverser Abzweige brauchen wir da 2018 ein Vorstoß-Biwak. Die Liste der begeisterten Biwak-Schlafplatz Anwärter ist bereits eröffnet, der Dosenwilli nachgeordert. (die Red. : Dosenwilli fördert die soziale Gemeinschaft und die Zusammenarbeit).

Schon naht der international besetzte Forschungshöhepunkt des Jahres Ende September in den Tiefen der Kreuzhöhle. Fünf mutige Tiefenforscher fahren leicht erschöpft ein, nachdem draußen der frühe Schnee die Lage beim Aufstieg zur Hütte und über den Klettersteig zur Höhle sehr verschärft hatte (zeitgleich erste Lawinentote nebenan in den bayrischen Alpen). Dagegen war innen alles leicht (fast). In den ca. 120 Stunden non-stop unter Tage wurde nach Plan am 2.Tag die Halle der Träume von Mark und Oliver erreicht – was ein Hohlraum !!! Um die 700 Meter tief gelegen geht es dort großräumig „horizontal“ weiter. Im anderen Forschungsteil führt der Westmeander Radu, Petr und Tom über neue Schachtstufen bis -640m hinab. Auch da ist bei klassischem Materialmangel, noch nicht Schluß. Unterdessen konnte Marvin unsere Höhlenfunk-Meldungen vom erfolgreichen Kampf gegen die Schmelzwässer, an der Oberflächenstation nur über eine satte Bergtour abrufen und uns das gnädig gestimmte Sonnenwetter durchmelden. Neuer fetter Schneefall setzt erst wieder bei unserem Abschied von der Hütte ein, den überglücklichen Forschern mit bald 800m Neuland im Computer ist´s egal.

Ohh, neben der kräftezehrenden Forschung ist ja immer noch die Käse-Wein-Höhlen-hinter dem Ofen-Schlemmer-Tour Anfang November obligatorisch. 22, ja zweiundzwanzig Höhlenforscher folgten dem Ruf in ein ostfranzösisches Kaff zum Speleo-sportive mit zufällig zwei großen Ferienhäusern in drei Seillängen Abstand. Eine Woche Auszeit kam vielen gelegen. Der Knaller war die Durchquerung des Verneau-Systems in ausgezeichneten 12h 5 Min ! (statt 17h wie 2011). Ein sehr fordernder Klassiker für sportliche und ausdauernde all-round Höhlenforscher. Die Durchführung der Tour erfordert 3 Tage mit Ein- und Ausbau einiger Seile und Erkundung der Wasserstände im System.

Sogar eine Drohne war dabei unterirdisch im Einsatz. Freunde, mit Euch könnte ich ewig Urlaub machen, einfach herrlich !
Im kalten Dezemberwind hingen wir stilecht vor der Weihnachtsfeier bei Seilübungen in den Bäumen, dann ging es hinein zu warmen Äppler und Glühwein. Das Super-Raclette schmeichelte den Gaumen mit 4 kg Käse, dann wurden die Höhlenfilme und Superbilder des Jahres genossen. Für 2019 wird versprochen einen Höhlenkalender mit den Besten der besten Mega-Bilder aufzulegen. Die Anmeldung läuft bereits – also keine Scheu bitte.


Glück tief, Oliver

Aktivitäten 2016

2016 war ein VERTIKALES JAHR. So häufig hingen wir selten über dunklen Abgründen! Dabei ging es bereits in der dunklen Jahreszeit mit diversen Seiltrainings in den Wäldern um Groß-Gerau los. Besonders garstig war es im März als wir sogar unseren Höhlenhund auf den Baum ziehen mussten.

Erstmals hell wurde es in der Osterwoche wie im Vorjahr an der wunderschönen Ardeche in Frankreich. Von Norden her bevölkerten die wärmeliebenden Höhlenforscher 2 Ferienhäuser (waren wir 16 Forscher?) und locker ein Dutzend Höhlen. International bekannt sind dabei die sehr zugangsbeschränkten Aven Noel und Grotte St. Marcel – wir waren mit Genehmigung drin. Doch auch an anderer Stelle liegen hinter tiefen Schächten, weit ab im Verborgenen echte Schatzkammern mit unvorstellbaren Sinterformationen und Calzitkristallen. Man mag es kaum glauben, aber von all dem filigranen Sinter kann man temporär sogar in die Übersättigung geraten!

So standen im Mai schon wieder 10 Freunde des Untergrunds parat um im Französischen Jura etwas handfestere Höhlen zu befahren. Dabei wurde auch aus dem nassen Schlamm heraus fleißig die Seiltechnik geübt. So geschehen auch in der Grotte Thaverotte, welche wir endlich bis zum bitterkalten wasserreichen Ende geschafft haben – das vergisst man nicht.

Im Juni wurde Jochen und ich von 3kg schweren Päckchen überrascht. Die neue 752 Seiten starke österreichische Höhlenbibel „Höhlen und Karst in Österreich“ wurde nach 3 Jahren Arbeit in den Handel gebracht. Daran haben wir als langjährige Gebietskenner mit dem Kapitel über die Loferer Steinberge als Co-Autoren unseren Anteil.

Die gute Vorbereitung auf die Vortour Anfang Juli wurde überraschend belohnt. Auf Anhieb konnten wir dort in 2-3 Teams den vertikalen Brunnenschacht bis auf -200m Tiefe hinab erobern – WHOW ! Geht natürlich weiter … . Die Jungforscher kamen durch „wir gucken mal“ im neu entdeckten Laschenschmeisser mit 150m Seil nicht ans Ende !! Schon war das vertikale Fieber ausgebrochen!! Da war es ganz gut, daß andere Neuentdeckungen am Wegesrand wie „Kleiner Schlingel“ und „Äppelwoikeller“ schnell vollständig vermessen waren. Sonst wären wir wohl nicht wieder rechtzeitig nach Hause gekommen!

Allerdings zu Hause wollte im August sowieso niemand bleiben, denn die Jubiläumsexpedition in den Gouffre Berger im Vercors / Frankreich war seit Weihnachten ausgemachte Sache. !! DAS ist DER Everest der Höhlenforschung! Vor 60 Jahren wurde diese 1953 entdeckte Höhle im heroischen Expeditionsstil der damaligen Zeit, als erste Höhle weltweit bis über 1 Kilometer Tiefe befahren. 1956 eine absolute Sensation – unvorstellbar wie die Mondlandung – und auch Heute noch eine sehr ernste Sache. Die Höhlenvereine der Umgebung hatten eingeladen und mit der Befahrung um die Suche und den Transport des zum Teil 60 Jahre lang unten liegengelassenen Mülls gebeten. Leider sind manche Höhlenforscher da auch nicht besser als Bergsteiger! Die Zeltreste, Benzinbehälter und Sauerstoffflaschen (der Taucher) vergangener Tage, nebst völlig unnötigem touristischem Müll der letzten 40 Jahre, liegen statt im Base camp oder Hochlager X , eben verstreut in der Biwakkette bis vor den ersten Siphon in 1122 m Tiefe. Da wollten wir hin, doch wegen Hochwasser-bedingt abgerissenen Seilen, kamen wir „nur“ bis -705m Tiefe hinab. Allerdings ging es von dort mit eingesammeltem Müll und unglaublichen Eindrücken der sehr schönen Höhle in 17 Stunden non-stop Tour, abgekämpft und müde wieder an die im Bergwald gelegene Oberfläche zurück. Ein bemerkenswertes vertikales Highlight !!

Somit konnten die gestählten Helden locker zum einwöchigen Camp auf dem Schneefeld in Lofer einlaufen. Unsere beiden 4-Mann Zelte waren voll belegt, das Wetter und die Stimmung super. Schon kündigte sich das nächste epische Ereignis an. Wie im Nachrichtenblatt 3/16 berichtet, gelang über den fast ausschließlich senkrechten ORO-Freezer, mit seinem bis auf -83m vereistem Eingangsschacht, der entscheidende Vorstoß. Ab -318m ging es über die Kante bodenlos, auf gut Glück, mit maximal viel Seil in ein schwarzes Nichts hinab. Die Nerven dürften so gespannt gewesen sein wie die Seile  , mindestens ! . Ca. 150m tiefer bei -475m landeten wir sanft und plötzlich überglücklich in einem Endpunkt des Loferer Schachts ! Das Großhöhlensystem Loferer Schacht – ORO-Freezer ist nun 11 Kilometer und 616 Meter lang – und geht noch weiter.

Von der Großhöhlenforschung angefixt machten wir gleich in Hessen mit der SAH im Herbstlabyrinth ein paar Schlote und Schächte klar. Die vertikalen Angelegenheiten wie Schlote hochbohren, oder „Engstellen am Seil“ werden uns gerne zugeteilt. Das flutscht. Komischerweise sind die Tagestouren zur Forschung in die weit entlegenen Höhlenteile auch meist gegen 12 Stunden lang. Gesamtlänge Ende 2016 11,3 Kilometer. Und geht weiter …

Fehlt noch das vor-vorletzte Highlight des Jahres -> Na klar, die Neulandforschung in der Kreuzhöhle im Oktober zum Hüttenschluß mit internationalem Team. Leider ist die ca. 2175m hoch gelegene Höhle inzwischen auch so groß, daß wir 4 Nächte in der Höhle und nur 2 Nächte in der Hütte geschlafen haben. Auch da zieht es gewaltig vertikal, fantastischerweise hinab in den Dolomit. Bis minus 662m haben wir vermessen. Und noch immer sind 3 unabhängige offene Enden das Paradies für professionelle Forscher. Gibt es außer SENSATION noch passende Worte?

Ahhh, Entspannung ! Französischer Jura im allseits bekannten Kuhdorf stand im November an. Kaum erwähnt, ZACK, schon stehen 11 Teilnehmer auf der Liste. War nett, lustig, für manche anstrengend, sozial, kulinarisch einfallsreich und wohl alle konnten etwas lernen. Großhöhlen wie die Borne aux Cassots, kleine sehenswerte Schmankerl, Musik im Untergrund, lokaler Wein, Baguette und Käse. Sonnenschein und Höhlenleben wie Gott in Frankreich. Wer nicht dabei war hat wirklich etwas verpasst.

Text: Oliver Kube

Forschung 2016 - Neues Großhöhlensystem in den Loferer Steinbergen !!!

Bernd: Hol doch mal den Kühlschrank!  -  Björn: Ja, mach ich.

Solche Dialoge versteht nur wer unser traditionelles, langjähriges Camp hoch oben in den Loferer Steinbergen schon besucht hat. Dort haben wir uns Ende August wieder breit gemacht und die Sonne genossen. Die Kühlschranktonne schmorte im Schneefeld vor sich hin und brauchte täglich ein neues Loch. Auch das Trinkwasser floß reichlich in die unter dem Altschnee platzierten Kanister.

Dagmar und acht männliche Begleiter wollen dem ORO-Freezer auf den Grund gehen. Der Höhleneingang befindet sich ca. 500 Höhenmeter über dem nördlichen Ende des Horizontalteils des Loferer Schachts, bläst stark und ist seit 2015 schon bis -318m Tiefe bekannt. Richtig spannend wird es jedes Jahr durch den wechselnden Eisstand im Eingang, offen oder zugefroren? Die aufsteigende Kaltluft kondensiert im Austrittsbereich, das führt bis -85m zu starker Eisbildung. Ein kleiner Gletscher direkt unter der von der Sonne erhitzten Steinwüste. Das hat uns in Lofer bislang noch keiner geglaubt.

Offen! Juhu! Schon schleppen Tom und Philipp 130m Seil für den Eingangsbereich und 200m neue Seile für die Forschung heran. Nach zwei Stunden hängt das Seil wieder durch das Eis, zwei Ankerpunkte sind allerdings unerreichbar eingefroren. Dann geht es von Level 1 durch die selektierende, vertikale Engstelle weiter in den riesigen Schacht hinab.

Patrick will heute nicht so tief hinunter, doch Petr baut die Fortsetzung in der unbekannten Halle ein. Vom letzten bekannten Punkt ein bisschen an der Wand lang, die Rampe ist wegen Steinschlag zu gefährlich und dann bald frei hinab. „Frei“ heißt hier die Wand verschwindet und der mutige Forscher hängt völlig losgelöst im Seil unterm Monsterüberhang. Petr hat nach 80 Metern Höllenfahrt Glück, die Wand kehrt zurück. Allerdings ist das 100m Seil zwei Meter über einem rettenden Band zu Ende. Das nächste 100m Seil beginnt …

Ein Regentag hält uns etwas von der Tiefenforschung fern, doch dann sind wir am Dienstag wieder vor Ort. Petr und Patrick wollen Fotos von Ihrem Werk machen und das Altforscherteam Bernd und Oli hieven weitere 200 Meter bestes Höhlenseil in die Tiefe. Auf dem angesprochenen Band queren wir ein paar Meter, dann wird es wieder luftig. Oh, ich vergaß zu erwähnen, dass nun auch vom Band noch kein Boden in der Halle – oder ist´s ein Schacht ? – zu sehen ist. Keine Decke und keine umliegenden Wände zeigen sich. Das liegt nun nicht am mickrigen Licht, liebe Freunde! Unsere 1000 Lumen LED-Strahler schaffen leicht 50 Meter. Es liegt an der GRÖSSE ! (Große Schächte – große Angst, sagen die Psychologen … )

Dass da außer uns zwei Menschlein an der Wand noch etwas ist, hört man vernehmlich. Irgendwo rauscht ein Wasserfall und die berühmten Teststeine, auch da braucht es große Brocken, knallen auch irgendwann mal auf ! Also absolutes Vertrauen ins Material und hinab.

Nach bereits 40 Metern habe ich die Wand wieder, rufe Bernd herunter und weiter geht es. Unten glänzt etwas, vielleicht der Boden ? Doch zuviel Wassernebel behindert die Sicht. Jetzt geht es um die Wurst, das Seil wird knapp. Ich lote mit dem dicken Knoten im Seilende hinab, juhu, passt genau. Eine Felskante noch, oh, der sichtbare Fußboden-Grundriss kommt mir bekannt vor! Rasch stehe ich unten, muss mich zunächst von den angehängten Sachen befreien. Schleifsack, Karabiner, Laschen, Schraubenschlüssel aus dem Weg räumen, dann vier Schritte gehen und DA IST ES!!

Ein STEINMANN, drei Steine aufeinander, kein Zufall oder? Hier waren wir schon, das ist ein Teil des Loferer Schacht´s . Jiipppiiiiieee – Verbindung – Bernd, DA ISSES – Steinmann - Verbindung!!! WAHNSINN!! Holldriiöööhhh, der HAMMER!! Mit Bernd im Arm brüllen wir um die Wette, Loferer Schacht!! Verbindung, VER-BIN-DUNG !! Ein Wahnsinn nach all den Jahren, so dröhnt es völlig unverständlich nach oben. Dort lauschen nämlich Petr und Patrick gebannt den beiden Verrückten da unten. Haben die den Tiefenkoller? Ist was passiert? Nix wie runter.

Schon nähert sich Patrick seinem neuen Tiefenrekord (ca. -475m) und den nun schon frei freudentaumelnden tanzenden Wilden! Inzwischen haben wir einen alten Meßpunkt entdeckt und noch einen weiteren Steinmann. Somit ist es absolut sicher der Loferer Schacht und der Probast Robert Zidlického. Hier in 680m Tiefe vom alten Eingang aus gemessen, waren wir vor 7 Jahren schon! Leider ging es am Hallenboden damals nicht weiter. Das müssen wir nach penibler neuerlicher Überprüfung wiederum feststellen. Es hat sich bis heute nicht geändert. Egal, doch damals sind wir auch 68m auf den Boden abgeseilt. Ohje, das Loch aus dem schmalen Mäander heraus ist wohl auf der anderen Wand ganz oben in der Schwärze – völlig unerreichbar über Grund – wir können es noch nicht einmal sehen. Sei's drum – der Wind zieht durch und wir können den Erfolg feiern – ein echtes Großhöhlensystem!! WAHNsssiiiinnnnnnnn.

Die Fakten:

Fotos: Petr Caslavsky, Oliver Kube

Text: Oliver Kube 


Aktivitäten 2014

Oh, es war viel los in 2014 ! Der Megatrend geht ja eindeutig zu ständigen Rekorden. Fast schon peinlich, daß wir auch solche hatten. Ich glaube 8 Touren und 3 mal Seiltraining an schönsten Bäumen ist schon erwähnenswert. Dabei waren wir über 40 Tage unterwegs, haben über 20 Höhlen gesehen. Der ungekrönte Biwakkönig schlief meist selig 15 Nächte Untertage, davon 7 Nächte non stop im Loch. Na, ich hätte wohl mein Bett zu Hause untervermieten können?

Schon am 3.Januar begann das Höhlenjahr mit einer Skitour in den Loferer Steinbergen zu unseren Höhlen und der Sichtung einiger nicht zugeschneiter Löcher – potentielle neue Hölheneingänge … . Die nächste winterlichen Befahrung galt der tiefsten Sandsteinspalte im Pfälzer Wald (-51m), dann ging es auch schon zu Ostern mit einer großen Gruppe für ausgiebige 9 Tage in den geliebten französischen Jura. Dort verwöhnte uns die Sonne und die aufblühende Natur. 7 Höhlen wurden befahren und die Neueinsteiger kräftig eingematscht. Und Sie sind geblieben?

Die Vorbereitungen für die Forschungen in den Loferer Steinbergen gipfelten in der schon berühmten Vortour Anfang Juli. Dabei wurden wieder ordentlich Essensvorräte und Material auf den Berg gebuckelt. Der Empfang im Tal und auf der Hütte war diesmal besonders herzlich, da fühlt man sich gleich wohl und wie zu Hause. Ein Grund mag unsere Entdeckung der Höhlenforscherquelle im Herbst 2013 gewesen sein, welche uns oben freudig sprudelnd begrüßte. Ca. 75m über der von-Schmidt-Zabierow Hütte gelegen, erlaubt sie erstmals in der über 100 jährigen Geschichte der urigen Hütte Aussicht auf fließendes Wasser !!! Das gab es bisher dort noch nie !! Im Dürresommer 2013 mussten sogar 20 Kubikmeter „vergoldetes“ Wasser mit dem Hubschrauber eingeflogen werden. Die Sektion Passau und Hüttenwirtin Kathi sind uns Frankfurtern daher sehr dankbar.

Im Juli brachen Petr und ich dann zum Abenteuer „Minus 1000“ nach Montenegro auf. Unter der Organisation und mit den Freunden der tschechischen Höhlengruppe Suchy Zleb, gelang uns der Materialtransport ins Maganik Gebirge und schließlich in der Höhle „Iron deep“, der Abstieg über mehrere Biwaks bis über 1km Tiefe. Besonders denkwürdig war das Überschreiten der magischen 1000 Meter Linie mit vollem Biwakgepäck, ohne vorher in der nassen und verwinkelten Tiefe einen geeigneten Schlafplatz zu kennen. Nach 10 Stunden Abstieg aus dem letzten „Tieflager“ fanden wir bei -1130m schließlich Quartier in Form eines wüsten Blockfeldes. Nach weiteren 2 zehrenden Stunden waren dann 4 annehmbare Schlafplätze zurechtgerückt. Dabei wird der Komfortgedanke mit fortschreitender Zeit, stark von Erschöpfung verdrängt. Im Laufe des 4-tägigen Tiefenaufenthalts unter -1000m konnten Petr und ich den bislang tiefsten Punkt an einem Siphon erreichen, -1169m unter Eingangshöhe. Rekord für Montenegro und die Frankfurter Höhlengruppe. Damit ist „Iron Deep“ auf Platz 57 der Weltrangliste der tiefsten Höhlen der Welt vorgerückt.

Solchermaßen gestärkt erreichten wir Ende August die Loferer Steinberge. Ein acht Personen starkes internationales Team rückte ein letztes Mal in den Loferer Schacht ein, um die verbliebenen Biwaks und Einbauten restlos zu entfernen. Ein beispielloser, von Erfolg gekrönter Kraftakt nach 25 Jahren Forschungsgeschichte. Dabei ist das eventuelle Hintertürchen „ORO-Freezer“ jedoch noch offen geblieben.

Weil es soooo schön war und Neuland forschen viel mehr Spaß macht, nahmen wir Anfang Oktober wieder die Kreuzhöhle ins Visier. Von den dort ansässigen 5 Honigkuchenpferden lest Ihr auch in diesem Heft. Doch - 486m ist ja auch schon ein Wort !

Wird es in den Alpen zu garstig, ruft die hessische Heimat. Das Herbstlabyrinth bei Herborn ist auf über 8,5 km Länge zur sechstlängsten Höhle Deutschlands herangewachsen. Lange Touren hat die SAH versprochen, also genau unser Ding. Leider sperrt uns auf halbem Weg ein vollgelaufener Siphon aus, so gelingen hinter einem vertikalen Schluf nur 10 verzweifelte Meter Neuland, immerhin!

Zur Entspannung fahren wir mit der letzten spätherbstlichen Wärme nochmal in den französischen Jura, Klassiker machen. In der uralten „Pourpevelle“ blenden wir uns erstmals mit unseren neumodischen Turbo-LED-Scheinwerfern. Unter 1000 Lumen Lichtstärke ist ja nur etwas für Verlierer. Whow, neuer Glanz in der alten Hütte, dabei ist die Höhle noch immer erste Sahne und die Tour die üblichen 12 Stunden lang:

Text: Oliver Kube


Forschung 2014 - Schicht im Schacht

Der Loferer Schacht ist ausgeräumt. Nach 25 Jahren Forschung im Loferer Schacht haben wir 2014 den Schlussstrich gezogen. 1990 - Kinder was waren wir noch jung und knusprig - wurde der von polnischen Forschern bekannte Eingang gesucht und für den DAV Frankfurt in Besitz genommen. Dann ging der Einbau von Seilen, genauer vielen, vielen Seilen los und die Vermessung begann. Im Lauf der Jahre wurden die vielen, vielen Kilometer Seile allesamt per pedes die 1450 Höhenmeter hinauf und hinein gebuckelt.

Als wir in 2013 nach über 10,6 Kilometern vermessener Gesamtlänge keine erreichbaren Fortsetzungen mehr finden konnten, alle potentiell weiterführenden Gänge, Fenster, Spalten, Engstellen abgesucht hatten, da reifte der Entschluss zur Schließung. Acht zu allem entschlossene Forscher waren zu diesem Ereignis vor Ort. Als Mann der ersten Stunde hat Bernd alle Höhen und Tiefen miterlebt. Alterspräsident Ron hat für diese Tour extra Kalifornien verlassen. Vom seit 2002 tätigen Organisator Oliver (auch der Listenreiche genannt), gab es diesmal ein Meisterstück der Planung. Campmanager Marvin hat inzwischen unser Funksystem, das Küchentarp, den Toaster und das Aufschichten von Steinen perfektioniert. Petr packt Biwaksäcke für mehrtägige Touren quasi blind und kann die Bohrmaschine ohne Licht reparieren. Doch nach all den zehrenden Loferjahren sind wir Altforscher nun nur noch knusprig, dafür aber erfahren! Umso mehr erfreuten uns die begeisterten Jungforscher Gilly (USA), Uli (Schnutenbach) und Tom (Bayreuth), welche uns alten Säcke beim Schleppen der Lasten übertreffen wollten. Die optimale Besetzung um mit 3 Teams, das Terminal 1 Biwak, den Garten für die Harten (Biwak) und das Außencamp zu betreiben. Es galt in der Höhle über 5 Tage den Rückbau der Biwaks und den Ausbau der Seile zu bewerkstelligen.

Los ging es am Samstag 23. August mit dem leicht verregneten, legendären Stoaberglauf (den gibt es wirklich, kein Witz), welchen wir in der Leistungsklasse ab 25kg Gepäck mit Platz 1 – 4, vollständig für uns entschieden. Das große Biwaksack-Packen war wie immer spannend. Und bald schon waren am Sonntag zwei Teams unterwegs in die Tiefe, auf der Flucht vor dem im August in Lofer üblichen Schnee (auch kein Witz). Ron, Petr und Uli, welcher seiner ersten Biwaknacht entgegen fieberte, aktivierten das Terminal 1 Biwak in 435 Metern Tiefe, während Gilly und ich den Garten in 560 Metern Tiefe aufsuchten. Am Montag stand dort für uns Beide Seile Abbauen im Tiroler Tunnel, dem Ebbelwoi Express bis über den Stairway to heaven, auf dem Programm. Gleichzeitig beförderte das Terminal 1 Team sechs volle Säcke Überflüssiges hinauf zur Verschwörungshalle. Dort übernahmen Bernd und Tom die schweren Packen. Nur mittels Flaschenzügen waren die letzten 235 Höhenmeter in den Schächten zu bewältigen, eine erste Heldentat, die Zwei waren vollständig bedient.

Am Dienstag, ein weiterer Tag ohne Wetter - nur Nebel des Grauens, bekamen wir im Garten Besuch vom Terminal 1 Team. Uli war begeistert von den Schönheiten der Höhle, bis wir vereinigten fünf „Möbelpacker“ uns dann mit zehn anhänglichen Säcken an den Aufstieg zum Terminal 1 machten. Alles ging gut, so daß Gilly und ich fotografierender Weise nach unten in den Garten zurückkehren konnten. Die letzte Nacht an unserer 15-jährigen Wirkungsstätte ließen wir mit einem Festmahl anbrechen. Schließlich tragen sich Lebensmittel im Bauch ja einfacher als im Schleifsack.

Der Mittwoch kündigte sich durch das Höhlenwind-Orakel als verregnet an. Vollständiges Aufräumen, gefolgt von vollständigem Einpacken ließ zunächst wenig Zeit für Sentimentalitäten – plötzlich der letzte heiße Tee. Als letzter Mensch, verließ ich dann doch mit Wehmut den von mir im Jahr 2000 als ersten Menschen betretenen Garten für die Harten. Eine tolle Zeit, viele Freunde, viele Geschichten, super Forschung. Zum Glück bleibt die Erinnerung nicht in der ewigen Finsternis zurück. Doch der Seilabbau und damit randvolle Schleifsäcke brauchten bald meine ganze Konzentration.
Ganz ähnlich agierten die Freunde im Terminal 1, 200 Höhenmeter weiter oben mit dem kleinen Unterschied nun drei Säcke pro Person befördern zu dürfen. Ganz nach Plan erschien Bernd von Außen zu Hilfe, welcher Tom zur seinerseits ersten Biwaknacht im Terminal 1 „abstellte“, bis Gilly und ich eintrafen. Zu verzichtbarer Bewegung im Schacht, sorgte bald der kräftig einsetzende Regen am Nachmittag. Plötzlich donnerte der Stolichnaja Fluß in den ohnehin schon unangenehmen Drachenzahn Schacht, als ich dort gerade am Seil einholen war. Da blieb kein Auge trocken (es hat nur 1° C, plus). Auch Bernd durfte sich auf dem Weg nach Draußen vollständig einweichen. Die sogenannten Nassen Schächte machten Ihrem Namen alle Ehre und das Vollbad für Ihn, gab es dann im 43m Ausstiegsschacht. Ron, Uli und Petr waren zwar nur kräftig feucht entflohen, bekamen die intensive Grundreinigung dafür auf dem Weg zur Hütte aufgezwungen. Na, wer Kaiserschmarrn will, muß eben leiden !

Vom leckeren Essen bei Kathi auf der warmen von-Schmidt-Zabierow Hütte, konnten Gilly, Tom und ich im Terminal 1 solange nur träumen, aber auch das fällt bei dem ständigen Getöse des Wassers ab und zu schwer. Kein Wunder, dass wir am Donnerstag schon früh die Reste zusammenpackten und alsbald zu Dritt mit den verbliebenen Säcken in den Seilen hingen. Gilly schnappte sich unterwegs noch einen 4. Sack (ein Wahnsinn !) und war von uns zwei Weicheiern nicht mehr einzuholen. Zum Glück hat Sie den 4.Sack nach 2 Stunden dann doch noch hängen lassen, so dass ich mir mit dann 3 Säcken nicht mehr ganz so alt vorkam.

Das Ausmaß des Helden-Verschleisses zeigte sich dann draußen. Bernd war außer Gefecht, Petr lag mit Fieber im Zelt, Ron und Uli zeigten das Endstadium der Rüsselpest, Gilly was just demotivated, Tom hatte Wasserblasen überall und Marvin saß schon in der Hütte. Nur ich war noch nicht fertig. ALLES MUSS RAUS – DAS BESTE ZUM SCHLUSS, so quälte ich die Freunde. Jetzt den Schacht zu machen !

Tatsächlich gelang über Nacht die Wunderheilung bei Petr und Tom hatte Mitleid mit den Altforschern. So zogen wir Drei am Freitag 29.August 2014 bei schönstem Sonnenschein zum letzten Mal feierlich in den Loferer Schacht ein, um die restlichen Seile ab 250m Tiefe vollständig abzubauen. Die anderen räumten zeitgleich das Außenlager ab. Sechs Stunden später verließen Tom, Oli und Petr als letzter Forscher den Eingangsschacht, nur gefolgt von vielen Säcken alter Seile. Glücklich lagen wir uns in den Armen. Eine Meisterleistung auf allen Ebenen, von jedem! Unbeschreiblich, ohne Worte schön !!!

Text: Oliver Kube


Aktivitäten 2013

Im Februar waren wir zum Vortrag zu unseren hessischen Höhlenfreunden in Breidscheid geladen. Zusammen mit Uli und Jochen pflügten wir durch den Schnee Richtung Dillenburg. Jochen gab einen theoretischen Einblick in die Höhlen-Vermessungstechnik, anschließend konnte ich Uli und anderen Teilnehmern den praktischen Teil näher bringen. Das dortige Herbstlabyrinth ist im Jahresverlauf 2013 auf über 8 km Ganglänge angewachsen (Rekord in Hessen), wobei ein kleiner touristischer Teil besichtigt werden kann. Anmeldung über www.zeitspruenge.de. Das ist wirklich eine Perle und sehr zu empfehlen.

Routiniert konnten wir im März die Tradition der langjährig geplanten Schneeschuhtour im Karwendel in die Tat umsetzen. Herrliches Wetter und prima Schnee ließen die Winterfettpolster proportional zu Delta-Höhe schmelzen. Ausserdem geht im März der Antrag für die Genehmigung der Lofer-Touren nach Salzburg auf´s Amt, d.h. die Planungsarbeit ist bereits in vollem Gange.

April , ah da ist Ostern und Ostern sind wir im französischen Jura. Einige Einsteiger konnte ich wohl total begeistern. Ich fürchte die paar Tage waren viel zu schnell vergangen, um Folgetouren wurde geradezu gebettelt. Dabei haben wir den letzten Schnee und warme Sonnenstrahlen genossen. Dazwischen wurden die Höhlenklassiker Cavottes und Malatiere wiederholt. Richtig genial war die Grottes Essarlottes, welche den Fortgeschrittenen durch die Nässe auch einiges abverlangt hat. Vollbad war nicht Pflicht ?

Ende Mai ging es endlich wieder gemütlich Zelten und Chillen ins Land der fränkischen Kleinhöhlen. Das heißt hätte gehen sollen, denn es kam die zweite Jahrhundertflut. Unser angestammter Campingplatz stand gut 1m unter dem Wasser der reißenden Pegnitz und zu Hause war ebenfalls Land unter. Minus 1m ist ein auch ein Tiefpunkt.

Zum Glück durften wir als Ausgleich Mitte Juni zur Vortour nach Lofer aufsteigen. Mit den üblichen übergroßen Rucksäcken ging es hinauf zur Materialhöhle, welche wir – und das ist noch nie dagewesen – durch den allerletzten Schnee erst aufgraben mussten. Erwähnenswert ist ebenfalls, daß wir dieses Jahr die allerersten Hüttengäste waren. Dank bester Beziehung zu Kathi der Wirtin der von Schmidt-Zabierow Hütte, mit dem Hüttengeneralschlüssel ausgestattet, durften wir uns ohne Wirtsleute selbst bewirten. Fast hätten wir diesen Service noch auf versprengte Bergwanderer ausdehnen müssen. – Ja Servus, hoscht a Bier ?

Im Juli strebten die Schreibtischforscher dann zum internationalen Höhlenforscherkongress der UIS ins tschechische Brno / Brünn. Einen Großteil der ca. 1.600 Teilnehmer aus aller Welt konnten ich mit einem Vortrag über den Loferer Schacht erfreuen ( 10,6 km / 806 m Tiefe – unsere zweite Heimat). Radu´s Kurzfilm über „unsere“ Höhlen wurde begeistert aufgenommen. Fast hätten wir mit unserem detaillierten Höhlenplan einen Award gewonnen. Immerhin ging der Preis „best of all“ in einer anderen Kategorie an unsere portugiesischen Freunde. Natürlich haben wir dabei viele Kontakte geknüpft und endlos dunkle Neuigkeiten ausgetauscht. Neben nächtlicher, suburbaner Aktivität in Brno, nutzten wir die Zeit um einige Großhöhlen in Mähren zu besuchen.

Der weitere Juli brachte mit Petr Caslavsky den absoluten „Tiefpunkt des Jahres“ : 1.150 Höhenmeter Tiefe unter Eingang konnte in der Höhle mit dem Namen „Iron deep“ in Montenegro erreicht werden. Weit über ein Kilometer tief und dabei geht es noch weiter ! Gratulation und unsere Hochachtung zu dieser Leistung ! Rekord für Petr, für Montenegro und für den DAV Frankfurt !

Ende August war es dann wieder soweit : Internationaler Großangriff mit 12 Personen auf den Loferer Schacht in den Loferer Steinbergen. Sechs Glückliche durften unten werkeln. Bei minus 735 Meter Tiefe wollten wir endlich durch den sperrenden Versturz. Sechs Ungeduldige saßen als Ablösung draußen im Regen bis nichts mehr ging. Tiefpunkt ! Der Frustkiller war dann unter anderen Neuentdeckungen das Sesam-öffne-Dich der ORO-Freezer Höhle. Über den neuen Stern am Höhlenhimmel und sein Potential wurden bereits Wetten abgeschlossen. Am frei schwingenden Seilende bei schon minus 125 Metern gähnt dort das „Schwarze bodenlose Nichts“, verhüllt als zylindrische Vertikale - 150 Meter ??? …. Whow, ein gefühlter Supertiefpunkt ! ???

Exakt mit dem gegebenen Flugplan ging es Anfang Oktober zu viert „schnur stracks“ in die Kreuzhöhle. 3 Biwaknächte bei plus 1°C und 2 volle Forschungstage wurden angenehm genutzt. Der Tiefpunkt konnte in 2 Schachtstrecken jeweils bis minus 450m vorgeschoben werden, Ende 2 mal offen ? ! Das ebenfalls vierköpfige Außenteam vergnügte sich bei Bergsteigen mit Höhlensuche und natürlich der sofortigen Befahrung von Neuentdeckungen. Schließlich kann in Lofer jeder seine eigene Höhle finden (versprochen). Diesmal waren wir dann nach offiziellem Hüttenschluß die letzten Gäste. Dafür haben wir uns beim Einmotten und „Zumachen“ aktiv revanchiert, schließlich haben wir im Juni ja auch „aufgemacht“.

Anfang November ging es zum Entspannen (für mich) wieder in den französischen Jura. Dabei war es jedoch für viele Einsteiger im Gegenteil sehr spannend ! Durch ein kleines Fenster in der Höhlendecke in den donnernden Wasserfall des Verneau-Systems zu blicken, ist absolut denkwürdig. Der Nervenkitzel wurde im großen 40-Meter-Schacht der Baume de Cretes dann noch gesteigert. Viele persönliche Tiefpunkte wurden für die ganze 8-köpfige Gruppe bei minus 151 Meter erreicht. Da schmecken Baguette, Wein und Käse am warmen Ofen hinterher doppelt gut.

Der Dezember ist der Monat der Berichte: Jahresbericht, Forschungsbericht, Höhlenbeschreibungen, Höhlenbuchprojekt, Höhlen-Inventur, Pläne zeichnen, Material und Budget planen, Touren planen, Unterkünfte auskundschaften, …. Sowie auch der legendären Höhlengruppen-Weihnachtsfeier! Diesmal haben wir uniformiert mit unseren neuen Lofer T-Shirts die ganzen Heldenfilme des Jahres angesehen.

Text: Oliver Kube


Forschung 2013

Unser diesjähriger Bergsommer in unserem Höhlen-Eldorado den Loferer Steinbergen im nassen Salzburger Land ist noch nicht zu Ende, doch es gibt schon dunkle Neuigkeiten. Zwölf zu allem entschlossene Höhlenforscher zogen wie jedes Jahr als schwer beladene Karawane am 24.August 2013 die 1450 Höhenmeter ins Außencamp hinauf. Unsere neuen bunten Zelte schmückten bald das öde Geröll und ein eisiges Altschneefeld unter dem Reifhorn. Gerade als auch die Küchenplane aufgespannt war, begrüßte uns das erste herbstliche Gewitter nach der langen Sonnenperiode des Sommers. Selbst das Wetter kennt uns also schon in Lofer !

Egal, Wetter ist draußen ! Sechs Forscher sind am Sonntag fertig zum Einstieg, fünf andere sollen am Dienstag als Ablösung folgen. Zehn Stunden dauert der Seilweg 600 Höhenmeter hinab in den „Garten für die Harten“, unser langjähriges Heldenbiwak. Dank der Höhlenfunkverbindung kommt die Ankunftsmeldung in der Nacht wie erwartet – Alles Bestens.

Draußen kann man das nicht behaupten. Die Wetterlage hat sich stabilisiert, es regnet ununterbrochen ! Bis Dienstag unterscheiden wir nur zwischen weniger Regen (dicke Wolken) und mehr Regen (es klart auf). Doch Heute dürfen wir ja endlich auch ins Loch. Marvin bleibt als Campmanager zurück, füttert Twitter und macht den Nachrichtendienst. Bis 14 Uhr haben wir alles gepackt, dann geht es los, die Sonne lacht.

Einige alte Seile sind unterwegs zu tauschen, sowie einige Seilaufhängungen zu verbessern. Dazu wird noch fotografiert und gefilmt. Das hält uns anfänglich etwas auf, viel zu lange wie ich finde. Gerade als ich mit Ron am Abzweig ins Frankfurter System in eine versetzte Schachtzone eintauche, setzt großes Getöse ein. Nun, ich weiß sofort was kommt. Aus tropfenden Wasserstellen werden Gerinne und in Sekunden dann kräftige Wasserfälle. Na, das hat uns gerade noch gefehlt ! Hinter uns tost eine eindrucksvolle Wasserwand, schön von den Kameraden hinterleuchtet. Die Vier drängen sich trocken stehend auf zwei schrägen Quadratmetern, während wir Zwei auf unserem Sims gut sitzen können. Nach unten ist es sehr naß, da wollen wir jetzt bei 1°C keinesfalls hin, nach oben macht das Wasser den Weg sehr unbequem. Also warten und keinen Tee trinken, dabei Geschichten aus dem Leben erzählen. Starkregen dauert ja nie sehr lange.

So zwei Stunden später lässt es deutlich nach, doch es ist schon 19 Uhr. Runter ins Biwak ist der Weg wegen drohender Unterkühlung in der Nässe zu gefährlich, es geht also zurück nach oben. Draußen im Camp ist „Land unter“, doch nach einigem Schöpfen wird klar, daß eigentlich nur die Funkanlage Kurzschluß über die Antennen hat. Wir können nicht kommunizieren. Zelte und Küche sind akzeptabel feucht und es regnet nicht mehr. Mit dem festen Vorsatz morgen um 7 Uhr aufzustehen und direkt ins Höhlenbiwak abzuseilen, legen wir uns schlafen. Leider fängt es gegen 4 Uhr früh wieder an zu tröpfeln, um sich dann stündlich noch steigern zu können. In den triefenden Zelten festgenagelt registrieren wir um 9 Uhr trotz Ohrstöpsel endgültig Wolkenbruch. (Die Red.: Im nahegelegenen Schauhöhlenteil des Lamprechtsofen werden an diesem Morgen 26 Besucher für 6h vom Wasser eingeschlossen).

Ganz unten im Biwak machen sich wie vereinbart Bernd und Renato zum Aufstieg bereit. Sie können die Wassermassen donnern hören und frühstücken lieber ganz ausführlich. Montag / Dienstag haben die Beiden eine überhängende Kletterstelle gemeistert und einen weiterführenden Gang erobert und vermessen. Leider endet er an einem Loch, von welchem man in bekanntes Gebiet blicken kann, schade. Das zweite Team mit Petr, Mark, Andre und Timo suchen im Nordosten um 730m Tiefe auch noch den großen Erfolg.

Draußen hört nach mehr als 3 Tagen der Regen bis 13 Uhr tatsächlich auf. Wir trocknen den Funk und tauschen Lageberichte aus. Nun müssen wir leider draußen bleiben, denn unten gibt es nichts für uns zu tun. Pedro und ich gehen vorsichtshalber Bernd und Renato entgegen. Die Beiden kommen schließlich mit uns patsch-naß, glücklich, aber sehr erschöpft an die Oberfläche.

Zum Glück warten im Kar noch viele andere Höhlen auf Ihre Erforschung. Ron, Pika, Marvin, Radu, Pedro und ich verteilen uns auf den Windtrichter (nach 20m noch zugefroren), das Eisloch (da plätschert noch ein Gerinne in den Einstieg, bääh, zu naß), die E3, Reifhornwandfußschacht, die H9, den ORO-Freezer (entdeckt 2011, 15m begangen 2012), ein neuer Erdfall auf dem Wanderweg ! und eine Neuentdeckung von Pika. Nebenbei wird auch noch „Rödelheim“ neu vermessen.

Der Tagessieg geht am Mittwoch schließlich an Radu und Pika und den ORO-Freezer. Der entscheidende Durchbruch im total vereisten, sehr zugigen, stetig tröpfelnden Eingangsschacht gelingt. Sie schrauben und seilen 5 Stunden die Eisröhre hinab. Bis -37m wird vermessen und bis ca. -50m vorgestoßen. Unten wird es groß und größer, wie Sie mit leuchtenden Augen, roten Nasen, eiskalten Händen und blauen Lippen lebhaft berichten. Vorsichtshalber stecken wir Sie in Rettungsdecken und kochen literweise heißen Tee zum Aufwärmen.

Am Donnerstag machen sich Pedro und ich eisfest. Zusätzliche lange Unterhosen, sowie formschöne, selbstgeschneiderte blaue Müllsackanzüge, helfen gegen Kälte, Nässe und Zugluft ungemein. Weitere 5 Anker finden Ihren Platz im festen Fels. Bei schon eindrucksvollen -83m betreten wir den letzten Schnee-und Eiskegel in einer überraschend öffnenden Horizontaletage (surprise level 1). Wir sind restlos begeistert. In einer Ecke verrät der blasende Höhlenwind die schmale Fortsetzung, uiiii, weitere Schächte ? Das Seil und die Akkubohrmaschinen-Power reichen noch hinein und um die Ecke. Hoppla, bodenlose Weiten tun sich unter meinen Fußsohlen auf. Eisfrei geht es sicher 200m senkrecht hinab. Mit zusammengeknoteten Restseilen erreichen wir frei hängend ca. -125m, dabei ist der Tiefblick berauschend. Jippiiiii . Klassische Umkehr wegen Materialmangel, aber es ist nach 8 Stunden ohnehin Zeit.

Der Wetterbericht orakelt wieder von Veränderungen am Samstag, also nutzen wir den sonnigen Freitag schnell für Trocknen, Aufräumen und Feiern auf der wunderbaren von-Schmidt-Zabierow Hütte. Auch Team 1 ist mittlerweile nach 5 Nächten in der Höhle gesund wieder an der Oberfläche erschienen. Leider, oder zum Glück, wurden keine Fortsetzungen mehr gefunden. Somit können wir uns in Zukunft auf die Kreuzhöhle und den ORO-Freezer konzentrieren.

Doch wir ahnen bereits, der Loferer Schacht lässt uns nicht los ! Wie sich bei der Messdatenauswertung zu Hause bestätigt, liegt der ORO-Freezer über dem nordöstlichen Ende des Loferer Schachts. Über eine denkbare Verbindung haben wir schon Wetten abgeschlossen. Wer wettet noch mit ? Fortsetzung folgt garantiert !!!

Text: Oliver Kube


Aktivitäten 2012

Rekord, Rekord, Rekord für die Sektion Frankfurt. Petr Caslavsky hat als erstes Mitglied der Sektion über minus tausend Höhenmeter in einer selbst entdeckten Höhle erreicht. 1027 Höhenmeter unter dem Eingang wurde bei kräftigem, tiefer bergwärts ziehendem Wind, wegen Materialmangel die Forschung abgebrochen. Nicht länger als bis Sommer 2013 selbstverständlich. Die Höhle mit dem Namen „Iron deep“ liegt in Montenegro, dem Forschungsgebiet der tschechischen Gruppe Suchy´zleb, der Petr ebenfalls seit Jahren angehört. Im August 2012 wurde während einer dreiwöchigen Forschungsfahrt und einigen Tagen und Nächten in der Höhle, aus dem 3. Biwak heraus der vermutlich nur vorläufige Endpunkt erreicht. Wir sind mächtig stolz auf Petr. Ich denke die Leistung ist von der Organisation, Taktik, den psychologischen Ansprüchen und körperlichen Anstrengungen durchaus einer Achttausender Besteigung vergleichbar.

Ganz profan betätigte sich die Höhlengruppe im Februar bei einer über Jahre geplanten Schneeschuhtour auf die Lidernen Hütte über dem Vierwaldstätter See mit winterlichen Gipfelbesteigungen bei ausreichend Tiefschnee. Dank der jahrelangen Vorbereitung ging alles glatt, Höhlenbefahrungen organisieren sich da einfacher.

Dem entsprechend leicht folgten auch 8 Forscher Ende April dem Ruf nach Kantabrien in Nordspanien, dem Dorado für Höhlentraversen. Traversen sind nach den minus Tausendern die Königsklasse der Höhlen, denn man steigt Oben in eine Höhle ein und kommt, falls die Höhlengeister wollen, unten aus einer anderen Höhle wieder heraus, früher oder später ! Dass das nicht immer klappt, konnten wir uns zwar denken, es dann aber zu erleben ist schon ein eindrucksvolles, bleibendes Erlebnis. Um dem Vortrag nicht die Spannung zu nehmen, inzwischen sind alle wieder wohlbehalten zu Hause. Die Berglandschaft und die Höhlen im Nationalpark Ason in der Nähe von Bilbao sind die Reise wert, ein einmaliges Stück weitgehend unbekannter Natur. Wer will kann von dort westwärts über die Picos d´Europe gleich nach Santiago de Compostela weiterpilgern.

Oh, habe ich die klassische Ostertour ins französische Jura vergessen ? 12 zu allem entschlossene Teilnehmer, darunter 3 neue, haben 3 sehr schöne wohlbekannte Höhlen begangen. Für die große „Borne aux Cassot“ haben wir die Genehmigung eingeholt und das Regenwetter ausgetrickst. Da könnte man im Eingangsbereich auch mal bis zum Hals nass werden, was man in den riesigen alpinen Sälen innendrinn jedoch ganz angenehm verdrängen kann. Platz ist da bei über 11 km Ganglänge mit wunderbaren Tropfsteinen genug.

Solchermaßen gut trainiert ging es natürlich wieder Lofer entgegen. Irgendwie musste ich wieder die Zeit für die nächtlichen Planungen aufbringen, diesmal wollten wir die Kreuzhöhle und den Loferer Schacht bei der Vortour im Juli ausrüsten. Bald waren über 100 kg. Material in meinem Auto zusammen, aber ein gemeinsamer Startvormittag war bei den aus allen Himmelsrichtungen anreisenden 12 Höhlenfreunden leider nicht zu koordinieren. Kathis Hubschrauber blieb wegen der Witterung am Boden (Plan B somit ausgefallen). Trotzdem haben wir in 2 Tagen mit zum Teil doppelten Märschen alles zur Hütte und dann zum Loferer Schacht und zur Kreuzhöhle verteilen können. Das hat überraschend gut funktioniert, auch wenn nun 9 Feuerzeuge in Höhle A (kein Klopapier), den massiven Überschuß von Klopapier in Höhle B (kein Feuerzeug) nicht kompensieren können. In einer größeren Tagestour haben wir sogar das komplette Biwakmaterial für die Herbsttour in die Kreuzhöhle verbracht und ein paar Seilstrecken verbessert. Bei der Rückkehr auf Kathis wunderbare von-Schmidt-Zabierow Hütte gab es trotzdem lange Gesichter, das Außenzelt unseres Gruppentempels war nicht mehr auffindbar.

Ende August ging es dann wieder zur Forschung in den Loferer Schacht, Durchbruch bei Sekt oder Selters auf minus 735m, Neuland im Nordosten, sowie Rückbau des Waldstadion-Biwaks stand auf dem Programm. Zuerst wurde allerdings die Forschung nach dem Außenzelt intensiviert. Wir stellten die Schmidt-Zabierow-Hütte vom Dach bis in den letzten Tiefkeller auf den Kopf. Was es da alles gibt, wusste selbst Hüttenwirtin Kathi noch nicht – doch keine Spur vom Außenzelt ! Sehr ärgerlich, Ron aus Kalifornien wird unter flatternden Planen schlafen bis Mark mit einem Kriechzelt eintrifft, die Forscher biwakieren 4 Nächte in der Höhle. Die Erfolge bezüglich Neuland bleiben leider mager, doch wir hatten trotzdem eine Menge Spaß mit Teilnehmern aus 5 Nationen.

Das Beste zum Schluß ! Das sehr lange Wochenende bis zum 3. Oktober war ideal für eine sehr intensive Tour in die Kreuzhöhle. Da das Biwakmaterial ja schon vor Ort war, konnten wir ausreichend Seile, Dübel und Bohrmaschinen schleppen. Zu Dritt wollten wir am letztjährigen Forschungsende dem Schacht bei minus 290m und dem Wind weiter in die Tiefe folgen. Trotz etwas morscher fossiler Sinter gelang Renato, Radu und mir das Vorhaben grandios. Zwei bis Drei neue Hallen warten nun bei bis zu minus 430m neuer Tiefe auf unsere Wiederkehr. Parallel dazu wurden von Bino, Bernd und Ralf hinter dem Hinterhorn zwei neue Höhlen entdeckt und erstbefahren. Bernd entdeckte ein fossiles Murmeltierskelett, welches bei näherer Beurteilung durch Experten aber eindeutig als Schneehase erkannt wurde.

Insgesamt war 2012 wieder voll mit Höhlenaktivitäten. So durfte die Käse-Wein-Höhlenfahrt Anfang November ins französische Jura (wohin denn sonst), mit klassischen Höhlenkrachern natürlich nicht fehlen. Außerdem wurden schon interessante Höhlengebiete in den Dolomiten und Ungarn für die folgenden Höhlenjahre ausgekundschaftet. In 2013 wird wieder an einem großen Buchprojekt mitgeschrieben, außerdem sind wir im Sommer beim internationalen Höhlenforscherkongress der UIS in Tschechien (Brno / Brünn) mit einem Vortrag und anderen Beiträgen vertreten.

Text: Oliver Kube

 

Ostern 2012

Reise nach Jura in Frankreich, Ostern 2012

Diese war meine zweite Reise mit der DAV Höhlengruppe Frankfurt/Main. Für die Leute aus der Gruppe ist es eine Reise die jedes Jahr stattfindet, nach dem Moto Üben und Spaß haben. Für mich war es das Erste mal. Nicht nur deswegen war es für mich sehr schön, wie Ihr in der Folge lesen könnt.

Am Donnerstag Abend 5. April sind wir ab dem DAV Frankfurt zum Quartier gereist. Mitgefahren im Auto von Carsten sind Dagmar und ich. Während der ca. fünfstündigen Reise haben wir uns unterhalten und zwar zwischen verschiedenen Themem hauptsächlich über Höhlen aus der ganzen Welt. Unserer Aufenthalt war im Gîte de L’escapade in Amathey-Vésigneux, wo die Leute während der letzten Jahren schon mehrmals gewesen waren. Die Eingentümer sind sehr nett und unsere Nutzfläche war das halbe Haus vom Eigentümer, was schon mehr als genug für eine große Gruppe ist. Die Region ist landwirtschaftlich genutzt, nicht sehr bevölkert und sehr schön wegen der Kalksteingebirge und des Weinbaus. Als wir um ca. 23:00 angekommen sind, waren fast alle Leute schon da und sehr gespannt auf den für den nächsten Tag geplanten Ausflug. Die Mehrheit der Leute kommt ursprüchlich aus Deutschland: Oli, Dagmar, Bettina, Nils, Swetlana, Uli, Robert und Carsten. Es gab auch Ausländer die in Deutschland schon eingelebt sind, wie der Renato aus Portugal, die Ildiko aus Rumänien, der Tony aus Irland und ich aus Brasilien.

Karfreitag - Combe de Malveau

Nach einem fantastischen Frühstück, mit Zutaten die Nils und Swetlana besorgt und die Kochmeister Tony und Bettina vorbereitet haben, sind wir mit mehreren Autos zur Höhle Combe de Malveau gefahren. Sie liegt aber nicht weit weg von unserem Gasthaus. Das Team bestand aus Oli, Dagmar, Nils und Swetlana, Renato und Ildiko, Uli, Robert und ich. Der Tony, die Bettina und der Carsten sind am diesen Tag irgendwo anders hingegangen. Die Höhle hat einen sehr kleinen Eingang, was die Suche nach ihr sehr schwierig macht. Noch dazu ist sie zwischen Holzstämme und Steine versteckt. Obwohl es nicht weit von der Straße war, haben wir über fünfzehn Minuten suchen müssen. Ihre Topographie ist grundsätzlich vertikal mit engen Passagen am Anfang, was uns zu diesem Zeitpunkt ziemlich gestaut hat.Nach Einweisung von meinen Kollegen war ich gut vorbereitet für die vertikale Strecke. Laut der Standards von den erfahrenen Kollegen ist diese Strecke relativ wenig schwierig und einfach durchzugehen. Das war für mich aber trotzdem eine höhere Herausforderung, wegen meines Mangels an Praxis. Ich habe aber mit großer Hilfe von Robert alles überstanden. Das war sehr interessant, auch weil er schon ein Paar Wörter auf Portugiesisch sprechen kann, da er als Kind in der Stadt São Paulo in Brasilien gelebt hat. Das Abseilen war für mich nicht unbedingt schwierig, was auf dem Rückweg nach oben doch schon wesentlich anders war. Aber am nächsten Tag waren noch schwierigere Strecken vorgesehen.

Samstag - Gouffre de Rappant

Das Früstück war wieder beindruckend. An diesem Morgen war es aber interessant, daß trotz der schon herrschenden Frühjahrszeit, es auf den Ort geschneit hat. Nicht viel, aber genug um einen Eindruck von der Temperatur in der Region zu haben.Um diesen Tag gemütlich zu beginnen, haben wir mit einen Regionsrundfahrt angefangen. Erstmal sind wir zum Eikauf (Ostern !) gefahren, weil Samstag war am diesem viertägigen langen Wochenende der einziger Tag mit der Geschäfte auf. Von unserem Gasthaus sind wir zur Käserei gefahren, wo wir den sehr leckeren Comté kiloweise eingekauft haben, dann zum Supermarkt und endlich Richtung Höhle, aber mit Zwischenhalten für Fotos und zum Landschaft geniessen.Wie schon erwähnt, die Region hat grandiose Landschaften. Auf dem Weg zur Höhle sind wir das Flusstal der Loue entlang gefahren. Die Loue fließt durch einen Kalksteincayon, voll mit schönen idyllischen Orten. Richtung Höhle sind Oli, Nils und Swetlana, Renato und Ildiko, Uli, Robert, Carsten und ich gefahren. Dagmar ist wegen einer Erkältung beim Gîte de L’escapade geblieben.

La Gouffre de Rappant liegt mitten im Wald neben einem Waldweg. Man muss aber sehr aufpassen wenn man sie sucht, weil der Eingang ist praktisch ein unscheinbares Loch mitten im flachen Waldboden. Diese besondere Eigenschaft hat das Leben schon einiger Kühe gekostet, wie man später an den tief unten liegenden Knochen bemerkt.Schon am Anfang geht es am Seil los und der Höhenunterschied ist ungefähr 30 Meter auf einem Schritt. Am Anseilpunkt müssen wir erst mal einen Fuß an jede Seite des Lochs positionieren, dann den Abseiler einhängen und dann abseilen. Obwohl schon von letzten Tag müde geworden, war es jetzt für mich nicht kompliziert. Für diese Situation gibt es in Brasilien einen Spruch: „Um nach unten zu kommen helfen alle Heiligen“. (Runter helfen Dir alle Götter). Unten angekommen ist die Höhle ganz anders als die vom vorherigen Tag. Es gibt Stalaktiten, Vorhänge, Strohsauger, wirklich eine Naturveranstaltung. Oh ja, wir dürfen die Knochen der Kühe nicht vergessen. Das Aufsteigen war dann für mich wirklich kompliziert (kein Spruch, keine Hilfe der Heiligen). Als ich an die Seilwechselstelle fünf Meter hoch über dem Boden gekommen bin, war ich zu hoch neben der Seilbefestigung und konnte das Seil nicht wechseln. Der Oli hat mir von einem Parallelseil aus geholfen, aus der Situation weg zu gehen. Als ich diesen Schritt geschafft hatte, war die nächste Herausforderung die restliche Steigung. Viel zu müde und erschöpft um mich auf das technische Steigen konzentrieren zu können, habe ich noch mehr als eine halbe Stunde gebraucht für die ca. 25 Meter. Zurück im Gîte de L’escapade, nach dem Abendessen, haben wir ein echte Diaschau-Veranstaltung begleitet mit Wein aus der Region gehabt. Tony hat seine Fotos von seiner Mexico Expedition gezeigt, Carsten seine von Laos Topografie und ich, einige von brasilianische Höhlen. Zusammenfassung: alle waren von den Fotos und Höhlen fasziniert, inklusiv unsere Gastgeber die besonders für die Vorträge gekommen waren.

Ostern Sonntag - Borne aux Cassot

So, man braucht nichts mehr über das Frühstück zu sagen, nur daß der Oli am diesen Tag Schokolade Eierchen verteilt hat und zwar um Ostern richtig zu feiern. Auch unser Freund Schnee ist wieder für kurze Zeit gekommen. Unser Ausflug am diesen Tag war sehr besonders, ein Ostergeschenk. Wir sind alle mitgefahren. Der Zutritt zur Höhle ist reglementiert und der Oli hatte eine Genehmigung organisiert. Die Höhle liegt eine Stunde Fahrt entfernt vom Gasthaus. Es kann länger sein, hätte aber kein Unterschied gemacht. Auf dem Weg bin ich zusammen mit Renato und Ildiko in ihrem Auto gefahren. Wir haben traditionelle ungarische Music gehört, eine Vorliebe der Beiden. A propos, Renato hat schon früher gezeigt, daß er die Tanzbewegung dieser Musik gut kennt. Der Eingang liegt ca. 30 meter über der Straße. Ein zwischen heruntergefallenen Steinklötzen eingegrabener Pfad führt ca. 20 Meter hinein, dann gibt es ein Eisentor. Ein Schloß vermeidet den Eingang von nicht genehmigten Besuchern. Nach dem Tor leitet ein künstlicher Tunnel bis zum Bach in einer ein Stück tiefer gelegenen Gallerie. Es ist notwendig bis zum Knie im kalten Wasser, ca. 30 bis 40 Meter weit zu laufen. Danach erreichen wir die Metro-Gallerie, wo ein Telefon installiert wurde um beim Überschwemmungsfall benutzt zu werden. Weitere 100 Meter nach rechts finden wir den aktiven Bach in der Hauptgallerie. Wir gehen gegen die Strömung bis zur „Quelle“ des Flusses. Ab diesem Punkt sind wir weg vom Wasser und eine Serie von großen Räumen mit gefallenen Steinen kommt. Das ist eine Höhle wie viele andere welche wir in Brasilien haben, hauptsächlich flach mit große Räume und aktiven Wasserleitungssystem darunter. Als wir eine große Gabelung erreicht haben, entscheide ich mich wegen der Müdigkeit gesammelt in der letzten Tage, zurück zum Eingang zu gehen. Dagmar wollte auch nicht weiter gehen, wegen der Einfluss der oben beschriebenen Erkältung. Rasch waren wir einig und sind zusammen zurückgekehrt. Die anderen Kollegen verfolgen den Bach weiter hinein in den Berg. Der Rückweg zum Gîte de L’escapade war fantastisch. Um 19:00 Uhr war es noch hell, trotz der Uhrzeit. Wir konnten schöne Karstlandschaften in der tiefen Abendsonne beobachten.

Ostern Montag - Rückreise

Ostermontag ist in Deutschland und Frankreich auch Feiertag. Deshalb haben wir diesen Tag genutzt um die Sachen aufzuräumen, das Haus zu putzen und zurück zu reisen. Um ca. 18:00 waren wir wieder in Frankfurt. Das Wochenende war ausgezeichnet, ich bin dankbar. Alle Kollegen die mit im Jura waren, haben bei allen schwierigen Momenten ausgezeichnete Kompanie und Gemeinschaft gezeigt.

Viele Grüße, Mario


Forschung 2012

Die jährliche Forschungstour in den Loferer Schacht hatte ich nach dem Andrang 2011 vorsorglich mit 14 Teilnehmern angemeldet. Aus 12 engagierten Meldungen wurden durch die allgemeine Krise schnell nur noch 9 Forscher. Nach über 4 Wochen Vorbereitungen am Schreibtisch mit Planung, Einkäufen, Gruppeneinteilung, To-Do-Listen, etc., geht es Ende August endlich los.

Ron aus Kalifornien hole ich am Frankfurter Flughafen ab, Marvin sammelt Renato am Flughafen in München ein. Petr sagt überraschend den Treffpunkt am Fahrtag ab, die Arbeit ! Er will es aber bis Samstag Abend ins Camp schaffen. Radu sitzt im Bus von Rumänien nach Salzburg. Er kündigt sich nach 26 Std. Geschaukel für Sonntagnacht an. Nun denn, Fr. Peyerl in Lofer freut sich wie immer über die internationalen Höhlenforscher, denn 4 Nationen sind selten gleichzeitig im Haus.

Immerhin ist auf das Wetter Verlaß, es tröpfelt. Kathi stellt mittags auf der von-Schmidt-Zabierow Hütte die dampfenden Kaßpressknödel auf den Tisch und wir sind glücklich. Leider nicht lange, denn wir müssen wieder hinaus in den kalten Regen das Camp am Höhleneingang aufbauen. Mit nur 4 Personen ist das eine größere Herausforderung. Am Abend steht jedoch das nötigste Material bereit, der Kocher faucht und die Antennen stehen. Unser Höhlenfunksystem hat Anschluss an das Handynetz, allerdings lassen sich so trotzdem nicht alle Nachzügler orten. Uns zieht es später im Dunkeln zur Hütte, dabei läuft uns Petr in weglosem Karstgelände zufällig in die Arme. Radu meldet derweil den Grenzübertritt nach Österreich aus dem überfüllten Bus.

Am Sonntag 26.Aug. 2012 sind endlich Ron und Petr im Loferer Schacht um ein paar morsche Seile zu tauschen, während Renato und ich die Säcke für die Biwaks packen. Ein guter Plan lässt sich ändern ! Statt 3 Gruppen wird es nur ein Höhlenteam und ein Außenteam geben. Abends erscheint ein glücklicher Radu und berichtet von seiner abenteuerlichen Busfahrt, dem nächtlichen Autostopp und einsamen Wanderungen entlang der Saalach. Nun, das wäre einen eigenen Vortrag wert.

Am Montag rücken wir zu viert in die größte und längste Höhle in den Loferer Steinbergen ein. „Unsere“ Höhle ist schon über 10,5 km lang ! Wir wollen ca. 600 Höhenmeter hinunter in das gemütliche „Garten für die Harten“-Biwak steigen. Das gelingt uns auch in ca. 10 Stunden Abseilen und Klettern wie geplant. Ron ist Draußen glücklich über unsere Funkmeldungen, genießt das sonnige Wetter und leitet die Guten Wünsche der Höhlenfreunde aus aller Welt weiter.

Am Dienstag besuchen wir den riesigen Robert Z.-Schacht, den hatten 2011 Petr und Zdenek in den letzten Stunden angeforscht, er ist gigantisch. Mit unseren 1500 Lumen Super LED Strahlern und einer Filmleuchte verschaffen wir uns einen Überblick. Über eine schmale, sehr windige Spalte kommt man ca. 70m über dem Fußboden in das schwarze Nichts. Ein schmaler Sims erlaubt das Stehen, irgendwo gegenüber kommt Wasser vom „Himmel“. An Seilen inspizieren wir die Monsterhalle nach unten, es geht leider nicht weiter. Nach oben können wir eine Rampe ca. 15m aufklettern (gesichert), über eine Stufe geht es wohl um die Ecke weiter, doch meine Kletternerven sind etwas überlastet. Die Halle hat sicher weit über 100m Höhe und wir turnen da irgendwo oben herum. Sicherheit geht vor.

Zurück im Biwak wird ordentlich gekocht. Petr verschwindet zum Wasser holen, das ist eine wichtige, aber auch anstrengende Sache, welche wir uns nach der für Mittwoch geplanten langen Tour nicht mehr antun wollen. Wir stehen sogar ein wenig früher auf, um den zeitintensiven Weg ins „Waldstadion“- Biwak anzugehen. Unterwegs vermessen wir noch einen kurzen Abzweig ins Neuland, seilen einen kleine Stufe ab, doch stehen bald in einer Sackgasse. Das war zu Erwarten, doch man weiß in Höhlen nie was kommt, bevor man nicht wirklich dort war. Nach den üblichen Klettereien erreichen wir das Waldstadion und das vertraute, sehr zugige Biwak. Ein letztes Mal werfen wir hier den Kocher an, denn wir sind zum Aufräumen und Abbauen hergekommen. Die Gegend am südwestlichen Ende der Höhle ist ausgeforscht, schon 2011 haben wir keine richtige Fortsetzung mehr entdecken können, obwohl der kräftige Wind das Gegenteil verspricht, aber das Versprechen nicht hält (vorerst).

Nach zwei Stunden sind alle Hinterlassenschaften in 8 Schleifsäcken verschwunden, der ganze Platz ist sauber und geräumt. Wir treten mit je 2 Säcken behangen den „Heimweg“ an. Jetzt zeigt sich, daß wir ein echtes Team sind. Die 8 Säcke werden per Menschenkette durch und über alle Hindernisse weitergereicht, es geht gut voran. Im „Garten“ angekommen quillt das Funk-Postfach über -> Radu hat Geburtstag ! Wir rufen sofort den Partyservice aus Lofer. Ron und Mark (inzwischen angekommen) wollen Kuchen backen. Auf beides wollen wir nicht warten und machen sofort einen drauf. Allerdings wärmen wir doch bald unsere 1°C kalten Schlafsäcke.

Am Donnerstag soll nun endlich der Höhepunkt der Woche folgen, Durchbruch in „Sekt oder Selters“ steht im Plan. Da pfeift bei -735m der Wind durch die Blöcke. Petr drängelt schon beim Frühstück zum Aufbruch, die Benzinbohrmaschine ist längst im Sack und schließlich saust er mit Renato los. Radu und ich bleiben beim Abwasch zurück, packen die Verpflegung, das Vermessungszeug, sowie Film- und Fotoausrüstung für den langen Tag. Dann packt auch uns das Forschungsfieber. Nach 2 Stunden sind wir vor Ort, aus der mörderischen Engstelle klingt leises Rumoren, die Kollegen sind also bei der Arbeit. Wir machen uns bereit. Leider erscheint bald Renato mit einem sehr langen Gesicht, die Bohrmaschine streikt. Bald darauf poltert auch Petr in die Angströhre, die Felsen weichen zurück vor seinem Zorn – der Zahnriemen ist gerissen ! Das heißt ein weiteres Jahr geht es hier nicht weiter. Die Stimmung passt zur Lage im Berg – TIEFPUNKT.

Radu vermisst die neuen Meterchen, während Petr ein Beruhigungssüppchen aufsetzt. Leider brennt der Esbit nicht richtig und das Mittagsmahl bleibt höflich gesagt lau. Da wir nichts anderes zu Essen haben, pappt uns nun Glutamat zwischen den Zähnen, das ist doppelter Frust. Wie kann ich die Truppe nur aufmuntern ? Wie war das mit dem guten Plan -> lässt sich ändern. Da war doch noch ein unbefahrener Schacht in der Nähe ? Wir ziehen um. Zum Glück braucht es hier keine Bohrmaschine, aber die Spalte ist unten wirklich eng. Radu schafft es, ich ploppe hinterher in eine schöne kleine Halle ! Renato folgt neugierig geworden, Petr grummelt noch. Hey, es geht weiter, sogar in verschiedene Richtungen. Rasch teilen wir uns zu 2 und 2 auf, denn nun ist das Forschungsfieber zurück. Ich sehe wieder strahlende Gesichter. Der Laserstrahl des Vermessungsgerätes flitzt durch die unberührten Gänge, der Zeichenstift zaubert neue Karteteile. Ein Schacht lässt sich irgendwie umklettern, später dann ein Schrei von unten ! Messpunkt ! Hier war schon jemand ?? Ich grüble, ja ein uralter Messpunkt, das sehe ich an der Farbe. Der erreichte Mäandergang ist eindrucksvoll, das wird wohl „die Eroberung des Nutzlosen“ sein. Hier war ich vor 12 Jahren das letzte Mal. Wir haben eine neue Verbindung entdeckt, die Glutamat Connection !

Wunderbar zufrieden ziehen wir zum Biwak, machen gründlich Inventur, putzen sogar die Blöcke und räumen herum bis in die Nacht. Morgen geht es raus ! Sorgen bereitet der angekündigte Wettersturz, wir müssen unbedingt den Wasserschwall im Schacht abwarten. Nachts um zwei Uhr ändert sich endlich die Windrichtung im Biwak, draußen geht es nun richtig rund. Ich bedaure Mark und Ron im nassen, knatternden, rüttelnden Zelt. Nach meiner Erfahrung sollte der Wasserstand in ca. 10 Stunden an der Schlüsselstelle im Schacht wieder normal sein. Trotzdem sind Radu und Renato vor dem langen Aufstieg nervös. Doch es passt, vieles ist noch naß im Schacht, die Wassermenge aber wieder erträglich, sicher regnet es draußen. Unterwegs kochen wir eine Glutamat freie Mahlzeit, dann sind es noch 6 Stunden nach oben, stetig
gebremst von der nutzlosen 6kg Bohrmaschinenlast.

Ron und Mark bereiten uns im Höhleneingang einen triumphalen Empfang. Heiße Getränke sowie eine Creation von Tortellini an ausgesuchten Käsesoßen erquicken uns ungemein. Super, das sind echte Freunde. Vom Blick nach draußen können Sie uns so eine Stunde abhalten, dann aber sehen wir die weiße Bescherung. 15cm Neuschnee und schönster Pulverschnee rieselt vom Himmel. Wir wollten doch warm und trocken in der Hütte schlafen – und gute Pläne werden nicht geändert ! So gleicht der nächtliche Marsch einem Ballett auf Eiern, denn unterm Schnee lauert Eis. Doch die blauen Flecken lohnen sich, Kathi hat die Suppe auf dem Herd für uns bereitgestellt, der Tisch ist voller Leckereien und biegt sich vor Getränken. Um 24Uhr schnarcht die Hütte, doch wir schlemmen ! Wir bewundern und lieben diesen Service, DANKE !

Es folgt das übliche Aufräumen und Einmotten am Samstag. Dann ein Trompetensolo, ein Geburtstagsständchen und Tischfeuerwerk für einen völlig gerührten Radu. Die liebevoll hausgemachten Buchteln schmecken himmlisch, der Wein ist gut, whow, die Welt ist schön !

Text: Oliver Kube


Aktivitäten 2012

Rekord, Rekord, Rekord für die Sektion Frankfurt. Petr Caslavsky hat als erstes Mitglied der Sektion über minus tausend Höhenmeter in einer selbst entdeckten Höhle erreicht. 1027 Höhenmeter unter dem Eingang wurde bei kräftigem, tiefer bergwärts ziehendem Wind, wegen Materialmangel die Forschung abgebrochen. Nicht länger als bis Sommer 2013 selbstverständlich. Die Höhle mit dem Namen „Iron deep“ liegt in Montenegro, dem Forschungsgebiet der tschechischen Gruppe Suchy´zleb, der Petr ebenfalls seit Jahren angehört. Im August 2012 wurde während einer dreiwöchigen Forschungsfahrt und einigen Tagen und Nächten in der Höhle, aus dem 3. Biwak heraus der vermutlich nur vorläufige Endpunkt erreicht. Wir sind mächtig stolz auf Petr. Ich denke die Leistung ist von der Organisation, Taktik, den psychologischen Ansprüchen und körperlichen Anstrengungen durchaus einer Achttausender Besteigung vergleichbar.

Ganz profan betätigte sich die Höhlengruppe im Februar bei einer über Jahre geplanten Schneeschuhtour auf die Lidernen Hütte über dem Vierwaldstätter See mit winterlichen Gipfelbesteigungen bei ausreichend Tiefschnee. Dank der jahrelangen Vorbereitung ging alles glatt, Höhlenbefahrungen organisieren sich da einfacher.

Dem entsprechend leicht folgten auch 8 Forscher Ende April dem Ruf nach Kantabrien in Nordspanien, dem Dorado für Höhlentraversen. Traversen sind nach den minus Tausendern die Königsklasse der Höhlen, denn man steigt Oben in eine Höhle ein und kommt, falls die Höhlengeister wollen, unten aus einer anderen Höhle wieder heraus, früher oder später ! Dass das nicht immer klappt, konnten wir uns zwar denken, es dann aber zu erleben ist schon ein eindrucksvolles, bleibendes Erlebnis. Um dem Vortrag nicht die Spannung zu nehmen, inzwischen sind alle wieder wohlbehalten zu Hause. Die Berglandschaft und die Höhlen im Nationalpark Ason in der Nähe von Bilbao sind die Reise wert, ein einmaliges Stück weitgehend unbekannter Natur. Wer will kann von dort westwärts über die Picos d´Europe gleich nach Santiago de Compostela weiterpilgern.

Oh, habe ich die klassische Ostertour ins französische Jura vergessen ? 12 zu allem entschlossene Teilnehmer, darunter 3 neue, haben 3 sehr schöne wohlbekannte Höhlen begangen. Für die große „Borne aux Cassot“ haben wir die Genehmigung eingeholt und das Regenwetter ausgetrickst. Da könnte man im Eingangsbereich auch mal bis zum Hals nass werden, was man in den riesigen alpinen Sälen innendrinn jedoch ganz angenehm verdrängen kann. Platz ist da bei über 11 km Ganglänge mit wunderbaren Tropfsteinen genug.

Solchermaßen gut trainiert ging es natürlich wieder Lofer entgegen. Irgendwie musste ich wieder die Zeit für die nächtlichen Planungen aufbringen, diesmal wollten wir die Kreuzhöhle und den Loferer Schacht bei der Vortour im Juli ausrüsten. Bald waren über 100 kg. Material in meinem Auto zusammen, aber ein gemeinsamer Startvormittag war bei den aus allen Himmelsrichtungen anreisenden 12 Höhlenfreunden leider nicht zu koordinieren. Kathis Hubschrauber blieb wegen der Witterung am Boden (Plan B somit ausgefallen). Trotzdem haben wir in 2 Tagen mit zum Teil doppelten Märschen alles zur Hütte und dann zum Loferer Schacht und zur Kreuzhöhle verteilen können. Das hat überraschend gut funktioniert, auch wenn nun 9 Feuerzeuge in Höhle A (kein Klopapier), den massiven Überschuß von Klopapier in Höhle B (kein Feuerzeug) nicht kompensieren können. In einer größeren Tagestour haben wir sogar das komplette Biwakmaterial für die Herbsttour in die Kreuzhöhle verbracht und ein paar Seilstrecken verbessert. Bei der Rückkehr auf Kathis wunderbare von-Schmidt-Zabierow Hütte gab es trotzdem lange Gesichter, das Außenzelt unseres Gruppentempels war nicht mehr auffindbar.

Ende August ging es dann wieder zur Forschung in den Loferer Schacht, Durchbruch bei Sekt oder Selters auf minus 735m, Neuland im Nordosten, sowie Rückbau des Waldstadion-Biwaks stand auf dem Programm. Zuerst wurde allerdings die Forschung nach dem Außenzelt intensiviert. Wir stellten die Schmidt-Zabierow-Hütte vom Dach bis in den letzten Tiefkeller auf den Kopf. Was es da alles gibt, wusste selbst Hüttenwirtin Kathi noch nicht – doch keine Spur vom Außenzelt ! Sehr ärgerlich, Ron aus Kalifornien wird unter flatternden Planen schlafen bis Mark mit einem Kriechzelt eintrifft, die Forscher biwakieren 4 Nächte in der Höhle. Die Erfolge bezüglich Neuland bleiben leider mager, doch wir hatten trotzdem eine Menge Spaß mit Teilnehmern aus 5 Nationen.

Das Beste zum Schluß ! Das sehr lange Wochenende bis zum 3. Oktober war ideal für eine sehr intensive Tour in die Kreuzhöhle. Da das Biwakmaterial ja schon vor Ort war, konnten wir ausreichend Seile, Dübel und Bohrmaschinen schleppen. Zu Dritt wollten wir am letztjährigen Forschungsende dem Schacht bei minus 290m und dem Wind weiter in die Tiefe folgen. Trotz etwas morscher fossiler Sinter gelang Renato, Radu und mir das Vorhaben grandios. Zwei bis Drei neue Hallen warten nun bei bis zu minus 430m neuer Tiefe auf unsere Wiederkehr. Parallel dazu wurden von Bino, Bernd und Ralf hinter dem Hinterhorn zwei neue Höhlen entdeckt und erstbefahren. Bernd entdeckte ein fossiles Murmeltierskelett, welches bei näherer Beurteilung durch Experten aber eindeutig als Schneehase erkannt wurde.

Insgesamt war 2012 wieder voll mit Höhlenaktivitäten. So durfte die Käse-Wein-Höhlenfahrt Anfang November ins französische Jura (wohin denn sonst), mit klassischen Höhlenkrachern natürlich nicht fehlen. Außerdem wurden schon interessante Höhlengebiete in den Dolomiten und Ungarn für die folgenden Höhlenjahre ausgekundschaftet. In 2013 wird wieder an einem großen Buchprojekt mitgeschrieben, außerdem sind wir im Sommer beim internationalen Höhlenforscherkongress der UIS in Tschechien (Brno / Brünn) mit einem Vortrag und anderen Beiträgen vertreten.

Text: Oliver Kube

 

Ostern 2012

Reise nach Jura in Frankreich, Ostern 2012

Diese war meine zweite Reise mit der DAV Höhlengruppe Frankfurt/Main. Für die Leute aus der Gruppe ist es eine Reise die jedes Jahr stattfindet, nach dem Moto Üben und Spaß haben. Für mich war es das Erste mal. Nicht nur deswegen war es für mich sehr schön, wie Ihr in der Folge lesen könnt.

Am Donnerstag Abend 5. April sind wir ab dem DAV Frankfurt zum Quartier gereist. Mitgefahren im Auto von Carsten sind Dagmar und ich. Während der ca. fünfstündigen Reise haben wir uns unterhalten und zwar zwischen verschiedenen Themem hauptsächlich über Höhlen aus der ganzen Welt. Unserer Aufenthalt war im Gîte de L’escapade in Amathey-Vésigneux, wo die Leute während der letzten Jahren schon mehrmals gewesen waren. Die Eingentümer sind sehr nett und unsere Nutzfläche war das halbe Haus vom Eigentümer, was schon mehr als genug für eine große Gruppe ist. Die Region ist landwirtschaftlich genutzt, nicht sehr bevölkert und sehr schön wegen der Kalksteingebirge und des Weinbaus. Als wir um ca. 23:00 angekommen sind, waren fast alle Leute schon da und sehr gespannt auf den für den nächsten Tag geplanten Ausflug. Die Mehrheit der Leute kommt ursprüchlich aus Deutschland: Oli, Dagmar, Bettina, Nils, Swetlana, Uli, Robert und Carsten. Es gab auch Ausländer die in Deutschland schon eingelebt sind, wie der Renato aus Portugal, die Ildiko aus Rumänien, der Tony aus Irland und ich aus Brasilien.

Karfreitag - Combe de Malveau

Nach einem fantastischen Frühstück, mit Zutaten die Nils und Swetlana besorgt und die Kochmeister Tony und Bettina vorbereitet haben, sind wir mit mehreren Autos zur Höhle Combe de Malveau gefahren. Sie liegt aber nicht weit weg von unserem Gasthaus. Das Team bestand aus Oli, Dagmar, Nils und Swetlana, Renato und Ildiko, Uli, Robert und ich. Der Tony, die Bettina und der Carsten sind am diesen Tag irgendwo anders hingegangen. Die Höhle hat einen sehr kleinen Eingang, was die Suche nach ihr sehr schwierig macht. Noch dazu ist sie zwischen Holzstämme und Steine versteckt. Obwohl es nicht weit von der Straße war, haben wir über fünfzehn Minuten suchen müssen. Ihre Topographie ist grundsätzlich vertikal mit engen Passagen am Anfang, was uns zu diesem Zeitpunkt ziemlich gestaut hat.Nach Einweisung von meinen Kollegen war ich gut vorbereitet für die vertikale Strecke. Laut der Standards von den erfahrenen Kollegen ist diese Strecke relativ wenig schwierig und einfach durchzugehen. Das war für mich aber trotzdem eine höhere Herausforderung, wegen meines Mangels an Praxis. Ich habe aber mit großer Hilfe von Robert alles überstanden. Das war sehr interessant, auch weil er schon ein Paar Wörter auf Portugiesisch sprechen kann, da er als Kind in der Stadt São Paulo in Brasilien gelebt hat. Das Abseilen war für mich nicht unbedingt schwierig, was auf dem Rückweg nach oben doch schon wesentlich anders war. Aber am nächsten Tag waren noch schwierigere Strecken vorgesehen.

Samstag - Gouffre de Rappant

Das Früstück war wieder beindruckend. An diesem Morgen war es aber interessant, daß trotz der schon herrschenden Frühjahrszeit, es auf den Ort geschneit hat. Nicht viel, aber genug um einen Eindruck von der Temperatur in der Region zu haben.Um diesen Tag gemütlich zu beginnen, haben wir mit einen Regionsrundfahrt angefangen. Erstmal sind wir zum Eikauf (Ostern !) gefahren, weil Samstag war am diesem viertägigen langen Wochenende der einziger Tag mit der Geschäfte auf. Von unserem Gasthaus sind wir zur Käserei gefahren, wo wir den sehr leckeren Comté kiloweise eingekauft haben, dann zum Supermarkt und endlich Richtung Höhle, aber mit Zwischenhalten für Fotos und zum Landschaft geniessen.Wie schon erwähnt, die Region hat grandiose Landschaften. Auf dem Weg zur Höhle sind wir das Flusstal der Loue entlang gefahren. Die Loue fließt durch einen Kalksteincayon, voll mit schönen idyllischen Orten. Richtung Höhle sind Oli, Nils und Swetlana, Renato und Ildiko, Uli, Robert, Carsten und ich gefahren. Dagmar ist wegen einer Erkältung beim Gîte de L’escapade geblieben.

La Gouffre de Rappant liegt mitten im Wald neben einem Waldweg. Man muss aber sehr aufpassen wenn man sie sucht, weil der Eingang ist praktisch ein unscheinbares Loch mitten im flachen Waldboden. Diese besondere Eigenschaft hat das Leben schon einiger Kühe gekostet, wie man später an den tief unten liegenden Knochen bemerkt.Schon am Anfang geht es am Seil los und der Höhenunterschied ist ungefähr 30 Meter auf einem Schritt. Am Anseilpunkt müssen wir erst mal einen Fuß an jede Seite des Lochs positionieren, dann den Abseiler einhängen und dann abseilen. Obwohl schon von letzten Tag müde geworden, war es jetzt für mich nicht kompliziert. Für diese Situation gibt es in Brasilien einen Spruch: „Um nach unten zu kommen helfen alle Heiligen“. (Runter helfen Dir alle Götter). Unten angekommen ist die Höhle ganz anders als die vom vorherigen Tag. Es gibt Stalaktiten, Vorhänge, Strohsauger, wirklich eine Naturveranstaltung. Oh ja, wir dürfen die Knochen der Kühe nicht vergessen. Das Aufsteigen war dann für mich wirklich kompliziert (kein Spruch, keine Hilfe der Heiligen). Als ich an die Seilwechselstelle fünf Meter hoch über dem Boden gekommen bin, war ich zu hoch neben der Seilbefestigung und konnte das Seil nicht wechseln. Der Oli hat mir von einem Parallelseil aus geholfen, aus der Situation weg zu gehen. Als ich diesen Schritt geschafft hatte, war die nächste Herausforderung die restliche Steigung. Viel zu müde und erschöpft um mich auf das technische Steigen konzentrieren zu können, habe ich noch mehr als eine halbe Stunde gebraucht für die ca. 25 Meter. Zurück im Gîte de L’escapade, nach dem Abendessen, haben wir ein echte Diaschau-Veranstaltung begleitet mit Wein aus der Region gehabt. Tony hat seine Fotos von seiner Mexico Expedition gezeigt, Carsten seine von Laos Topografie und ich, einige von brasilianische Höhlen. Zusammenfassung: alle waren von den Fotos und Höhlen fasziniert, inklusiv unsere Gastgeber die besonders für die Vorträge gekommen waren.

Ostern Sonntag - Borne aux Cassot

So, man braucht nichts mehr über das Frühstück zu sagen, nur daß der Oli am diesen Tag Schokolade Eierchen verteilt hat und zwar um Ostern richtig zu feiern. Auch unser Freund Schnee ist wieder für kurze Zeit gekommen. Unser Ausflug am diesen Tag war sehr besonders, ein Ostergeschenk. Wir sind alle mitgefahren. Der Zutritt zur Höhle ist reglementiert und der Oli hatte eine Genehmigung organisiert. Die Höhle liegt eine Stunde Fahrt entfernt vom Gasthaus. Es kann länger sein, hätte aber kein Unterschied gemacht. Auf dem Weg bin ich zusammen mit Renato und Ildiko in ihrem Auto gefahren. Wir haben traditionelle ungarische Music gehört, eine Vorliebe der Beiden. A propos, Renato hat schon früher gezeigt, daß er die Tanzbewegung dieser Musik gut kennt. Der Eingang liegt ca. 30 meter über der Straße. Ein zwischen heruntergefallenen Steinklötzen eingegrabener Pfad führt ca. 20 Meter hinein, dann gibt es ein Eisentor. Ein Schloß vermeidet den Eingang von nicht genehmigten Besuchern. Nach dem Tor leitet ein künstlicher Tunnel bis zum Bach in einer ein Stück tiefer gelegenen Gallerie. Es ist notwendig bis zum Knie im kalten Wasser, ca. 30 bis 40 Meter weit zu laufen. Danach erreichen wir die Metro-Gallerie, wo ein Telefon installiert wurde um beim Überschwemmungsfall benutzt zu werden. Weitere 100 Meter nach rechts finden wir den aktiven Bach in der Hauptgallerie. Wir gehen gegen die Strömung bis zur „Quelle“ des Flusses. Ab diesem Punkt sind wir weg vom Wasser und eine Serie von großen Räumen mit gefallenen Steinen kommt. Das ist eine Höhle wie viele andere welche wir in Brasilien haben, hauptsächlich flach mit große Räume und aktiven Wasserleitungssystem darunter. Als wir eine große Gabelung erreicht haben, entscheide ich mich wegen der Müdigkeit gesammelt in der letzten Tage, zurück zum Eingang zu gehen. Dagmar wollte auch nicht weiter gehen, wegen der Einfluss der oben beschriebenen Erkältung. Rasch waren wir einig und sind zusammen zurückgekehrt. Die anderen Kollegen verfolgen den Bach weiter hinein in den Berg. Der Rückweg zum Gîte de L’escapade war fantastisch. Um 19:00 Uhr war es noch hell, trotz der Uhrzeit. Wir konnten schöne Karstlandschaften in der tiefen Abendsonne beobachten.

Ostern Montag - Rückreise

Ostermontag ist in Deutschland und Frankreich auch Feiertag. Deshalb haben wir diesen Tag genutzt um die Sachen aufzuräumen, das Haus zu putzen und zurück zu reisen. Um ca. 18:00 waren wir wieder in Frankfurt. Das Wochenende war ausgezeichnet, ich bin dankbar. Alle Kollegen die mit im Jura waren, haben bei allen schwierigen Momenten ausgezeichnete Kompanie und Gemeinschaft gezeigt.

Viele Grüße, Mario


Forschung 2012

Die jährliche Forschungstour in den Loferer Schacht hatte ich nach dem Andrang 2011 vorsorglich mit 14 Teilnehmern angemeldet. Aus 12 engagierten Meldungen wurden durch die allgemeine Krise schnell nur noch 9 Forscher. Nach über 4 Wochen Vorbereitungen am Schreibtisch mit Planung, Einkäufen, Gruppeneinteilung, To-Do-Listen, etc., geht es Ende August endlich los.

Ron aus Kalifornien hole ich am Frankfurter Flughafen ab, Marvin sammelt Renato am Flughafen in München ein. Petr sagt überraschend den Treffpunkt am Fahrtag ab, die Arbeit ! Er will es aber bis Samstag Abend ins Camp schaffen. Radu sitzt im Bus von Rumänien nach Salzburg. Er kündigt sich nach 26 Std. Geschaukel für Sonntagnacht an. Nun denn, Fr. Peyerl in Lofer freut sich wie immer über die internationalen Höhlenforscher, denn 4 Nationen sind selten gleichzeitig im Haus.

Immerhin ist auf das Wetter Verlaß, es tröpfelt. Kathi stellt mittags auf der von-Schmidt-Zabierow Hütte die dampfenden Kaßpressknödel auf den Tisch und wir sind glücklich. Leider nicht lange, denn wir müssen wieder hinaus in den kalten Regen das Camp am Höhleneingang aufbauen. Mit nur 4 Personen ist das eine größere Herausforderung. Am Abend steht jedoch das nötigste Material bereit, der Kocher faucht und die Antennen stehen. Unser Höhlenfunksystem hat Anschluss an das Handynetz, allerdings lassen sich so trotzdem nicht alle Nachzügler orten. Uns zieht es später im Dunkeln zur Hütte, dabei läuft uns Petr in weglosem Karstgelände zufällig in die Arme. Radu meldet derweil den Grenzübertritt nach Österreich aus dem überfüllten Bus.

Am Sonntag 26.Aug. 2012 sind endlich Ron und Petr im Loferer Schacht um ein paar morsche Seile zu tauschen, während Renato und ich die Säcke für die Biwaks packen. Ein guter Plan lässt sich ändern ! Statt 3 Gruppen wird es nur ein Höhlenteam und ein Außenteam geben. Abends erscheint ein glücklicher Radu und berichtet von seiner abenteuerlichen Busfahrt, dem nächtlichen Autostopp und einsamen Wanderungen entlang der Saalach. Nun, das wäre einen eigenen Vortrag wert.

Am Montag rücken wir zu viert in die größte und längste Höhle in den Loferer Steinbergen ein. „Unsere“ Höhle ist schon über 10,5 km lang ! Wir wollen ca. 600 Höhenmeter hinunter in das gemütliche „Garten für die Harten“-Biwak steigen. Das gelingt uns auch in ca. 10 Stunden Abseilen und Klettern wie geplant. Ron ist Draußen glücklich über unsere Funkmeldungen, genießt das sonnige Wetter und leitet die Guten Wünsche der Höhlenfreunde aus aller Welt weiter.

Am Dienstag besuchen wir den riesigen Robert Z.-Schacht, den hatten 2011 Petr und Zdenek in den letzten Stunden angeforscht, er ist gigantisch. Mit unseren 1500 Lumen Super LED Strahlern und einer Filmleuchte verschaffen wir uns einen Überblick. Über eine schmale, sehr windige Spalte kommt man ca. 70m über dem Fußboden in das schwarze Nichts. Ein schmaler Sims erlaubt das Stehen, irgendwo gegenüber kommt Wasser vom „Himmel“. An Seilen inspizieren wir die Monsterhalle nach unten, es geht leider nicht weiter. Nach oben können wir eine Rampe ca. 15m aufklettern (gesichert), über eine Stufe geht es wohl um die Ecke weiter, doch meine Kletternerven sind etwas überlastet. Die Halle hat sicher weit über 100m Höhe und wir turnen da irgendwo oben herum. Sicherheit geht vor.

Zurück im Biwak wird ordentlich gekocht. Petr verschwindet zum Wasser holen, das ist eine wichtige, aber auch anstrengende Sache, welche wir uns nach der für Mittwoch geplanten langen Tour nicht mehr antun wollen. Wir stehen sogar ein wenig früher auf, um den zeitintensiven Weg ins „Waldstadion“- Biwak anzugehen. Unterwegs vermessen wir noch einen kurzen Abzweig ins Neuland, seilen einen kleine Stufe ab, doch stehen bald in einer Sackgasse. Das war zu Erwarten, doch man weiß in Höhlen nie was kommt, bevor man nicht wirklich dort war. Nach den üblichen Klettereien erreichen wir das Waldstadion und das vertraute, sehr zugige Biwak. Ein letztes Mal werfen wir hier den Kocher an, denn wir sind zum Aufräumen und Abbauen hergekommen. Die Gegend am südwestlichen Ende der Höhle ist ausgeforscht, schon 2011 haben wir keine richtige Fortsetzung mehr entdecken können, obwohl der kräftige Wind das Gegenteil verspricht, aber das Versprechen nicht hält (vorerst).

Nach zwei Stunden sind alle Hinterlassenschaften in 8 Schleifsäcken verschwunden, der ganze Platz ist sauber und geräumt. Wir treten mit je 2 Säcken behangen den „Heimweg“ an. Jetzt zeigt sich, daß wir ein echtes Team sind. Die 8 Säcke werden per Menschenkette durch und über alle Hindernisse weitergereicht, es geht gut voran. Im „Garten“ angekommen quillt das Funk-Postfach über -> Radu hat Geburtstag ! Wir rufen sofort den Partyservice aus Lofer. Ron und Mark (inzwischen angekommen) wollen Kuchen backen. Auf beides wollen wir nicht warten und machen sofort einen drauf. Allerdings wärmen wir doch bald unsere 1°C kalten Schlafsäcke.

Am Donnerstag soll nun endlich der Höhepunkt der Woche folgen, Durchbruch in „Sekt oder Selters“ steht im Plan. Da pfeift bei -735m der Wind durch die Blöcke. Petr drängelt schon beim Frühstück zum Aufbruch, die Benzinbohrmaschine ist längst im Sack und schließlich saust er mit Renato los. Radu und ich bleiben beim Abwasch zurück, packen die Verpflegung, das Vermessungszeug, sowie Film- und Fotoausrüstung für den langen Tag. Dann packt auch uns das Forschungsfieber. Nach 2 Stunden sind wir vor Ort, aus der mörderischen Engstelle klingt leises Rumoren, die Kollegen sind also bei der Arbeit. Wir machen uns bereit. Leider erscheint bald Renato mit einem sehr langen Gesicht, die Bohrmaschine streikt. Bald darauf poltert auch Petr in die Angströhre, die Felsen weichen zurück vor seinem Zorn – der Zahnriemen ist gerissen ! Das heißt ein weiteres Jahr geht es hier nicht weiter. Die Stimmung passt zur Lage im Berg – TIEFPUNKT.

Radu vermisst die neuen Meterchen, während Petr ein Beruhigungssüppchen aufsetzt. Leider brennt der Esbit nicht richtig und das Mittagsmahl bleibt höflich gesagt lau. Da wir nichts anderes zu Essen haben, pappt uns nun Glutamat zwischen den Zähnen, das ist doppelter Frust. Wie kann ich die Truppe nur aufmuntern ? Wie war das mit dem guten Plan -> lässt sich ändern. Da war doch noch ein unbefahrener Schacht in der Nähe ? Wir ziehen um. Zum Glück braucht es hier keine Bohrmaschine, aber die Spalte ist unten wirklich eng. Radu schafft es, ich ploppe hinterher in eine schöne kleine Halle ! Renato folgt neugierig geworden, Petr grummelt noch. Hey, es geht weiter, sogar in verschiedene Richtungen. Rasch teilen wir uns zu 2 und 2 auf, denn nun ist das Forschungsfieber zurück. Ich sehe wieder strahlende Gesichter. Der Laserstrahl des Vermessungsgerätes flitzt durch die unberührten Gänge, der Zeichenstift zaubert neue Karteteile. Ein Schacht lässt sich irgendwie umklettern, später dann ein Schrei von unten ! Messpunkt ! Hier war schon jemand ?? Ich grüble, ja ein uralter Messpunkt, das sehe ich an der Farbe. Der erreichte Mäandergang ist eindrucksvoll, das wird wohl „die Eroberung des Nutzlosen“ sein. Hier war ich vor 12 Jahren das letzte Mal. Wir haben eine neue Verbindung entdeckt, die Glutamat Connection !

Wunderbar zufrieden ziehen wir zum Biwak, machen gründlich Inventur, putzen sogar die Blöcke und räumen herum bis in die Nacht. Morgen geht es raus ! Sorgen bereitet der angekündigte Wettersturz, wir müssen unbedingt den Wasserschwall im Schacht abwarten. Nachts um zwei Uhr ändert sich endlich die Windrichtung im Biwak, draußen geht es nun richtig rund. Ich bedaure Mark und Ron im nassen, knatternden, rüttelnden Zelt. Nach meiner Erfahrung sollte der Wasserstand in ca. 10 Stunden an der Schlüsselstelle im Schacht wieder normal sein. Trotzdem sind Radu und Renato vor dem langen Aufstieg nervös. Doch es passt, vieles ist noch naß im Schacht, die Wassermenge aber wieder erträglich, sicher regnet es draußen. Unterwegs kochen wir eine Glutamat freie Mahlzeit, dann sind es noch 6 Stunden nach oben, stetig
gebremst von der nutzlosen 6kg Bohrmaschinenlast.

Ron und Mark bereiten uns im Höhleneingang einen triumphalen Empfang. Heiße Getränke sowie eine Creation von Tortellini an ausgesuchten Käsesoßen erquicken uns ungemein. Super, das sind echte Freunde. Vom Blick nach draußen können Sie uns so eine Stunde abhalten, dann aber sehen wir die weiße Bescherung. 15cm Neuschnee und schönster Pulverschnee rieselt vom Himmel. Wir wollten doch warm und trocken in der Hütte schlafen – und gute Pläne werden nicht geändert ! So gleicht der nächtliche Marsch einem Ballett auf Eiern, denn unterm Schnee lauert Eis. Doch die blauen Flecken lohnen sich, Kathi hat die Suppe auf dem Herd für uns bereitgestellt, der Tisch ist voller Leckereien und biegt sich vor Getränken. Um 24Uhr schnarcht die Hütte, doch wir schlemmen ! Wir bewundern und lieben diesen Service, DANKE !

Es folgt das übliche Aufräumen und Einmotten am Samstag. Dann ein Trompetensolo, ein Geburtstagsständchen und Tischfeuerwerk für einen völlig gerührten Radu. Die liebevoll hausgemachten Buchteln schmecken himmlisch, der Wein ist gut, whow, die Welt ist schön !

Text: Oliver Kube


Aktivitäten 2011

2011 war das Jahr der Höhle! Mehr geht nicht, es gab kilometerweise Neuland. Alle geplanten Fahrten in den Untergrund wurden durchgeführt, waren unfallfrei, erfolgreich und machen 2012 Lust auf mehr.

Das super trockene und sonnige Frühjahr ließ uns schon nervös auf Ostern schielen. Doch das Wetter hält, und wie! 2 Einsteiger und einige Veteranen bringen Sonnenbaden und Höhlenforschen professionell unter einen Hut. In der Grotte de Vielle Folle hatten wir allerdings ein Schwimmbassin geistig verdrängt. Dank hervorragender mentaler Einstellung hielt uns das winterkalte Eiswasser aber nicht lange auf, der Neo blieb im Auto trocken. Ganz real sorgte dann das erste Abseilen für ordentlich Puls. Die Grotte de Cavotte musste uns wieder ertragen und die Grotte de Saucisses machte Ihrem Namen Ehre. Unsere Ostertouren in den französischen Jura sind ja schon gute Tradition, so ist auch für 2012 das Lieblingsquartier schon reserviert.

Endlich konnten wir über Christi Himmelfahrt wieder an die Pegnitz fahren, die Familientour hat Ihre Anziehungskraft nicht verloren. Zelten, paddeln, chillen, grillen, federballen, Klettersteig und fränkische Kleinhöhlen ergeben ein perfektes langes Wochenende für alle.

Schon laufen die Planungen für Lofer wieder auf Hochtouren. Genehmigung einholen, Inventur aufarbeiten, Ausrüstung planen und einkaufen, Transport mit dem Hubschrauber abstimmen (Danke Marvin), Forscher sortieren, Flugzeiten abstimmen, … . Gut trainiert kommen wir zur Vortour Mitte Juli endlich nach Lofer, unserem langjährigen Forschungsgebiet. Diesmal kann ich unserer treuen Hüttenwirtin Kathi zwei echte Brasilianer vorstellen. Die Beiden forschen sonst am Rande des schwül-heißen Amazonas und sind von den steilen Bergen tief beeindruckt. Kein Wunder, dass die im Kristallcanyon verbliebenen Schnee- u. Eisreste psychologisch unüberwindbare Hindernisse darstellen und die Flucht angetreten wird. Allerdings schneit es inzwischen auch draußen ! Petr, Bernd, Renato und ich räumen also den Kristallcanyon alleine aus (ca. 1km lang, 403m tief), nehmen noch ein paar Restmeter Neuland auf und testen die neue Akku-Bohrmaschine. Wir finden Tony und Mario noch ziemlich aufgeregt in der Hütte vor, welche Sie nach Ihrer Schilderung ohne GPS in Wolken und Schneetreiben wohl nie wiedergefunden hätten. Als Belohnung gibt es Kaiserschmarrn, Buchteln und Kathi heizt die Hütte auf samba-gerechte 30°C auf (oder warn´s die vielen Weizenbiere ?).

Ende August treffen sagenhafte 12 Forscher für den Loferer Schacht zusammen. „GO FOR 10.000m“ ist das Motto der Kampagne. Und es klappt mit der internationalen Gruppe. Wieder gelingen zwei wesentliche Neuentdeckungen, davon im Nordosten um 700m Tiefe ein spektakulärer 68m Schacht mit Potenzial. Nach 5 Tagen ununterbrochener Forschung in der 1°C warmen Großhöhle sind wir sicher die 10km Gesamtlänge deutlich überschritten zu haben. Leider streikt die treue 1PS Benzinbohre an entscheidender Stelle und der Drang an die Sonne zu kommen wird übermächtig. Die Außencamp-Manager kämpften zwar mit gnadenloser Sonneneinstrahlung und hochsommerlicher Hitze, konnten in den Abendstunden aber doch noch den Reifhornwandfuß Schacht, die Reifhorngipfelhöhle und andere Löcher befahren und vermessen. Getreu dem Motto „Ein Mann, eine Bohre“ sind unsere neuen 1kg Akkubohrhämmerchen hier das richtige Werkzeug. Im Geröllfeld wurde Dank kurzer Hose und sensibler Kälterezeptoren in den Waden, der mächtig blasende ORO-Freezer entdeckt. Der verschüttete Eingang wurde in vielen Stunden zum Teil freigelegt, wobei die eiskalte Blasluft die Sache wirklich erschwert. Doch die Baustelle muss warten, denn der Wettergott war vom bunten Treiben unter der Solardusche auf 2200m offenbar erzürnt (nackte Männer) und schickte die bekannten Schneeschauer zur Mäßigung.

Etwas Schreibarbeit beschert uns die Einladung unsere Taten und Forschungsergebnisse in der Festschrift zum 100 jährigen Bestehen des Salzburger Höhlenvereins zu veröffentlichen. Ein wunderbarer Band dieser weltweit geachteten Institution, thront nun mit den jüngsten Erkenntnissen der aktiven Forschergemeinde in unseren Bücherregalen. Was man nicht noch alles tun könnte … .

Anfang Oktober sind wir schon wieder in Lofer vor Ort, die Kreuzhöhle muss länger werden. Mit 150m Seil und 20 Ankern rücken Petr, Renato und ich bis zum offenen Ende bei -200m vor. Wir finden die „Sintersause“, wobei wir die letzten Seilmeter bis auf ca. -280m vor einen windigen 30m Schacht dehnen. Vollkommen glücklich drehen wir um, „wegen Materialmangel“ wie es so schön heißt. Kathi ist sehr zufrieden mit uns, denn die Dauergäste kommen ja sicher wieder !

Zu einem weiteren Höhepunkt des Höhlenjahres hatte ich schon früh eingeladen. Die Traverse de Verneau (Mont-Blanc für Höhlenforscher) nahmen wir Ende Oktober in 4 Tagen in Angriff. Hier kann man unterirdisch einen großen Teil eines mächtigen Höhlensystems durchqueren, ober rein, unten raus, falls man weiß wie ! Und wieder hatten wir Glück, es hat funktioniert.

Nach Auswertung aller Daten haben wir 2011 in Sektionsfahrten 1094 Meter neue Welt dokumentiert, dabei bleibt der Loferer Schacht mit 10.449 Metern das Maß aller Dinge im Loferer Steinberg. Die Weltreisenden berichten von Höhlen auf Island, La Palma, den Azoren und in Ost-Indien.

Text und Fotos: Oliver Kube


Forschung 2011

Gemeinsam mit Zdenek fahren wir, von der Expedition in Montenegro kommend, durch Südeuropa und am Freitag früh, den 28.08.2012 stehen wir endlich mit den anderen im Loferer Hochtal. Danach gehen wir den bekannten Weg zur Schmidt-Zabirow-Hütte und weiter zur Höhle.

Am Tag darauf packen wir das Material für den mehrtägigen Aufenthalt in der Höhle und brechen zum Biwak "Garten für die Harten" auf. Nach ca. siebenstündingem Weg mit Seiltausch und Seilkontrolle, stehen wir endlich in unserem geliebten Biwak. Loia, Berndt und Timo gehen am nächsten Tag zum Biwak ins Waldstadion, Renato, Ricardo und Pedro bilden gemeinsam mit uns das Tiefenteam.

Montags brechen wir zu unserem traditionellen Arbeitsplatz in der Tiefe -750 m, "Sekt oder Selters", auf. Im eiskalten Luftzug zerlegen wir geduldig den Versturz, aber diesmal ist der schlecht funktionierenden Bohrmaschine, was uns am weiteren Vorstoß hindert. Wir kehren zurück und fotografieren Teile des Tiroler Tunnels und Zdenek baut den Schacht fürs Wasserschöpfen um.

Am nächsten Tag knüpfen wir an unsere Ergebnisse der vorigen Jahre an und suchen im oberen Teil des Jackpots nach einem starkem Luftzug, der weitere Forschungsmöglichkeiten zeigt. Nach ca. 5 m Klettern über den schon früher erforschten Schacht P8, läuft der Schacht fließend im einen engen Mäander mit Pisoliten an der Wänden über. Nach der Entfernung der schärfsten Vorsprünge und verklemmter Steine im Mäander stehen wir an der Schwelle eines kolossalen Schachts, der vielleicht nur mit dem Stairway to Heaven vergleichbar ist. Für diesen riesiges Schacht haben wir kein Material mehr. Deshalb gehen Zdenek zum Mechovy Mäander und ich zum Stairway to Heaven, um ein paar Seile abzubauen.

Am Mitwoch begehen wir den "Basileos", die größte Halle in ganzem System des Loferer Schachts, fotografieren und folgen den neu entdeckten Teilen, die im Jackpot beginnen. Wir vermessen den Mäander mit den Pisoliten und nach ca. einer Stunde Arbeit stehen wir am Rande des Schacht, der nach unserem nicht mehr lebenden Kameraden und Höhlenforscher R. Zidlicky benannt wurde. Nach einer Weile rattert unsere Bohrmaschiene in Zdeneks Händen, wir richten den schrägen P 68 ein und vermessen damit den zweittiefsten Schacht im System Loferer Schacht. Wir suchen auf dem Boden nach der weiteren Fortsetzungen, die einzige Möglichkeit finden wir auf dem Boden zwischen den verklemmten Blöcken. Der nächste Vorstoß wäre möglich, es ist aber nötig die ineinander verklemmten Blöcke in der Engstelle zu entfernen..

Donnerstags vermessen wir die Abzweigungen in der Basileos Halle, die Renato und seine Gruppe entdeckt hat. Es handelt sich um aktive mit Wasser durchflossene Räume, schräge oder vertikale, die ca. nach Süden und nach Westen zeigen und in schwer erreichbaren Engstellen enden.

Freitag Vormittag brechen wir zur Oberfläche auf. Hinter Biwak 1 zerfällt mein Brustgurt, was meinen Fortschritt ein bißchen langsam macht, aber am Abend nach fast 120 Stunden in der Höhle trinke ich heißen Tee und beobachte fantastische Wolkengruppen.

Am Samstag packen wir das Material ein und ziehen zur Schmidt-Zabirow-Hütte, verabschieden uns und jeder fährt in eine andere Ecke Europas.

Text und Fotos: Petr Caslavsky


Aktivitäten 2010

Die erste 5-Sternefahrt ging nach der Fledermausruhe …, ja muss ich denn überhaupt noch berichten (?) …., natürlich in den französischen Jura. Unser Lieblingsquartier wurde mit 8 Höhlenforschern bevölkert. Uli war das erste mal im ewigen Dunkel, durfte Tropfsteine anfassen und auf eigenen Wunsch einen 45m Schacht befahren (erfolgreich u. problemlos!). Ich glaube diese Erfahrungen in der Grotte / Gouffre de Vaux sind bleibende Erinnerungen. Die sportive Tour für die Cracks im Gouffre de Vauvaugier endete mit einer sehr nasskalten Überraschung. Ein nie gesehener Wasserfall am Ausgang kündete vom Wettersturz. Wegen des folgenden Monsterhochwassers der Loue, blieben auch die mitgebrachten Kajaks besser im Trockenen. Statt dessen sind wir durch die mit tosendem Wasser randvolle Schlucht bis zur Louequelle gewandert, selbstverständlich nicht ohne in 3 am Wegesrand gelegene Höhlen „einzukehren“.

Vielleicht erinnert sich noch jemand an den Vulkanausbruch auf Island und die fliegerfreie ruhige Zeit. Wir wollten doch unbedingt nach Portugal! Mit Glück hat es gerade noch geklappt und es war wunderbar, sagenhaft. Renato und seine portugiesischen Freunde zeigten uns Ihre Lieblingsgebiete und nicht nur die klassischen Höhlen. So sieht die über der donnernden Brandung des Atlantik, in der Steilküste gelegene, sehenswerte Grutta da Meijo nicht häufig Gäste. Caving am Cliff, das ist einmalig schön. Weiter ging es in die ausgedehnten Olivenbaumplantagen ca. 100km nördlich von Lissabon. Riesige Poljen beherbergen erstaunliche Tropfsteinhöhlen und sehr farbfreudigen Lehm. Sicher waren wir nicht das letzte Mal dort.

An Fronleichnam wurden wir bei der Familientour unserem schönen Campingplatz an der Pegnitz untreu. Das durften wir auf einer nassen, matschigen Erdwiese in der Nähe der Wisent gleich bitter ausbaden. Fränkische Höhlenruinen, Kletterfelsen und der Bolzplatz waren aber in Ordnung. In Vorbereitung auf die WM spielten dort jeweils mindestens 3 Mannschaften auf ein Tor. Nach dem Entzünden der Lagerfeuer stand es 3:5:2?

Schon reisten einige Leser im Juni nach Lofer, in unser traditionelles Forschungsgebiet in den Loferer Steinbergen. Kathi unsere phänomenale Hüttenwirtin konnte Wetter und Hubschrauber passend für uns terminieren. Wären wir nicht so begriffstutzig gewesen, wäre nicht nur die Ausrüstung in 2 Minuten zur Hütte geflogen. Nun ja, so haben wir Aufstieg trainiert. Radu unser neuer Mann aus Rumänien wurde beschnüffelt und gleich im Kristallcanyon getestet. Dort haben wir unter sehr nassen Bedingungen unser neues 3-dimensional arbeitendes Laservermessungsgerät samt Bluetooth Communication zum PDA erprobt. In der 3-Schächtehalle und im Bassemoluff wurde Neuland entdeckt und dokumentiert. Erstmals seit mehr als 20 Jahren durften wir auch in die Prax Eishöhle einfahren, gerade noch rechtzeitig bevor die Klimaerwärmung das letzte Eis dahinrafft. Trotzdem noch eine sehr eindrucksvolle Tour.

Nach einem Sommerferienschlenker auch durch isländische Lavatubes, trifft sich die inzwischen internationale Frankfurter Höhlengemeinde Ende August am Loferer Schacht, der tiefsten und längsten Höhle in den Loferer Steinbergen. „Unsere“ Höhle soll noch länger werden. Renato, Pedro und Timo bringen noch Hitze von einem Feldstudium mit Höhlen aus Angola mit. Radu ist aus dem aufgeheizten Bukarest eingetroffen. Bernd und Petr inzwischen aus Tschechien, sowie Marvin, Mark und ich, gehören ohnehin zum Inventar. Die 10.000m Gesamtlänge verpassen wir knapp, trotzdem ging und geht es noch weiter. Hey, 2011 wollen wir den Durchbruch sehen.

Zum Hüttenschluss am 3.Okt. verbringen wir 2 erfolgreiche Tage in der Kreuzhöhle (Lofer, wo sonst). Renato und ich können 209m neue Passagen entdecken und vermessen. Das dunkle Ende wartet auf 2011, da ist noch viel Luft.

Eigentlich sollten wir nun Inventur machen, Höhlenpläne zeichnen, Berichte schreiben, … , doch es zieht uns zum Kontakte pflegen wieder in den Jura. Dagmar versammelt 14 Höhlenforscher in Amanthey und lässt es allen gut gehen. Die Höhlenklassiker wie die Bief Bousset und der Gouffre de Jerusalem werden bevölkert und einige Staustrecken eingerichtet. Neue Pläne für 2011 werden geschmiedet – Höhlen in den Pyrenäen, Indien, Cantabrien, Angola, Traversen in Frankreich, Lavahöhlen auf Island …

Sankt Barbara 2010: Minus 9°C, Schnee, Dunkelheit bis in den tiefen Morgen. 5 müde, vermummte Gesellen schälen sich im westlichen Thüringen aus 2 überheizten Fahrzeugen. Oben drauf warten eisverkrustete Stahlrohrrahmen mit schwarzen Hartgummiringen. Der Experte erkennt darin Fahrräder. Doch was wollen Bernd, Bino, Ralf, Mac und Oli von der Höhlengruppe damit anfangen? Des Rätsels Lösung zeigt sich im Hintergrund, ein Förderturm des Salzbergwerkes in Merkers. Nach Erhalt der Fahrmarke für den mehrstöckigen Förderkorb werden die Fahrräder und wir mit 25 anderen zitternden und bibbernden Enthusiasten eingeladen und auf 506m Teufe abgelassen. Eine Temperaturdifferenz von 32°C in 50 Sekunden gilt es dabei zu verdauen. Schon sind wir 262m unter dem Meeresspiegel. Bei nun 23°C tauen unsere Fahrgeräte und wir langsam auf. Während wir uns sommerlich einkleiden, die Lichter an Rädern und Helmen einsatzbereit gemacht werden, gibt es die letzten Anweisungen und Erläuterungen für die weitgehend unbeleuchtete 15 km Strecke. Schließlich geht es eine längere kurvige Strecke mit 17% Gefälle hinunter bis zu unserem absoluten Tiefpunkt auf 503m unter NN. Keiner von uns Höhlenforschern ist jemals absolut so tief gewesen, Rekord für die Höhlengruppe.

Text: Oliver Kube


Forschung 2010

International Caving in Loferer Schacht 2010

Olá cameradas - mein Name ist Renato. Als Portugiese lebe ich nach eini

gen Jahren in der Schweiz und Deutschland nun in den Niederlanden. Trotzdem bin ich Mitglied in der Sektion Frankfurt, vor allem wegen der sagenhaften Höhlengruppe. Im vergangenen August hat die jährliche Tour in den Loferer Schacht stattgefunden. Unter die Leitung der Frankfurter DAV Höhlengruppe haben dieses Jahr deutsche, tschechische, portugiesische und rumänische Forscher eine Gesamtlänge von 9893,67m erreicht. Verwehrt blieb uns noch der Durchbruch nach Tirol mit dem ersehnten Glocknerblick, unserem vermutlichen Hinterausgang. Nun ja, da wird 2011 wohl der Jahr der runde Zahlen : -1.000m Tiefe, oder 10.000m Gesamtlänge ?

Könnte die Motivation der Mannschaft noch größer sein? Ein herzhaftes Frühstück - vollkommen mit frischem Milch und hausgemachter Marmelade - macht es möglich. Herrliche Bergkost! Leider werden die Rücksäcke dadurch nicht leichter... Mit 25kg jeweils, trotz Zurücklassung von entbehrliche Artikeln und freundlicher Unterstützung der Tragehelfer, beginnt der Aufstieg erst um 10 Uhr. Starker Regen in dieser Saison hat die Eisfelder am Außenlager beinah vollständig abgeschmolzen. Der Zugang zur Höhle ist durch eine tiefe Mulde wegen des Altschneemangels erschwert. Vom guten Wetter verwöhnt, schlafen Oli und Petr unter den strahlender Mond; die Portugiesen bleiben sicherheitshalber im Zelt.

Sobald die Sonne über das Ochsenhorn steigt, wird es sommerlich heiß im Lager - wer will da noch ein dickes Unterschlaz anziehen? Die Vorbereitungen sind im vollen Schwung, als Radu, Mark und Marvin eintreffen. Unser Genosse Bernd wird dieser Jahr verletzungsbedingt nicht hinunter ins Biwak kommen, bleibt jedoch nicht fern und begrüßt uns am Lager. Er verspricht sofort hinzu zu eilen, falls auch nur ein Finger in Tirol ans Tageslicht kommt ! Es ist bereits 15 Uhr als das blaue Team mit Pedro, Timóteo und Renato als erstes loszieht. Heute Abend sollen Sie im Garten-für-die-Harten Biwak schlafen, der Vorstoß in die Südautobahn ist das Ziel. Das rote Team folgt kurz danach. Oli, Petr, Mark und mit der Videokamera bewaffnet: Radu. Nach Plan werden sich die beiden Mannschaften erst am Donnerstag wieder sehen. Das blaue Team macht Pause im Terminal 1-Biwak, es ist Teatime (eine portugiesische Sitte). Wie sich herausstellt ist Spülmittel jedoch nicht als Brennstoff geeignet - aber die Flasche gleich gefärbt! Der Loferer Schacht ist bisher weitgehend trocken, die üblichen Gerinne lassen sich auch nicht hören. In engen Mäandern wird schnell eine Schleifsackförderkette aufgebaut - mit drei Personen lässt sich so die Querung zügig erledigen. Noch vor dem Garten-für-die-Harten müssen Seile ausgetauscht werden, dabei lassen schon langsam die Kräfte nach. Den Garten-für-die-Harten betreten wir schließlich um 1 Uhr nachts. Extrem zugig ist es im Biwak, die gefühlte Temperatur sinkt locker unter Null. Wer trotz dröhnendem Wasser schlafen kann, dem steht Zdeneks Schlafnische zu - hier dringt der Wind nicht ein, dafür ist es laut. Wer es still mag, der liegt 50m weiter in der kalten Zugluft.

Vom Garten-für-die-Harten zum Waldstadion-Biwak. Um 13 Uhr fängt die Quälerei an. Fünf beladene Schleifsäcke und ein strategisch leicht nur mit Schlafsäcken gestopfter Sack durch schlängelnde Gänge zu tragen ist kein Kinderspiel. Draußen hat der Regen angefangen - auch im trockenste Teil der Höhle ist das nicht schwer zu deuten. Das blaue Team erreicht sein künftiges Zuhause im Waldstadion um 18:30 Uhr. Oli und das rote Team sind schon seit 16:30 Uhr im Garten-für-die-Harten. Der durch Cavelink ermöglichte Funkverkehr wirkt sehr beruhigend. Mit erfinderischem Geist und mehreren Malerabdeckplanen richten sich die Forscher häuslich ein. Küche und zwei winddichte Schlafkammern gehören jetzt zur Ausstattung des Biwaks. Für das nächste Jahr ist ein drittes Gastzimmer geplant.

Die Höhlenwind weht kräftig durch das Biwak; nur in die Küche findet man Schutz. Oli und die Roten sind schon seit 7 Uhr unterwegs, bei den Portugiesen findet das Frühaufstehen wenige Anhänger. Erst um 13 Uhr ist der Aufbruch. Auf dem Weg zur Südautobahn wird ein neuer Seitengang entdeckt - er wird am nächsten Tag vermessen. Künstlerisches Klettern durch Timóteo und neues Seil, machen ausgesetzte Strecken angenehm sicher. Der krönende Abschluss folgt am Ende des Ganges. 50m Sportklettern an vertikaler Wand. Ganz oben wird feines Geröll und schwarze Erde entdeckt, kann die Oberfläche so nahe sein? Das Begehen des Ganges von unten ist zu gefährlich, wir sind frustriert. Wir vermessen und stellen später im Biwak fest, dass der elektronische Kompass noch auf die letzte Tour in Angola kalibriert ist (Südhalbkugel!). Dann lässt sich als alle unten sind das Seil nicht abziehen und Timóteo muss noch einmal seilfrei hoch und runter. Wir trösten uns mit der Feststellung, dass sonst alleine ein Ereignis genügt, um einen Tag zu versauen. Als Ausgleich gelingt am späten Abend noch die Neuentdeckung höher gelegener Gänge. Es ist Mitternacht als wir wieder im Waldstadion einlaufen. Über Cavelink erfahren wir von den Fortschritten im Jackpot, und Kathi meldet Schönwetter ab Donnerstag. Manche träumen bald von Kaiserschmarrn, andere lassen es rasch schnarr'n...

Der Glocknerblick wird wohl erst in 2011 entdeckt, helaas. Keine Sorge, mit Oli und der Höhlengruppe ist auch Schmuddelwetter eine Freude! Heute ist Vermessung und Kletterei angesagt, man muss sich ja sein Käsebrot verdienen (Mineralwasser ist immer frei). Ab 12 Uhr werden die neuentdeckte Seitengänge vermessen. Eine vielversprechende Röhre verschwindet etwa 20m nach dem Anfang im Sediment. Eine zum Hauptgang parallel laufende Galerie, kann weiter verfolgt werden. Hochgefühl, Glückauf, Sportklettern im Gummistiefeln sorgt für spannende Momente trotz kalte Füße: 25m hinauf bis in ein riesen Saal, hier könnte ein LKW parken. Timóteos eigengefertigter Spezialakkupack wird hier getestet. Die vollständig elektronisch gestützte Vermessung funktioniert neu kalibriert wieder reibungslos (Nordhalbkugel!). Um 21 Uhr gibt es karge Höhlenforscherkost. Das Tagesgericht? - Eiernudeln mit Sahne und Leberkäs, mit allerliebste Röstzwiebeln und Surrogatparmeggiano. Doch zum dritten Mal muss der Benzinkocher auseinandergenommen und entrußt werden – gibt es Gammelbenzin?

Heute wird mit großen Platzgewinn der Müll zusammengedrückt und eingepackt. Das Biwak wird dicht gemacht. Um 12 Uhr brechen wir mit vier Schleifsäcken auf. Nach einrm zu schnell kalt werdende Tee im Garten-für-die-Harten, steht uns nun das senkrechte 600 Höhenmeter Aufstieg bevor. Die wenigen Tropfen am Sonntag haben sich jetzt in mäßigen Regen im Schacht gewandelt. Oli und die Suppe konnte man zwar nicht sehen, dank des Winds aber auf 1 Stunde Entfernung riechen! (nur die Suppe). Oli und Petr haben bereits eine Party vorbereitet als wir im Terminal 1-Biwak eintreffen. Radu und Mark sind bereits auf dem Weg nach draußen.

Terminal 1 Ade! Um Punkt 7 Uhr morgens hängt Oli im Seil, Petr und die treue Benzinbohrmaschine folgen. Team Blau fährt um 9 Uhr ab. Die 435 Höhenmeter zwischen uns und der Oberfläche sind gleichzeitig Freude und Leid. Um den Anstrengungen vorerst zu entgehen wird überlegt, ob man nicht unten bleiben möchte...? Bald klagt der Vorsteiger beim Aufstieg über den Geruch des Letzten, hoppla, der Höhlenwind hat sich umgekehrt. Die Wetterbedingungen an der Oberfläche sind wohl nicht die günstigsten. Ausgerechnet in der einzigen Stelle, wo ein Forscher am Seil dem Wasser nicht ausweichen kann, wächst das Rauschen des Wassers zum Dröhnen, ein Wasserschwall! Unter lautem Geschrei eilt die Mannschaft an einen albwegs trockenen Fleck - und damit in Sicherheit. Um 13 Uhr hat der Regen eingesetzt, er wird 30 Stunden andauern ! Ernsthaft wird über die Entscheidung beraten zurück zum Biwak zu gehen, oder weiter zu steigen. Da der Weg es erlaubt, steigen wir von Gischt gekühlt, aber sicher weiter. Um 17 Uhr schließlich grüßt uns ein extrastarker Regenschauer vor dem Höhlenportal. Nässer kann man ohnehin nichts mehr werden. Bald zieht es die Forscher zur Hütte, es lockt der Kaiserschmarrn - mit Rosinen, bitte.

Das Außenlager wird geräumt. Bald wird das Eis die Eingänge des Loferer Schacht erneut verschließen, bis zum nächsten Sommer.

Text: Renato Serodio, Fotos: Oliver Kube

Mit freundlicher Unterstützung der Österreichische Bundesforste AG


Forschung 2009

International Caving in Loferer Schacht 2009

Multi-Kulti mit der Höhlengruppe der Sektion Frankfurt. Wer schon immer gerne mal multilingual unterwegs sein möchte, ist bei uns bestens aufgehoben. Im August 2009 konnten wir wieder unsere jährliche, einwöchige Forschungstour in den Loferer Schacht unternehmen.

Os espeleólogos do CEAE participaram em duas das três equipas de exploração com objectivos de exploração e topografia de novas zonas da cavidade, desobstrução e substituição e instalação de novo equipamento, bem como recolha de imagens de vídeo da expedição. Estes permaneceram na cavidade entre os dias 9 e 14 de Agosto, instalados em dois bivaques localizados às profundidades de -580m (Garten für die Harten) e -450m (Waldstadion). Uma equipa de apoio permaneceu à superfície junto da entrada da gruta, a 2200m de altitude.

Jak vetšinou ctenári vedí, setkává se v pátek v Loferer Hochtal elita evropské badatelské scény. Ve svetle celovek je rychle vyzunknuto jedno pivko.

Thanks to this friendly wake-up call, delivered in broad local slang, we had an early start into the sunny day. Looking on the bright side, this was an improvement over the usual soggy start in pouring rain. We sorted the food for a week and gear in the parking lot and packed our ridiculously large backpacks. Oli checked each load and redistributed some of the weight to lighter daypacks, or stronger backs. Our compact portuguese friends, weighting in at 60kg, would have a hard time with these 30kg packs.

O peso das mochilas faz-se sentir desde o primeiro passo. O caminho íngreme montanha acima faz-nos pensar numa dura ida a Fátima. Pausa na primeira fonte, outra na seguinte, para apreciar a maravilhosa vista, e logo outras paragens - a força desaparecia com a altura. Perdemos os outros de vista nos ziguezagues - Checos bem à frente, os alemães depois, estão bem habituados a estas andanças. Na cabana von Schmidt-Zabierow estamos de novo reunidos, apreciamos a cerveja.

Von der Vortour war noch Material (= weitere Lasten) an der Hütte aufzunehmen, doch wohin und wer soll das noch schleppen? Zu unserem Glück erscheint ein ausgeruhter Robert als Tragehelfer genau zum richtigen Zeitpunkt. Begeistert von der Sache lässt er die überzähligen Päckchen in seinen großen Rucksack verschwinden.

Oli delí skupiny : modrá grupa nazvaná „Výmena“ a „Film“. Loia, Renato und Oli budou menit 10 let stará lana a kotvení a dále natocí film o jeskyni. Pritom prenocují v bivaku 1. Cervená grupa s názvem „Yes we can“. Její clenové jsou Bernd, Timo und Pedro, ti budou na dva dny zataženi do výzkumu na Waldstadionu. Cerná skupina s názvem „Blow“ bude rozebírat zával v partiích Sekt oder Selters a prípadne se pokusí o další prunik. Bydlet budou na bivaku Garten für die Harten.

Marvin gibt den Campmanager im Außenbiwak. Dagmar wird im Lauf der Woche dazustoßen. Er kümmert sich sogleich um unsere Schweizer Funkanlage (Cavelink), mit welcher wir bis zu 800m per SMS durch soliden Fels kommunizieren können. In all dem üblichen Auspackchaos finde ich schon längst im Müll geglaubte durchlöcherte Transportsäcke wieder, die wurden wohl wieder von der Hütte zur Höhle getragen, aber leider keine Bohrmaschine. Ohne unsere gute Bohre kann die schwarze Gruppe nicht arbeiten, wo ist das Ding nur? Mitten im Gewimmel stoppt ein heftiger Begrüßungsregen unseren Campaufbau. Nach einer Stunde Warterei zusammengekauert unter einer Plane, stellen wir rasch ein nasses Zelt auf.

Both the sun and our good mood had returned by next morning. It was time to organise our trip down to Middle Earth. Oli and Petr finally managed to find the drill buried in the far back of a storage room in the alpine hut, one hour away from our camp site. The black twins started first, than the red explorers and finally the blue hero film team. Things ran smoothly, rope, explorers and bivouacs were in good shape. Well after midnight, the sound of snoring reverberated around the cave.

A equipa vermelha, após pernoita no Terminal 1 (1º bivaque), encontrava-se a ultimar os preparativos para a descida até ao Garten. Esperava-nos uma grande sequência de poços com água que teríamos de evitar, mas mal tomámos a iniciativa de partir, um estrondoso roncar de águas foi aumentado de volume. Era a indicação que se tinha abatido uma tempestade à superfície e só eram necessários cinco minutos para que uma forte massa de água atingisse esta profundidade. Esperámos duas longas horas para senti-la a diminuir e só então, sempre alertas, conseguimos vencer a descida até ao 2º bivaque. Filmaram-se algumas cenas de grande impacto; a comunicação entre o cineasta e o actor, difícil, face ao clamor das águas.

Terça-feira: na sequência de mais trabalhos de troca de cabos, penetrámos até à parte mais fóssil da gruta, com tempo para um jantar com a equipa Azul no Waldstadion. Outros trabalhos de troca - desta vez da memória do Datalogger - levaram-nos no dia seguinte à Stairway to Heaven, que abriga as únicas formações calcíticas desta gruta. No dia 13, depois de dias em auto-suficiência, de muito frio nos pés e de cheirinhos entranhados nos corpos, a minha equipa deu inicio à subida. Um dia inteiro de enorme esforço para vencer uma interminável sequência de poços tecnicamente muito difíceis, até que finalmente se alcançou a luz do dia.

Skupina „Blow“. První dva dny byla naše pozornost soustredena na spodní cásti jeskyne, v oblasti Minas Tirith, tedy na prekonání závalu v Sekt oder Selters. Postupne uvolnujeme menší kameny závalu, ze kterých v nevelké prostore pred závalem zakládáme menší zídku. Postupne pronikáme do nitra závalu. Skrz vzprícené bloky je videt zacátek jakési vetší prostory. Další postup je docela dobre možný, a vlastne stací rozšírit již zmínenou pasáž. Jako nejbližší další exploracní cíl se jevil jeden z komínu v dómu Minas Tirith. Jedná se o cca 25 m vysokou prostoru, s mírným náznakem dalšího pokracování v horní cásti, bez jakéhokoliv pruvanu. Další postup je možný spíše s použitím vetšího množství nýtu. Poslední den našeho pusobení v L.S. jsme se venovali výzkumu cástí navazujících na výrazne stoupající prostory Jackpotu, který byl objeven v r. 2003. Tyto nove objevené prostory byly nazvány Mechovým meandrem, podle pizolitu na stenách pripomínající mech. V posledních hodinách výzkumu byla v horních partiích Mechového meandru Zdenkem odkryta obrovská prostora nazvaná dle byzantského panovníka Bazileos.

Die rote Gruppe erreicht am Montag das Waldstadion in der großen Horizontaletage im Südwesten des Loferer Schachtes. Hier befindet man sich ganz in der Nähe der Außenwand des Reifhorns. Der Weg nach draußen ist unser Ziel. Am Dienstag folgen wir der Südwest-Autobahn bis zum letzten Messpunkt aus 2008, dem Punkt 35. Dort klettern wir steil über riesige geborstene Blöcke und Wände empor. Oben geht es wie erhofft weiter. Die Passagen werden eingemessen bis es entweder zu eng oder zu gefährlich zum klettern wird. Hier ist alles extrabrüchig. Abends kommt Besuch, das Filmteam ist neugierig herbeigeeilt. Wir machen Party, doch Pedro peinigen starke Zahnschmerzen. Am Mittwoch entdecken wir auf der nördlichen Seite einen Durchschlupf im Steingarten, welcher als prima Abkürzung von hinten in den OKD-Gang führt. Das spart leicht eine Stunde Kletterei. Ein großer Schacht bringt einen statt hinaus in die Sonne, noch weiter in die Tiefe. Neue Möglichkeiten in einer riesigen schrägen Spalte tun sich dort auf. Am Donnerstag verfolgen wir den Höhlenwind in der Autobahn. Einige neue, kurze, abzweigende Gänge werden entdeckt und virtuos erklettert, doch noch immer bleibt uns der Glocknerblick (unser ersehnter Hinterausgang) verborgen.

On thursday afternoon, Oli popped out of the snow near the tent and immediately started to organise a smoke tracing. Bernd and the red group had the job of igniting smoke powder (used by fire fighters for training) deep in the cave, with the hope that we would then spot the smoke coming out of a long-sought lower entrance far down on the south side of the mountain. After some coordination via radio, Marvin, Dagmar and Oli climbed to their spotting areas to wait for signs of smoke. Unfortunately, a fast moving thunderstorm soon dashed our hopes.

Marvin hatte viel zu erzählen und ein perfektes Lager vorzuweisen. Die Funkstation war wegen heftiger Gewittersturzfluten mit extrastarken Böen zeitweise komplett abgesoffen. Am Freitag stellte sich auch noch ein Softwarefehler in unserem SMS-System heraus. Doch inzwischen waren alle unterwegs auf dem Weg nach Draußen. Über den Tag konnten wir in der Sonne beginnen die Sachen zu trocknen, die Materialtonnen ausputzen, einige jahrelang abgelaufene Lebensmittel entsorgen und endlich wieder eine solide Basisinventur durchführen. Nach Zdenek und Petr kommen in der Nacht nicht ganz überraschend auch noch Bernd, Pedro und Timo ziemlich abgekämpft, aber überglücklich aus der Höhle.

Text: Oliver Kube mit freundlicher Unterstützung von Shary, Renato, Petr, Hilary

 

Doppelvorstoß, 2+2=4

In der Nacht zum 3. Juli war wieder emsiges Treiben im Loferer Hochtal zu beobachten. Höhlenforscher aus Nah und vor allem Fern, wollten endlich wieder Neuland machen. Die üppig herangekarrten Vorräte und das neue notwendige Material forderte ganze Trägerkolonnen. Doch Dank sehr guter Beziehungen zu Kathi, der sagenhaften Hüttenwirtin auf der 110 jährigen Schmidt-Zabierow-Hütte, beförderte diesmal der Hubschrauber die Lasten nach oben. Schwupps, in 2 Minuten 1200 Höhenmeter, daran kann man sich gewöhnen. Aus Trainingsgründen liefen wir natürlich. Noch am Freitag flitzten Petr und Zdenek in die 200m tiefe Kreuzhöhle um dem Block des Pharao auf den Leib zu rücken. All die anderen Forscher transportierten jede Menge Seil und Ankermaterial zum Kristallcanyon, auch da wartete ganz unten noch ein angefangener Schacht.

Am Samstag, 4. Juli gehen wir dann getrennte Wege. Petr und Zdenek arbeiten in der Kreuzhöhle, Bernd und Simon (aus London angereist) machen hier den Transport und eine Besichtigungstour. Shary und Honza pflegen sich in der Bergsonne. Der Kristallcanyon sieht Andreas, Marvin, Stefan und mich anrücken. Hier liegt im Canyon unter dem Eingang wenig Schnee, der ansonsten eingeeiste Klemmblock sieht irgendwie wackelig aus. Im 91m Schacht in den Heldendom gibt es ein paar Probleme, worauf Stefan den Rückzug wählt. Der nächste Rückschlag erwartet uns an unserer Messstation. Beim Tausch des Speicherbausteins in unserem Datenlogger fällt mir auf, dass eine Batterie aus der Halterung gesprungen war. Und zwar schon 2008. Das bedeutet wir haben 1 Jahr lang keine Daten über Wind, Temperatur und Luftdruck aufgezeichnet. Hightech ist eben ohne Lowtech nichts wert.

Etwas enttäuscht geht es weiter unter die Bassemoluff-Halle. Hier seilen wir mit 160m Seil ins Unbekannte ab. Mächtig rauscht das Wasser und bald bin ich klitschnass, vom oberirdischen Schmelzwasser wohlgemerkt. Adrenalin und sportliche Betätigung beim Speed-Dübeln helfen hier ohne Zweifel, schließlich ist viel schwarze Luft unter den Sohlen. Doch nicht nur mein Eifer lässt am Ende des 100m Seils in einem größeren Schachtraum kältebedingt rapide nach. Wir machen noch 3 mögliche Fortsetzungen nach unten aus, dann zieht es uns einstimmig zu den heißen Kaspressknödeln auf die Hütte. Leider dauert das von ca. minus 300 Metern noch locker 3 Stunden. Natürlich gelangen wir im Dunkeln zur Hütte, entdecken auf dem Weg noch ein Lichtchen überfälliger Kletterer auf dem Breithorn und sehen endlich die Strahler von Petr und Zdenek gegen Mitternacht am Horizont. Vom Warteplatz an der Hüttentür nehme ich noch den „Durchbruch am Pharaonenblock“ mit in meine Träume.

Am Sonntag tauschen wir die Höhlen. Petr, Zdenek, Bernd und Honza sind neugierig auf die Tiefen des Kristallcanyons. Andreas und ich wollen hinter den berühmten Block. Nach 3 Stunden in der Kreuzhöhle schlüpfen wir, na ja, pressen wir uns 3m am Block vorbei in die folgende, na logisch, Grabkammer. Zum Glück geht es hier dem Wind nach weiter. Eine Kletterstelle führt in einen fossilen, klassischen Mäander hinab, darin etwas Zick-Zack entlang und schon rauscht es wieder verdächtig. Eine große Schachtzone mit reichlich Wasser verlegt den Vorstoß. Links hinab lande ich am provisorisch befestigten Seil in heftigem Tropfwasser, worauf ich heute nicht schon wieder Lust habe. An der rechten Schachtkante fehlen uns genügend Dübel. Mit dem Laserentfernungsmesser schieße ich fast 40m diagonal in die bis dato ewige Finsternis. Hey, da erwartet uns noch etwas. Trotzdem überwiegt jetzt der mentale Druck nach Kaiserschmarrn deutlich. Nach einigen Fotos im Neuland geht es zurück.

Wieder folgt ein nächtliches Treffen bei kulinarischen Highlights auf der Hütte. Begeistert wird aus dem Kristallcanyon von einem steil abwärts führenden Mäander berichtet, welcher an einer Wasserfläche unpassierbar wird. Vermutlich ein hängender Siphon, ganz sicher nicht der Karstwasserspiegel. Vielleicht kann man ja im trockenen Herbst hier durchschlüpfen ? Schon werden Pläne geschmiedet.

Der Montag sieht dann müde Helden beim Aufräumen und BEEP, schon sind 4 wunderbare Forschungstage an nur 2 Kalendertagen zu Ende (2+2=4). Das nenne ich effektiv und mit beidseitig Neuland äußerst erfolgreich.

Text: Oliver Kube


Forschung 2008

Loferer Schacht - SMS aus der Tiefe

Mit der beruhigenden Vorhersage die Schneegrenze steige auf 2500 Meter ziehen wir am 8. August zur alljährlichen Forschungstour nach Lofer. Die Regennacht geht ohne Unterbrechung in einen rundum wassergekühlten Aufstieg über. So sind wir das gewohnt. Kathys Trockenraum auf der von Schmidt-Zabierow-Hütte verwandelt sich temporär in ein Schwimmbad. Wir beschließen entgegen aller guten Vorsätze einstimmig auf der Hütte zu nächtigen. Trotzdem tragen wir im warmen Regen noch Material zum Loferer Schacht.

Der Sonntag bringt den Aufbruch zur Sonne. In strahlend sommerlicher Laune vereinbaren wir 2 Dreiergruppen für die beiden Höhlenbiwaks. Bernd, David und Honza wollen bis zum Waldstadion durchmarschieren, Shary, Petr und ich, werden den Garten für die Harten bevölkern. Bei der „Pack den Sack“-Planung bemerke ich, dass der sicherheitstechnisch notwendige Tausch von 175m Seil für jeden von uns einen 3. Schleifsack bedeuten würde. Das ist viel zu schwer und nicht zu bewältigen. So mache ich Mark und Renato eine Tagestour bis zur Verschwörungshalle schmackhaft und kann sie schließlich für ihre erste Höhlenbiwaknacht auf Terminal 1 herunterhandeln.

Alsbald liegen ca. 20 blaue Materialtonnen im Geröll und das übliche Packchaos nimmt seinen Lauf. Meine in schlaflosen Nächten vorbereiteten Packlisten bringen etwas Führung und Beschleunigung in das Durcheinander. So gegen 13 Uhr sind wir bereit zum Einstieg. Stefan bemerkt plötzlich, dass er alleine im Außenbiwak zurückbleiben wird. Dagmar konnte der Arbeit nicht entkommen. Die Seiltauscher Mark, Renato und ich rücken zuerst in den Schacht ein. Doch noch vor dem 1. langen Schacht bläst es Renatos Karbiddüse heraus. Der berühmte geschlossene Druckwasserkreislauf hat sich noch immer nicht bewährt.

Mark flitzt unbeeindruckt vorneweg, so dass ich schnell folgen muss. Bald sind wir in der Verschwörungshalle angelangt und tauschen das 1. alte Seil aus. Weil Renato mit dem nächsten Seilsack danach noch nicht aufgeschlossen hat, lasse ich Mark zurück und tausche die Seile bis zur Fledermaushalle. Gerade als ich fertig bin, bringt Mark einen Sack neue Seile herbei. Weiter geht die Tauscherei am 30m Wasserfall. Hier ist es mit der Gischt und einer weiten Pendelumhängestelle bodenlos anspruchvoll. Alsbald überholt uns David von Gruppe 2, bis wir uns dann alle im Haifischmäander an der Umbaustelle stauen. In kurzer Folge erreichen wir Terminal 1 in 430m Tiefe. Shary verschwindet sofort im von David beheizten Zelt und ich weiß augenblicklich, Petr und ich werden alleine in den Garten für die Harten gehen. Mark ist 10 Minuten hin- und hergerissen ob er nun mit uns in die Tiefe gehen soll, ist aber mental nicht auf 4 bis 5 Biwaknächte eingestellt.  So wird er wie vorgesehen mit Renato und Shary aufsteigen. Die Karawane zieht nach einem Süppchen weiter.

Gegen Mitternacht erreiche ich mit Petr das geliebte Biwak. Wir haben alle vorgesehenen Seile getauscht. Der Kocher brummt schon, denn Gruppe 2 macht sich gerade übers Abendessen her, bevor sie sich noch ins Waldstadion schleppen wird. Wir legen uns dagegen dankbar auf die Isomatte.

Gegen Montagmittag sind wir ausgeschlafen. Der besondere Höhlenrhythmus mit seinen lange geübten Routinen beginnt, Petr und ich sind ein eingespieltes Team. Als das Kältezittern nach einer Kanne heißem Tee nachlässt, es hat nur 1°C, baue ich das neue Höhlenfunkgerät auf. Während ich die langen Dipolantennen auslege, geht Petr Wasser holen. Gerade habe ich die erste Antenne gelegt, als auch schon eine Meldung (SMS) von Bino aus Frankfurt eingeht. Whoww, wir funken durch ca. 800 m soliden Fels und draußen funktioniert unser GSM-Umsetzer. Über das System sind wir mit dem Außenbiwak, dem Handynetz und auch mit dem Waldstadion verbunden. Hervorragend.

Zur Erholung geht es heute horizontal zum Schweigenden Fluss. Wir wollen herausfinden, wo er hinfließt. Bald sind wir am Abzweig ins Unbekannte und schauen neugierig einen Schacht auf das glitzernde Wasser hinunter. Wir können seilfrei abklettern und vermessen bald wunderschönes Neuland. Nach einigen kleinen Wasserfällchen verschwindet der Bachlauf ohne uns donnernd in einer kleinen, zu engen Spalte. Nebenan können wir im ehemaligen Bachbett noch bis in eine nette Halle vordringen. Von dort aus ist bald Schluss im unschönen Verbruch. 91 Meter vermessen, ein guter Anfang.

Glücklich kehren wir ins Biwak zurück. Dort sitzen zu unserer Überraschung Bernd, Honza und David an unserem Suppentopf. Sie wollen Material mitnehmen. Die Konversation ist etwas einsilbig, da sie am Morgen erst gegen 5 Uhr das Waldstadion erreicht hatten und nun etwas phasenverschoben sind. Morgen wollen sie die Fortsetzung im OKD-Gang Richtung Tirol angreifen. Dort vermuten wir seit langem unseren Hinterausgang. Petr und ich werden in 735 m Tiefe im Sekt oder Selters einen sehr windigen Schluf aufsuchen. Dort war ich 2004 der erste und letzte Besucher. Nun gilt es den Versturzbereich dahinter zu überwinden. Eine Fortsetzung ist hier garantiert.

Am Dienstag sind wir nach 2 Stunden Anmarsch dort. Petr nimmt Maß und liegt bald stöhnend in der engen Röhre. Endlich ist er durch, ich folge. 4 Jahre sind vergangen wie ein Tag, alle Einzelheiten sind mir noch präsent, nichts hat sich geändert, alles ist unberührt, aber breiter ist es auch nicht geworden. Petr begeistert sich über den hörbaren Wind, große Hohlräume erwarten uns. Doch zunächst rücken wir Steine und graben im Schotter. Es bleibt eng und verwinkelt, trotz Stocherstange kommen wir nur 3 Meter weiter. Wir werden eines Tages mit passendem Gerät wiederkommen, da bin ich sicher (Bummm).

Nach einer heißen Suppe suchen wir Option B auf, ein verheißungsvoller Schacht an der riesigen Rampe. Hier ist es im Gegensatz sehr geräumig. 60 m Seil bringen uns durch den Mäander in eine wirklich große Halle. Sie ist mit sehr großen, ca. 5m messenden scharfkantigen Blöcken garniert. Alles sieht auf den ersten Blick frisch heruntergefallen aus, es ist gruselig, zumal man die sehr hohe Decke nicht erkennen kann. Oben ist es einfach nur schwarz. Mit unseren 2 hier verloren wirkenden Lämpchen dauert es gut eine Stunde bis wir uns einen Überblick und einen Weg durch und über das heillos zersplitterte Blockchaos verschafft haben. Die Grenzen der Halle sind nicht immer leicht zu erreichen. Wir finden keine offensichtlichen Fortsetzungen, auch nicht unter den bröseligen Blöcken, zum Glück, wie ich finde.

Dann konzentriere ich mich darauf, wie wir diesen wilden Winkel neue Erde möglichst effektiv vermessen. Der Magen knurrt, wir gähnen, Durst plagt uns, aber wir bringen es heute tapfer zu Ende. Nur nicht noch einmal hier herunter. 143 neu vermessene Meter in der sogenannten 8-km-Halle stimmen uns am Ende glücklich. Auf dem langen Rückweg installiere ich noch den Wind- und Temperaturmesser am immer zugigen Eingang zum „Stairway to Heaven“, dann gibt es endlich wieder heiße Spätzle in Butter, mit Schnitzel, Röstzwiebel, Championcreme, Brühwürfel, gereicht mit warmen isotonischen Getränken. Zum Nachtisch Fleischkäse, Erdnüsse, Trockenobst … Noch ein Verdauungsspaziergang zum Funkgerät, neueste Nachrichten austauschen. Bernd und Co. waren im OKD-Gang nicht glücklich. In wüster Kletterei führt die Spalte nicht in die erhoffte Richtung. Die Meldungen von draußen verstehen wir nicht ganz, aber wohl sind alle wieder am Tageslicht. Entspannt sinken wir am frühen Morgen auf die nasskalte Matte.

Am Mittwoch brauchen wir wieder eine Erholungstour. Irgendwo muss der Schweigende Fluß ja herkommen, da wollen wir nun auch hin. Alsbald kriechen wir durch knietiefes Wasser (sommerlich warm, 2°C), winden uns durch enge Mäander. Nach 50 Metern ist Schluss, das Wasser plätschert uns munter aus einem handbreiten Spalt entgegen. Das ist in Ordnung, denn die Gegenseite kenne ich bereits. 2007 haben wir demnach den Schweigenden Fluss bereits gesehen, waren aber nicht sicher. Hier gibt es noch einen verheißungsvollen Ansatz über einen unbefahrenen 6m Schacht. 2 Stunden später sind wir dort. 30 Minuten zum Dübelsetzen und Seil installieren, 30 Sekunden abseilen, 5 Meter um die Ecke gehen - ENDE.Hrgttnchml. Aha, hochklettern geht. Lose Steine, brüchige Wände, wackelige Klemmblöcke, ja nix anfassen. Wieder ein handbreiter wasserspeiender Spalt. Prima, danke das war es. Heute erstaunliche 130 Restmeter vermessen. Schon ist es wieder 21 Uhr.

Im Biwak endlich ein Erfolgs-SMS aus dem Waldstadion. Bernd meldet ergiebiges Neuland über der „Elli & Quinlain Hall“.– Na bitte, wer sagt’s denn, geht doch -Vermessen am Donnerstag, dann Aufstieg ins Terminal 1, dann am Freitag raus, so lautet die Meldung. Wir funken HURRA und unsere Ausstiegspläne für Donnerstag.

Von draußen gibt es Glückwünsche und Schönwettermeldungen. Aber das haben wir anhand der starken Höhlenwinde ohnehin gewusst.

Petr und ich wollen am Donnerstag in einem Rutsch nach draußen gehen. Nach gründlicher Inventur und dem vertilgen der restlichen Frischwaren machen wir uns an den 8 stündigen Seilaufstieg. Mit je eineinhalb Schleifsäcken kommen wir wie geplant voran. Alle 2 Stunden gibt es einen Snack. Gegen 21:30 Uhr hört uns Mark rumoren. Er hat den Lauschposten am obersten Schacht bezogen. Bald jodeln wir kräftig hinauf und herunter, das gibt noch mal Kraft für die letzten Meter. Intensiv spüren wir den freien Himmel, Trockenheit, Wärme, Sterne, Ruhe. Gerne wollen wir unter dem Sternenzelt schlafen, doch nach 10 Minuten Freude belehrt uns ein Gewitter wer hier draußen das Sagen hat. Auf dem Schneefeld schlafe ich im abschüssig hängenden Zelt äußerst miserabel. Morgens entdecken wir David schnarchend im Vorzelt.

Da Shary und Renato schon auf dem Heimweg sind, lassen wir uns von Mark erzählen, was eigentlich los war. Bei den Dreien hat der Aufstieg von Terminal 1 unglaubliche 13 Stunden gedauert. Da war ein Notbiwak fällig. Mark hat die Kommunikation und Versorgung gesichert, gut so. Ansonsten gab es Sonne satt, aber wegen dem notwendigen Ruhetag kam niemand ins Hafenloch. Aber egal, Hauptsache alle gesund.

Gegen Mittag erblicken Bernd und Honza wieder das Licht der Welt. Wir stehen vollzählig im strömenden Regen und warten auf Besserung. Eigentlich wäre nun das große Einpacken dran. Wir warten und warten während der Regen trommelt. Immerhin geht die Zeit über das Erzählen rasch vorüber. Schließlich packen wir doch zusammen, versuchen alles möglichst trocken einzutonnen, lassen Zelt und Küchenplane in der Hoffnung auf einen besseren Samstag zurück, um bei Kathy zu nächtigen. Im letzten Licht erreichen wir die Wunderhütte, der Trockenraum wird wieder zur Nasszelle, dann gibt es in einer langen Nacht viel zu erzählen und wunderbar zu Essen.

Endlich verstummt nachts der Regen auf dem Blechdach, doch der erfahrene Leser ahnt es bereits wie ich unter meinen Decken im Matratzenlager, es schneit kräftig.

Samstag geht es dann knöchelhoch im Schneetreiben über den offenen Karst zur Höhle hinauf. Dort hat der Wind in Kombination mit dem schweren Schnee 3 Zeltstangen abgeknickt, die anderen Sachen müssen ausgegraben werden. Trocken ist selbstverständlich auch nichts geworden und so müssen die nassen Sachen doch noch bis zur Hütte geschleppt werden. Irgendwann sieht der späte Nachmittag dann reichlich erschöpfte Gestalten in die Zivilisation zurückwanken. Das Autoradio meldet die Schneegrenze steige auf 2500 Meter an.

Text: Oliver Kube

 

Kristallcanyon und Kreuzhöhle

Wunderbarerweise waren bei der Anfahrt nach Lofer bereits die Berge zu sehen und in der Nacht auf dem Parkplatz regnete es fast gar nicht. Andreas hatte für Samstag, 19. Juli, schönes Wetter besorgt. So konnten wir endlich mal wieder im Schatten unserer schwer bepackten Rucksäcke den 1160 Höhenmeter Anstieg zur Hütte genießen. Dabei verkündet der neu aufgelegte Hüttenprospekt nur 2,5 h Gehzeit. Haben wir den falschen Weg genommen?

Insbesondere die Höhlenfamilien Kahlert und Hartig mit Jennifer (7), als jüngster Teil-nehmerin verdienen besondere Erwähnung. Kathi von der hervorragend auf Frankfurter Höhlenforscher eingestellten von-Schmidt-Zabierow Hütte meinte wir wären 18 Nasen gewesen. Aber so ganz klar war mir das bei dem Gewusel nie.

Sonntag Nachmittag haben die Forscher schon mal den Eingang des Kristallcanyon auf-gesucht, wobei sich die mitgeführte Schneeschaufel zum Glück als überflüssig erwies. Zdenenk fiel dann gegen 16 Uhr ein er könne noch Bier holen gehen, wozu er dann gen Tal entschwand. Weitere 2 x 1160 Höhenmeter später war er dann mit gut gefülltem Rucksack zum Abendessen wieder da.

In der Nacht zum Sonntag zeigte uns der Sturm schon mal an, dass er uns erkannt hatte und ließ die Hütte wackeln. Ich glaube das Blechdach macht es nicht mehr lange. Zu-nächst durften wir morgens noch gnädig im dichten Wolkennebel zur Höhle wandeln, wobei allerdings Renato abhanden kam. Nach gut einer Stunde Nebelhorn und anderer Brüllspiele, waren alle Gemsen der Loferer Steinberge bestens informiert, unsere Hälse trocken und Renato zum Glück nicht einsam und hoffnungslos in eines der unzähligen Karstlöcher gefallen.

4 Gruppen waren für den Kristallcanyon vereinbart. Die Einbauspitzengruppe mit Petr, Honza, Zdenek, Renato und Benzinbohrmaschine, die Touristenfotogruppe mit Stefan, Thomas, Erik, die Vermessungsgruppe mit Bernd und Bino, die Funkgruppe mit Marvin, Andreas und mir. Die Funker waren mit neuester Schweizer Hightech gerüstet und übten zunächst einmal den Aufbau der Basisstation auf blankem Karst. Marvin hatte sich schon monatelang auf diesen Moment vorbereitet, wir fieberten den ersten Funksprüchen ent-gegen. Cavelink ermöglicht mit langen Dipolantennen auf ultralanger Welle Funkkom-munikation durch den Fels. Das wollten wir hier für den Loferer Schacht ausprobieren. Eine echte Innovation und ein Plus an Sicherheit.

Nach Stunden des Wartens endlich im Schneeloch, gab es auf dem schmalen Eisbalkon noch mal eine Stunde Stau. Petr u. Co hatten mit neuen Seilankern, Bohrmaschine und wilder Schachtlogistik, noch vor dem Heldendom einigen Wirrwarr veranstaltet. Doch endlich ging es doch den 91m tiefen Schacht hinab. In der Bassemoluff-Halle installierten Andreas und ich die Gegenfunkstelle, während die Stoßgruppe auf minus 230m den nächsten Schacht einbohrte. Die mittlerweile in der Sonne dösende Touristengruppe wurde noch durch Gelo (ein echter Sherpa) verstärkt, so dass schließlich die solcherart aufgehaltene Vermessungsgruppe später auch nur noch den neuen Wind- und Tempe-raturmesser installierte.

Großes Jubelgeschrei erscholl im Bassemoluff als die ersten SMS-Nachrichten ausge-tauscht wurden. Die Feinabstimmung der Antennen und Frequenzen braucht etwas Ge-schick. Leider vermeldete Marvin von draußen alsbald ein Gewitter und Platzregen. Innen sprangen daraufhin die Gerinne lautstark an, doch wir waren schon aus der Gefahrenzone. Der Abend sah viele nasse Gestalten Richtung Hütte eilen. Dort wurde Kathis Küche mit mehreren Gängen ausgiebig belastet.

Angesichts der Wetterlage, waagerechter Regen am Montag Früh, wollte Jennifer noch immer wandern gehen, doch es wurde ein allgemeiner Familientag erklärt. Die Altforscher mit den noch willigen Touristen warteten beim 2-stündigen Frühstück geduldig auf das Aufklaren, um endlich zur Kreuzhöhle aufbrechen zu können. Marvin rüstete sich als Außenfunker mit 5 Lagen Kleidung, fetter Plastikplane und Sturmabspannung für die langen Stunden im winddurchtosten Wehrgrubenjoch. Sehr bewundernswert. Dafür durfte ich seinen Helm mit neuester Monster-LED-Lampe ausführen (ein saugeiles Gerät).

Beim ersten Wetterlichtblick waren wir im Aufstieg. Die Bohr- und Fotogruppe sah dabei mit Gummistiefeln auf dem steilen Schneefeld überhaupt nicht gut aus. Funker und Ver-messer zogen hier Grödeln auf. Nach 2 Jahren ohne menschlichen Besuch fanden wir den 93m Schacht der Kreuzhöhle unberührt vor und waren schnell im Berg. Bis auf Zde-nek, er hatte seinen Höhlenanzug bei der Hütte vergessen und raste kurz zurück.

Diesmal bauten wir mit großem Abstand 2 Funkstationen im wunderschönen Hauptgang auf um die Biwaksituation im Loferer Schacht zu simulieren. Alles funktionierte wunderbar präzise. Die Aktivität des Bohrtrupps lies sich anhand der ziehenden Benzindünste erahnen. Zdenek und Honza legten sich ins Zeug, doch leider versperrt ein lose sitzender Block an der Decke den offensichtlichen Weiterweg. An anderer Stelle entdeckten Andreas und ich noch einen sehr schönen, leider auch sehr nassen 40m Schacht. Dabei ist auf einem Absatz eine reliefartig herauserodierte fossile Muschel mit gut 30 cm Durchmesser zu bestaunen. Nachdem auch im Hauptgang erstmals Wind- u. Tempera-turmesser installiert waren, traten wir nach kurzem Kontakt mit den fotografierenden Petr u. Renato den Rückzug an. Marvin erlösten wir von der Außenstation um 19 Uhr via Höhlen-SMS und informierten Kathi über GSM von unseren Hungergefühlen.

Ab 21 Uhr verließen jeweils 2 Forscher im Stundentakt die Kreuzhöhle. Dabei nahm das Schneetreiben nun stetig zu. Unsere Lichter im Kar wurden vom Küchenfenster auf-merksam beobachtet, so dass die dampfende Speckknödelsuppe und die leckere Käs-spatzenriesenportion jeweils pünktlich von dem Forscher einverleibt werden konnte. Der dynamische Küchenschluss von Kathi ist einfach phantastisch, vielen Dank.

Das nächtliche Rieseln auf den Dachfenstern verriet eindeutig den Schnee. So konnte am Dienstag 22. Juli endlich mal ein Höhlenforscher-Schneemann errichtet werden. Marvin und ich schleppten noch Material zum 2 Stunden entfernten Loferer Schacht, welchen wir im Schneetreiben bei -5°C „warm“ blasend vorfanden. Danach ging es 1450m hinab zum Parkplatz. Petr und Zdenek bauten wie geplant die Eingangsseile aus dem Kristallcanyon aus. Alle anderen Forscher und Familien zogen in Schnee und Regen nach und nach zum Parkplatz hinab. Darüber wie Marvin schließlich wieder zu seinem Autoschlüssel kam, hüllen wir den Mantel des Schweigens. Trotz echter loferischer Bedingungen, eine gelungene Tour.

Vielen Dank an alle Helfer und verständige Partner. Neue Forscher, Touristen, Familien, Sponsoren und Neugierige sind wie immer herzlich willkommen.

Text: Oliver Kube


Forschung 2007

Loferer Schacht: Schnee, Schnee und nochmals Schnee

Fotos: Jochen Hartig

Nachdem die erste Septemberwoche in Lofer nach einem extrem milden Winter 2006/2007 die bislang schneereichste Woche des Jahres wurde, konnte die von uns für unsere Forschungstour in den Loferer Schacht gewählte zweite Woche eigentlich nur noch besser werden. Doch die Hütte meldete „brusthohen“ Schnee.

Hoffnungsfroh kam die 13 Mann starke Forscherkarawane mit Ihren tapferen Helfern aus aller Welt zum nächtlichen Treffen auf dem Parkplatz im Loferer Hochtal zusammen. Schon traditionell regnete es wie aus Kübeln. Wohlwissend genossen 2 Altforscher die Nacht im Hotel (Anm. d. Red.: Memmen!)

Gut gekühlt ging es am Samstag nach Verteilung der Lasten rasch aufwärts. Doch schon ab 1400 m war alles weiß. Schon bald war der erste Lawinenkegel zu übersteigen!!! Am Breithorn rumpelte es verdächtig. Bis zur Hütte war es ein kleiner Quäler, doch Kathi empfing uns königlich mit hausgemachten Kaspressknödeln und alles war gut.

Wer jemals bei über 1 m Neuschnee über freien Karst gegangen ist, weiß bereits was jetzt kam. Mit leichtem Gepäck (nur ca. 20kg Höhlenzeug) wühlten wir uns zum Höhleneingang auf 2200m hoch. Zum Glück wissen wir wo die wirklich tiefen Schächte sind! Allen anderen kann ich nur intensiv von solchem Risiko abraten.

Zdenek und Krtek wollten dort oben unbedingt im verschneiten Höhleneingang übernachten. Den Rückweg zur Hütte legte die neu gegründete „Snow diving group“ dann auf allen Vieren zurück. Wahrscheinlich zog der Kaiserschmarrn oder das Bier oder der warme Kachelofen. Frisch gestärkt kam die Hoffnung zurück und wir fällten Beschlüsse wie: Morgen kommt das Tief über Niederösterreich hinten hoch. Oder Schlimmer geht´s nimmer.

Am Sonntagnachmittag sind wir wieder vor der Höhle und packen die Schleifsäcke für 4 Höhlennächte. Petr und David seilen noch am späten Abend mit der neu erworbenen Benzinbohrmaschine bis ins 1. Biwak auf -435 m ab. Jörg, Zdenek und ich folgen am Montag in 7,5 h (fast nur abseilen) ins zweite Biwak auf -580 m. Draußen ist es tatsächlich sonnig geworden, an das vorgesehene Klettern ist aber wegen der ständigen Lawinenabgänge und der Schneemassen nicht zu denken. Marc und Andreas inspizieren noch einen leider verschneiten Schlot, bevor Sie das Windmessgerät und den Temperaturschreiber aus dem Loferer Schacht bergen.

Mit 290 Meter Seil im Gepäck planen die außen verbliebenen Forscher am Dienstag in den Kristallcanyon auf 1850 m einzuziehen, doch er ist zur Überraschung aller völlig plan zugeschneit. Nun geht außer Skitour gar nichts mehr. Marc nutzt die seltene Gelegenheit in 2 Minuten mit dem Hubschrauber ins Tal zu kommen (keine Angst, nichts passiert). Die anderen sechs reisen ebenfalls ungeplant ab, da auch das Wetter wieder auf Winter macht.

Drinnen in der Höhle ahnen wir das Schneechaos wegen schwacher Winde nur. Zunächst überraschen uns aber Petr und David Montagabend im zweiten Biwak. Sie haben den Weg ins neu geplante dritten Biwak beim Waldstadion nicht gefunden. Leider fehlt uns nun eine abtransportierte Isomatte, aber man kann auch auf vielen Seilen schlafen.

Ca. 3 Wochen habe ich in nächtelanger Arbeit Material und Essen für 13 Personen geplant. 90 warme Mahlzeiten waren organisiert, die Transportlogistik für 9 Personen im Schacht ausgeklügelt und vieles mehr bedacht. Und nun so ein Wetter und das folgende Forscherchaos. Ich bin frustriert. Ein guter Plan lässt sich jedoch ändern und es fehlt uns auch an nichts (fast).

Am Dienstag ziehen wir alle gen Südwesten, dem Glocknerblick entgegen. Jörg und ich tauschen planmäßig einige alte Seile. Der Weg ins Waldstadion wird wiederentdeckt und der neue dritte Biwakplatz präpariert. Petr wählt rasch seinen Lieblingsschlot aus und die Benzinbohrmaschine tritt in Aktion. Hochbohren steht auf dem Programm. Jörg und ich ziehen uns zurück, wobei wir noch ca. 100 m Neuland am Beginn des Zick-Zack-Mäanders vermessen. Dabei finden wir den wichtigen Zusammenfluß zweier Höhlenbäche und einen neuen Ansatz nach Südwesten. Nach elf Stunden kehren wir ins zweite Biwak zurück. Die üppigen Frischfleischvorräte überfordern unsere Mägen etwas und so sieht das Frühstück dem Abendessen im selben Topf sehr ähnlich.

Am Mittwoch begeben wir uns in den tiefsten Teil der Höhle, mögliche Fortsetzungen abklappern. Der Hades wartet mit einem hoffnungsvollen Schrägschacht, welchen wir auch abseilen können. Nach einigen Engstellen im üblichen Mäander bleiben wir in feinschotterigem Versturz stecken. Auch am Trichter führt ein kleiner Schacht weiter in die Tiefe. Doch auch hier ist bei -796,70 m unter Eingangsnull in losen Blöcken kein weiteres Durchkommen. Schluss mit der Unvernunft! Wir vermessen ca. 50 m und bauen alle Seile im Bereich Hades ab. Nach 12 Stunden treffen wir hungrig im zweiten Biwak ein. Die bewährte Fleisch-Nudelportion wird durch eine zweite Packung Schlagsahne verdickt, dann geht es vollgenudelt auf die feuchtkalte Matte.

Gegen 11 Uhr am Donnerstagmorgen werfen uns Petr, David und Zdenek vom dritte Biwak kommend aus den Federn. Sie wollen raus, Benzin und Seile sind aus. Jörg und ich haben eigentlich noch etwas vor, doch zu zweit wollen wir aus Sicherheitsgründen nicht im Schacht verbleiben. Nach einiger Diskussion aus dem warmen Schlafsack heraus steht fest, wir gehen alle bis zum Ausgang. So wird der leckere Frühstücksfleischnudeltopf mit Unmengen von restlichem Schinken, Käse, Salami, Röstzwiebel, etc. randvoll gefüllt. Es mundet köstlich. Im Bauch tragen sich Frischwaren eben doch am bequemsten. Über 650 m Seilaufstieg (vergleichbar mit 2000 Kniebeugen) erwarten uns nun. Krtek welcher außen tapfer die Verbindung mit uns hält wird über unsere Feldtelefonleitung gewarnt, wir kommen in der Nacht heraus. Seine Antwort verstehen wir nicht, besser so.

10 Stunden später erreicht Zdenek als erster den Eingangsbereich mit den warmen Getränken. Nach 2,5 weiteren Stunden sind wir alle 5 heil, aber sehr erschöpft an der frischen Luft. Weil wir nur feuchte Biwaksachen bei uns haben, wollen Jörg und ich gegen Mitternacht noch zur Hütte spurteln. Bernd zeigt uns die Schneeschuhe!!! Er selbst kam erst abends bis zum eingeschneiten Krtek durch. Wir treten in die sternenklare Nacht hinaus und staunen über die weiße Bescherung, besser wie Weihnachten! In einer beispiellosen Aktion haben die Kameraden im Tal 6 Paar Schneeschuhe für uns ausgeliehen und hochgebuckelt. Nur so kommen wir nachts noch bis zur Hütte. Vielen Dank noch mal.

Am Freitag kehren wir mit denkwürdigem Muskelkater und Hilary (welcher extra wieder aus Frankfurt angereist kam, prima Taxi) zur Höhle zurück. Aufräumen, Material einmotten, Sachen packen und noch eine anstrengende Schneeschuhtour gibt es zu erleben. Mit dem schweren Rucksack bricht jeder ungezählte Male bis zur Hüfte durch, zum Teil mit beiden Schneeschuhen gleichzeitig! Ein echter Quäler. Doch Kathi erwartet uns auf der Hütte mit ausgesuchten Leckereien, Nachschlag inklusive. SUPER. Anschließend tobt in einer lustigen Nacht draußen das Wetter und drinnen die Stimmung. Für die nötige Musik sorgt ein (später zu) heiterer Musikant. ?

Am Samstag verlassen wir die schneereiche Region und flitzen flott nach Hause. Vielen Dank an alle Helfer und verständige Partner. Neue Forscher, Sponsoren und Neugierige sind wie immer herzlich willkommen.

Text: Oliver Kube

Fotos: Oliver Kube

Kristallcanyon: Der neue Stern am Himmel der Höhlenforschung




Im Juli 2007 wurde schon traditionell eine Vortour in die Loferer Steinberge zur Forschung in der neuen Höhle „Kristallcanyon“ unternommen.

Donnerstag morgen packen wir auf dem Parkplatz das Material ein und während des Regens, der sich in den höheren Lagen in Schnee wandelt, gehen wir zur Zabierow-Hütte los. Wegen des schlechten Wetters sagen wir den nächsten Transport zur Loferer Schacht ab.

Am nächsten Tag bereiten wir das Material vor und verschieben uns zum Kristallcanyon, wo wir den Schnee von der teilweise verschütteten Eintrittsengstelle abschaufeln. Wir bauen die Eintrittspassagen ein, bauen ein paar Dübel hinzu und folgen dem monumentalen P91. Hier knüpfen wir an die Forschung von 2006 an und erforschen einen Mäander, der vom Boden des Heldendoms auslaüft.

Der mäßig steigende Mäander wird unmittelbar darauf ca. 30 cm breit. Der deutliche Luftzug motiviert uns zum Versuch diese Engstelle zu überwinden, hinter ihr sind mild sich verbreitende Räume zu sehen. Nach einigen Versuchen geben wir jedoch den vergeblichen Kampf auf und gehen wieder zurück. Die nächste Zeit widmen wir uns dem Fotografieren im Heldendom und P91.

Am Samstag gehen wir in Gruppe Honza, Krtek, David und ich wieder in den Kristallcanyon, Bernd, Florian, Holubice und Mark tragen noch vorher das Material zur Loferer Schacht und gehen mit. Nach dem Durchsteigen des Mäanders in einer Tiefe von 150 m und der Installation einiger Dübel und Seile in den Schächten P15 und R20 setzen wir den Weg zur tiefsten Stelle der Höhle fort, wo wir in die Halle abseilen (Durchmesser ca. 5 x 6 m), die auf dem Boden verstürzt ist. Irgendwo unter uns kann man deutlich das Wassersausen hören.

Wir steigen also zwischen den Blöcken durch und suchen die nächste Fortzetzung. Wir folgen das Wassergeräusch, dass uns zur nächsten Stufe bringt. Irgendwo über uns sind die Lichter von Honza und David zu sehen, sie gehen vom unpassierbarem Mäander züruck, der an den Raum Bassemoluff anknüpft und holen uns das letzte Seil. Ich schlage eine Dübel ein und wir seilen nacheineinander in die Schacht ab.

In einem gedehnten horizontalen Raum entdecken wir einem zwei Meter hoher Wasserfall, dessen Wasser zwischen verstürzten Blöcken verschwindet. Die andere Seite des Raums endet mit einem breiten Mäander, der die von uns geworfenen Steinen verschlingt, die erst nach 4 Sekunden zu randalieren beginnen! Wegen des Mangels an Seilen beenden wir nur ungern unsere Forschung, wir vermessen die Räume und kehren zurück.

Krtek mit Honza bauen noch den P91 und die Eintrittspassagen ab, packen die Seile ein und um 10 Uhr sind wir alle wieder in der Hütte.

Am Morgen verabschieden wir uns von Kathy und gehen hinunter zum Parkplatz. Während der Vortour wurde ca. 30 m neues Land vermessen und weitere hoffnungsvolle Fortzetzung in das Innere des Massivs Loferer Steinberge entdeckt.

Text und Fotos: Petr Caslavsky




Mit freundlicher Unterstützung der Österreichische Bundesforste AG


Aktivitäten 2007

Jahr der Rekorde

Ihr werdet es mir mal wieder nicht glauben, aber 2007 war ein Jahr der Höhlenrekorde. Dass es nicht ein Jahr der Rekordverschuldung wurde, konnte durch fleißige Spendenbereitschaft verhindert werden. Aber ich bin schon mitten drin und wollte doch vorne anfangen.

Also, der viel gelobte Höhlen-Vortrag beim KCF im März, blieb völlig wirkungslos was die Anzahl der Höhlengrüppler anging (immerhin wurden es nicht weniger). So fuhren wir dann Ende April wieder unter uns in den französischen Jura. Ah, stimmt nicht, Mark aus Heidelberg wurde so richtig in den Untergrund eingeführt. Bei Genusstouren in die Grotte de Crotot, den 180 m tiefen Gouffre de Bruyeres, die sagenhafte Pourpevelle und den ungewöhnlichen Riviere de Gonvillars, konnte so richtig die Seele baumeln.

Weiter ging es im Mai mit der internationalen Tagung der Höhlen- und Karstforscher in Iserlohn. Viele sehr interessante Vorträge (auch von uns) und der Festvortrag der SAGA durfte nicht verpasst werden. (Einige von uns sind auch Mitglieder bei der Speleologische Arbeitsgruppe Aachen, kurz SAGA). Mit unseren unterirdischen Freuden konnten wir uns reichlich austauschen. Viele Kontakte wurden gepflegt und Sehnsüchte bezüglich internationaler Höhlenexpeditionen wurden geweckt. Für unser Lofer-Projekt waren komischerweise nur wenige zu begeistern. Um die schlimmsten akuten Entzugserscheinungen etwas abzumildern, wurden gleich einige lokale Höhlen besucht. (Hüttenbläser, B7-Höhle, Dechenhöhle, Heinrichshöhle).

Die inzwischen traditionelle Familientour ins Fränkische war im Juni natürlich wieder der Kracher. 7 Kinder und 6 Erwachsene kamen aus Westen und Osten zum Zelten bei schönstem Wetter bei Hohenstadt zusammen. Obwohl die Pegnitz extralang bepaddelt wurde, wollten die Kinder nicht aufhören. Erst nach dem Grillen in Mama´s Waschmaschinentrommel (so ein Multi-use device ist Spitze) und lange nach Einbruch der Dunkelheit, ich glaube Mitte Juni wird es gar nicht dunkel (oder ?), fielen dann die Augen zu. Als es wieder heller wurde konnte mit Höhlenkletterausrüstung ein Teil des Norrissteigs bezwungen werden. Bei der folgenden Höhlenwanderung in schwüler Hitze sind wir dann aus unerfindlichen Gründen nur bis zu den ersten kühlen Höhlenlöchern gekommen. Jedoch die volle Befahrung der Prellsteinhöhle und der Cäciliengrotte muss vermerkt werden. Auch 2008 werden wir an Fronleichnam wieder dort einfallen.

Wo sind denn nun die Rekorde werdet Ihr Euch fragen? Gut, ich werde von 3 Rekorden berichten. Zunächst beschlossen wir am Lagerfeuer Mitte Juni binnen 6 Lieferwochen die nicht budgetierte, aber für das Vordringen in Lofer dringend notwendige Benzinbohrmaschine zu kaufen. (Steckdosen für Akku-Ladegeräte gibt es da noch immer nicht). Nebst Dübeln und Ankern riss der 1,05 PS Kraftprotz zunächst ein Rekordloch in den Etat. 12 Wochen später und solide 2 Tage vor der Lofer-Tour hatten wir die nur 6 kg schwere Bohre endlich in der Hand. Dank bereitwilliger Spenden sorgfältig angesprochener Höhlenfans und milder Gaben des DAV, konnten wir den Haushalt ausgleichen.

Mit dem 2. Rekord überraschte uns Shary. Klammheimlich machte Sie unsere geheimen Wünsche wahr und fuhr im Sommer mit Forschern vom „Moscow Center of the Russian Geographical Society“ in den westlichen Kaukasus, genauer nach Georgien, Provinz Abkhasien. Dort stieg Sie unter der Leitung von Alexej Shelepin in die Illuzia cave, biwakierte 7 Nächte nonstop auf Minus 700 Metern, übertraf unsere loferische Rekordtiefe mit -820 m persönlicher Bestleistung deutlich und machte durch einen Zusammenschluss das nun Illuzia-Sneznaja-Mezonnogo genannte System mit über 24 km Ganglänge und sehr beachtlichen -1753 m zur zweittiefsten Höhle der Welt. Herzlichen Glückwunsch. Ghazy Sharareh ist unsere neue Biwakkönigin und hält außerdem den Tiefenrekord unserer Gruppe. Ich denke im gesamten Alpenverein dürfte es ihr so schnell niemand gleich tun.

Den 3. Rekord errangen wir in Lofer. Mit einer neuen Ganglänge von 7,8 km und noch tieferen 806 m Höhendifferenz ist der Loferer Schacht unangefochten die längste und tiefste Höhle in den Loferer Steinbergen. Dabei sah es bei der Haupttour lange gar nicht danach aus. Viel zu viel Schnee im September drückte stark auf unsere Erfolge. Über ein Dutzend gefrusteter Höhlenforscher und Kletterer mussten dem Winterwetter jeden Meter abtrotzen. Doch mit der brandneuen Benzinbohrmaschine konnte im äußersten Südwesten der Höhle ein verheißungsvoll windführender, nicht kletterbarer Schlot hinaufgebohrt und gedübelt werden. Dabei wird jeweils möglichst hoch über Kopf am höchsten Dübel hängend, das nächste Dübelloch gebohrt. Mit 6 kg schlagbohrvibrierender, kraftvoll rotationswilliger Masse keine leichte Übung, aber viel schneller als wie üblich von Hand zu bohren. Richtig nett ist das Anlassen der Maschine mit dem Seilzug, wenn man eigentlich nur eine Hand frei hat, oder das Klettern mit dem bullernden Boliden im Kreuz. Belohnt wurden wir mit einem Stück Hauptgang in Richtung Südabstürze der Loferer Steinberge. Nun kann es zum 2. Ausgang wirklich nicht mehr weit sein?

Was sonst noch geschah? Die Vortour im Juli in Lofer hat den Kristallcanyon verlängert und nun auch schon auf -228 m vertieft. Ganz unten musste wegen Seilmangel über einem Schacht umgekehrt werden, in welchem ein Stein 4 Sekunden fällt. Aber hallo, da geht noch was. Außerdem wurden die Messgeräte, die ganzjährig von September 2006 bis September 2007 Wind- und Temperaturwerte aufgezeichnet haben, aus unseren Höhlen geborgen und die Daten ausgewertet.

Den herbstlichen Abschluss des Höhlenjahres bildete wiederum eine entspannende Fahrt in den Jura. Dagmar hatte extra eine luxuriöse Unterkunft und für den Jura erwähnenswertes dauerschönes Wetter wahr gemacht. Weil es so lange trocken war, standen die Wasserhöhlen auf dem Programm. Die 11 Stunden in der Baume des Cretes bis hinter den Salle Sinai überforderte die anwesenden Helden fast, so dass die Tour in die außergewöhnliche Grotte Chaillet nur 7 h dauern durfte. Mit 5 h in der Grotte St. Catherine und dem eineinhalbstündigen Abschlussbad in der Grotte Vermondans hatten alle Ihren Spaß.

Zur Weihnachtsfeier durfte das beliebte Überraschungsei-Klettern für die Kleinsten nicht fehlen. Genauso wenig wie für die Großen der Glühwein und das Ansehen der tollsten Höhlenbilder, nebst Neuplanungen für 2008. Auf der wieder ausgebauten Waschmaschinentrommel wurde nebenbei eifrig gegrillt.

Text: Oliver Kube


Forschung 2006

Neue Entdeckungen in den Loferer Steinbergen

Wie jedes Jahr ziehen wir zur Vortour Anfang Juli in die beliebten Loferer Steinberge. Diesmal stand auch noch Forschung auf dem Programm. Darüber sei berichtet.

Am Sonntag forschten Marvin und ich in der Kreuzhöhle weiter. Durch einigen Schnee gelangten wir hinauf und hinein. Über den imposanten 93m Schacht fast frei abgeseilt erreichten wir nach einigen Stunden das Forschungsende in der Trinkhalle. Hier gibt es mehrere Ansätze für Fortsetzungen. Im von Petr in 2005 angefahrenen Loch ende ich nach einigen Windungen steil nach unten in einer sagenhaften Engstelle. Hier lieber nicht reinzwängen. Marvin hat es unterdessen am Dach der Trinkhalle probiert und klettert in einer geräumigen Passage glücklich weiter. Leider führt diese zurück in schon bekannte Teile. Immerhin ist ein Ringschluss möglich. Nach einiger Zeit des Suchens entlang des Fließsinters kommen wir am Fuße des Wasserfalls in der Trinkhalle grübelnd zusammen. Wo zieht der starke Wind der letzten engen Passage bloß hin?

Vielleicht hier in die nassen Blöcke? Immer dem Wasser nach? Tatsächlich, der Atemhauch verschwindet nach unten!!! Da, hinter dem dicken Block scheint es offen! Der Block wackelt, wir zerren zu zweit daran herum, aber er will nicht weichen. Verflixt, hier geht es bestimmt weiter. Aus Frust stehe ich zum Abschied schließlich darauf . Dabei poltert er plötzlich ins Loch hinein, zum Glück ohne mich! Uupps, ist der Durchgang nun endgültig zu oder doch auf? Bouhhh, der dicke Stein parkt nun sicher an der Seite und der Weg ist frei. Das nenne ich glückliche Fügung. Nach dem Umkriechen einiger weiterer Blöcke erreichen wir einen windführenden fossilen Mäander in der alten Hauptrichtung. Hurra. Nach ca. 30 Metern folgt ein Schacht und Marvin turnt gewagt nach vorne, um einen Blick nach unten zu erhaschen. Wir müssen einen Dübel setzen. Dabei lasse ich zur Überraschung von Marvin einen 250 kg Felsen kontrolliert hinabdonnern, welcher ihm eben noch als Griff diente. Hoppla! In der jetzt sogenannten Polterhalle ist es wieder sehr geräumig. Verheißungsvoll bläst der Wind gen Süden in einen niedrigen Gang. Doch dort rauscht er knapp an einem alles blockierenden fetten Block vorbei. Unpassierbar wie eine Tür zum Pharaonengrab. Aus für Heute. Ca. 90m neu vermessen und auf ca. 200 m Tiefe gekommen. Am Höhlenausgang grüßen uns die Sterne. Der nächste Programmpunkt für die Haupttour steht fest.

Mit Dagmar gehe ich am Montag Höhleneingänge abklappern, welche ich letztes Jahr mit dem GPS eingemessen hatte. Dabei ist Dagmar heiß auf Ihre ersten Forschungsmeter, unberührtes Neuland wartet. Ich denke eher an die einladendend warmen Wiesenflächen und ein Nickerchen. Vom äußerlichen mentalen Betrachten erschliessen sich die Abgründe jedoch leider nicht. Also ist Fleiß angesagt, hinein in jedes Loch. Da die Sonne brennt rinnt allerdings zuerst der Schweiß. Vor allem im Höhlenanzug vor dem Einstiegsschacht. Dagmar verschwindet im Zwielicht und vermeldet alsbald das Ende der Höhle. Ihre „Erste“ wird vermessen und passend „Hot Premier“ getauft. Weiter zum nächsten Objekt. Auch hier wieder ein Schacht für Dagmar. Diesmal schon tiefer. Eine scharfe Kante bereitet Bedenken, doch darunter ist wieder Schluß. Von der „Scharfen Kante“ pilgern wir weiter. Nächstes Loch, ich muss mehr Seil ausgeben. Doch bald tönt es von tief unten „Ende Banane“.

Nun sind wir auf den Geschmack gekommen, weiter geht es. Der „A2“ stattet Dagmar noch einen Besuch ab, wir wollen aber lieber selbst etwas Neues finden. Im nächsten Loch liegt noch Schnee, so darf ich nun auch mal mein Mütchen kühlen. Prompt finde ich eine Fließsinterstruktur, welche auf einen ehemaligen Wasserlauf deutet. Leider alles noch mit Schnee verplombt, ich krabble wieder hinaus. Wenn man die Höhlenkluft schon mal an hat, kann man sich auch gleich ins nächste Schneeloch werfen.

Eine 15m lange Schneerampe gehe ich jedoch lieber vorsichtig mit Seil an. Schließlich will ich da drin nicht überwintern. Diverse Eiszapfen und Strukturen gehen geräuschvoll zu Bruch. Es hat etwas von Gletscherspalte und unten winde ich mich hüfttief im losen Schnee und Eis, das Seil bleibt natürlich am Mann. Eine seitliche Schneebarriere räume ich ab, dabei tut sich ein dreieckiges Fenster im Fels auf. Dahinter erblicke ich eine Meanderstruktur. Oh, leichten Luftzug gibt es auch, schon bin ich drin. Nach recht sportlichen 5m abseilen durch Schnee und Fels erspähe ich einen ca. 2 m breiten Canyon, dessen Schneefußboden ca. 45° nach unten abläuft. Hmm, hier bin ich richtig, das „rieche“ ich. Nun brauche ich dringend mehr Seil und auch Dagmar wird oben schon nervös sein. Also noch mal rausgewühlt und richtig angegriffen.

Bald turnen wir zu Zweit den wunderschönen, mit reichlich großen Eiskristallen ausgestatteten, rundum glitzernden Canyon hinab. Auf einem völlig vereisten Felsbalkon ist dann unser 60m Seil zu Ende. Wir werfen Steine in die Tiefe, es geht ganz sicher weiter. Jippie. Leicht fröstelnd, draußen ist Hochsommer, vermessen wir unsere Eroberung, den Kristallcanyon. Auf dem durchaus euphorischen Rückweg , komisch, es ist schon wieder spät, stolpern wir nochmals über einen unbekannten 30m Schacht. Doch nach 6 Höhlen an einem Tag, nehmen wir nur noch die Koordinaten. Reichlich Potential für die Haupttour.

Bei Kathy auf der Hütte geniessen wir wieder die Vorzüge des dynamischen Küchenschlusses. Unsere Entdeckungen bieten reichlich Stoff bis in den frühen Morgen. Lässt sich der Kristallcanyon fortsetzen? Was erwartet uns unterm Eisbalkon? Fortsetzung folgt.

Text: Oliver Kube, Fotos: Oliver Kube, Jochen Hartig


Aktivitäten 2005

Traverse de Verneau, Höhlendurchquerung

Anfang November 2005 haben wir mal wieder ein höhlentechnisches Großprojekt in die Tat umgesetzt. In unserem Lieblingsrevier, dem französischen Jura, gibt es die seltene Möglichkeit zu einer Traverse, im bergsteigerischen Sinne eine Hochtour. Das heißt hier allerdings konkret: man steigt in eine Höhle ein, wandert unterirdisch durch einen Bachlauf und kommt an anderer Stelle aus einem anderen Höhleneingang wieder heraus. Das „Système de Verneau“ ist auf ca. 36 km erforscht, dabei umfasst die Strecke der Traverse ca. 20 km, oberirdisch liegen die Eingänge ca. 10 km auseinander, der Höhenunterschied beträgt ca. 400 m. Dauer ca. 15 h, +/- 3 h.

Schon lange träumen wir von der Traverse, der Saisonhöhepunkt schlechthin. Die Höhleneingänge und auch die anschließenden Höhlen kennen wir in und auswendig. Doch bisher haben wir nach ca. 6 h Stunden bergwärts, immer wieder umgedreht. Die lange Mitte zwischen den Eingängen im großen „Collecteur de Verneau“ fehlt noch, hier kennen wir nur die Pläne. Der trockene Spätherbst ist eine günstige Zeit, die Wasserstände sind niedrig, die Genehmigung der Bezirksverwaltung ist da, 4 freie Tage wurden mühsam aus den Kalendern geblockt, endlich geht es los.

In „Nans sous St. Anne“ liegt das Refuge nur 30 Minuten vom Eingang der „Grotte de Baudin“, dem unteren Ausgang entfernt. Sehr günstig wenn man nach so einer Tour nicht auch noch Auto fahren muss. Außerdem fließt der „Verneau“, das ist der Höhlenbach, hier nun oberirdisch zur Pegelkontrolle unmittelbar vorbei. Nachdem in der Nacht 14 Personen vom Profi bis zum Anfänger eingetrudelt waren, haben wir morgens erst einmal das organisatorische Getümmel über Ausrüstung, Koch- und Einkaufsplanung sowie geeignete Kleingruppenziele zu bewältigen. Nicht alle werden traversieren, doch müssen Eingang und Ausgang mit Fixseilen versehen werden. Zwei Gruppen um Tony werden die „Grotte Bief Bousset“ (der obere Eingang) ausrüsten (und Verpflegung kaufen), ich gehe mit einer Gruppe von unten über die „Grotte Baudin“ bis zum „Puit de Legionär“. Ohne vorherige Seileinbauten ist die Durchquerung in keiner Richtung möglich.

Wir finden eine gefürchtete lange Nasensiphonstrecke ganz trocken vor, ebenso einen anderen kurzen Siphon (falls Hochwasser). An den Schächten im System hängen die Seile des einheimischen Höhlenclubs. Das wussten wir zwar, aber Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Hochbefriedigt kehren wir um. Aus Ausgang erwischt uns dann der leider ebenfalls angekündigte „leichte“ Regen. Bei Gruppe Tony war oben auch alles klar, so planen wir für Samstag eine Durchquerung von beiden Seiten. Man wird sich dabei irgendwo in der Mitte treffen und kann sich austauschen. Leider regnet es die ganze Nacht echt „jurastisch“ wie aus Eimern.

Morgens schon hören wir den Wasserfall, das wird nichts. Hochmotiviert wollen wir jedoch mal nachsehen, vielleicht …. Sicherheitshalber steigen alle 6 Traversierer von unten über die „Baudin“ ein. Hier kann man anfangs problemlos umkehren. Nach 1 Stunde Wasserschlacht im „Verneau“ ist klar, bei ca. 1 Kubikmeter pro Sekunde Gegenwasser kann man das vergessen. Enttäuscht lassen wir uns zurückspülen, besser jedoch man weiss, wann man aufhören muss. Am Ausgang lacht die Sonne vom wolkenlosen Himmel, ahaaa ! Und es soll so bleiben.

Bis tief in die Nacht kontrollieren wir den Pegel, er fällt und fällt. Vielleicht klappt es am Sonntag? Tony, Petr, und ich haben auch für Montag noch frei genommen. So stehen wir Punkt 12 Uhr Mittags abmarschbereit vor dem oberen Eingang in der Novembersonne. Wir sind gerüstet für 15 Stunden plus Reserve. Zum Frühstück wollen wir wieder im Refuge sein. Der Pegel ist inzwischen wieder im sicheren Bereich angekommen.

Wir kommen turboschnell voran. Schon nach 3,5 Stunden haben wir den „Salle de Patafouins“, unseren bisherigen Endpunkt, hinter uns. Nach einem 40m Schacht und einem offenen Siphon (gut so) wird es dann einsam. Die Begehungsspuren verlieren sich, hier kommt kaum ein Mensch vorbei. Haben wir wirklich noch 10 Stunden vor uns ? Riesige Säle sind mit großem Blockwerk recht unübersichtlich. Unsere 3 Lichtchen verlieren sich. Dank der Pläne finden wir hindurch. Eine super steile Rampe überrascht uns. Unser mitgeführtes Seil ist zu kurz, zum Abziehen sowieso. Wir spitzeln uns kletternd im Konglomerat hinab. Nach Plan stimmt der Weg, wir sind jedoch erst sicher, als wir einen Knick im Gang und einen folgenden Abzweig identifizieren. Durch enge Passagen geht es wiederum am Seil hinauf in eine sehr schön versinterte Galerie. Herrlich hier, der folgende Abstieg ins Wasser allerdings weniger. Längst wandeln wir zeitlos, jedoch gut aufeinander abgestimmt, flott (wo es geht) voran. Alle 2 Stunden werfen wir einen Snack ein, längere Pausen vermeiden wir, weil es einem im nassen Neoprenanzug schnell fröstelt.

Der „Verneau“ ist sehenswert, hohe Abschnitte, Canyons, alle Formen eines Bachbettes, kleine Wasserfälle, Gumpen, Schwimmstrecken in Bassins, wasserspeiende Tropfsteinformationen, Strudellöcher, Fließfacetten, usw. Wir sind begeistert, aber es zieht sich. Mächtig wummernd kündigt sich wieder ein Wasserfall an. Der „Salle de Corniche“ ist erreicht, ungefähr halbe Strecke. Weitere eindrucksvolle riesige Dome folgen. Irgendwo dazwischen will Petr Kraft sparen indem er eine Wasserrutsche nutzt. Leider hat er durch seine Brille ein Strudelloch in der Bahn übersehen, klappt vom Rücken auf den Bauch und kommt nach sehenswerten Schrauben und einem Vollwaschgang im nächsten Gumpen prustend wider hoch. Hmm, noch mal gut gegangen. Wir müssen möglichst rasch irgendwo trocken die große Kochpause machen. Regeneration tut Not. Bald darauf dampft die Nudelspeckchampionrahmsuppe auf dem Mikrogaskocher im riesigen „Salle de Belauce“. Hier war ich schon einmal von unten. Noch 6h zum Ausgang?

Frisch gestärkt geht es wieder konzentriert voran. Bekanntes Gelände. Trotzdem sausen wir am Seil vom „Puits de Legionär“ vorbei. Ein großer unbekannter Wasserfall stoppt uns, wir müssen zurück. Nach kurzer Suche klettern wir am Seil auf. Nun kommen die Gänge mit den möglichen Siphons, allerdings bläst der Höhlenwind, es ist also offen. Trotzdem erschrecke ich als ich an die kritische Stelle komme. 2,5m Wassertiefe und darüber eine Handbreit Luft. Doch auch der lange Nasensiphon hat noch bequeme 40 cm Luft, na also. Danach fallen wir uns in die Arme. Nichts kann uns mehr stoppen. Fröstelnd machen wir Tempo. Bald liege ich zum dritten Mal in diesen Tagen mit der Nase im Schlamm der „Baudin“. Wir packen unsere Seile ein und riechen die Oberfläche, das gibt noch mal Schub. Eine eiskalte frostige Nacht empfängt uns. Es ist 0:15 Uhr. Einige Zeit später poltern wir jubelnd ins Refuge, der Kaminofen verbreitet wohlige Wärme. Alle Freunde kommen noch mal aus den Schlafsäcken. Zuerst will keiner glauben, dass wir die Traverse in 12h 15min geschafft haben. Im nassen Neopren und Gurtzeug wären wir aber sicher nicht Auto gefahren. Es wird gefeiert (und heiß geduscht).

Am Montag finden sich noch ein Grüppchen zum Seilausbau in der „Bief Bousset“, während die Traversierer dankbar in der Sonne vor dem Eingang von Großtaten plaudern.

Text: Oliver Kube


Forschung 2005

Traum vom Glocknerblick

Freitag starten wir in der Abendsonne zum Loferer Schacht. Durch viele nasse Nächte auf dem Parkplatz ernüchtert, benutzen wir nur noch Automobile, in welchen man auf der Ladefläche bequem ausgestreckt schlafen kann. Dieser Joker zog auch diesmal wieder im nächtlich verregneten Lofer. Meine Freunde behaupten, inzwischen kämen die Kinder im Salzburger Land nur noch mit Regenschirm auf die Welt.

Kati, „unsere“ Hüttenwirtin auf der Schmidt-Zabierow Hütte, war hocherfreut über die allseits beliebten, wetterharten Höhlenforscher. Sie zauberte für uns extra große Kasspreßknödel hervor. Beim regnerischen Aufstieg tat sich Marvin mit extragroßen Lasten hervor. Viel Schnee erwartete uns im Kar. Regen dann die ganze Nacht, den ganzen Morgen, ja bis Mittwoch ohne Pause !!! Noch war jedoch Sonntag.

Weil es in der Höhle weniger garstig erschien als draußen, verkrümelten wir uns nach der großen Säckepackaktion in den Loferer Schacht. Durch den stetigen Schnürlregen behindert war es schon 14 Uhr beim Einstieg in die Seile. Rund 10 Stunden rechneten wir mit je 2 monsterschweren Säcken bis zum Biwak. Diesmal sahen nur 4 Forscher den 5 unterirdischen Tagen und Nächten entgegen. Kürzere Aufenthalte lohnen sich nicht mehr. Draußen im Regen verblieben Campmanager Ron und Träger Marvin. Dagmar hat sich für Donnerstag angekündigt. Der große 630 Meter Abstieg ging glatt und schon nach 9 Stunden kam das „Garten für die Harten“ – Biwak in Sicht. Wir fühlten uns gleich wieder zu Hause.

Das Erholungsprogramm für Montag bestand darin, mögliche Fortsetzungen in der Nähe des Biwaks abzuklappern. Jörg und ich stiegen in den Portalschacht ein. Seit 4 Jahren kennen wir ihn nur von oben. Endlich unten angekommen war allerdings auch nur 80 m Neuland zu holen, dann definitiv Ende Gelände. Wir besuchten Hilary und Peter, welche gerade an bekannter Stelle aus einem nie befahrenen Schacht unter der Lara Croft Halle auftauchten. Da sich dort noch eine schöne Halle anschließt, heißt die Sektion nun Brad Pitt.

Ron hätten wir unsere Erfolge gerne per Feldtelefon mitgeteilt, doch unsere Sprechmuschel war defekt (wahrscheinlich nass). So lief die Kommunikation etwas einseitig. Ron durfte nur Fragen stellen auf welche wir eindeutig mit Ja (1x Klingeln) oder Nein (2x Klingeln) antworten konnten.

Dienstag, Traum vom Glocknerblick. Irgendwo im Westen wartet nach Lage der Dinge der Hinterausgang auf uns. Bequem, bei herrlicher Aussicht von außen erreichbar und ohne riesige Schächte Zugang zum System „verspricht der Prospekt“. Nur gefunden werden muss er noch.

5 Stunden brauchen wir vom Biwak zum Forschungsende durch den Zick-Zack-Meander. Am Ende der Tortur wartet „rechts“ hinter einem Spalt eine Halle auf Hilary u. Peter. „Links“ wollen Jörg und ich einen 45° steilen windigen Schluf mit potentieller Halle im Anschluss erkunden. Doch vorher verspeisen wir eine leckere Suppe auf dem sog. Suppenstein. Hier kann man komfortabel zu viert um einen Topf sitzen.

Wir trennen uns. Unser steiler Schluf endet abrupt auf einem schmalen Sattel, irgendwo an einer Hallendecke. Ich setze von Hand schwitzend einen Dübel im morschen Fels während Jörg friert. Beim zweiten Dübel machen wir es umgekehrt. Wir seilen ins schwarze Nichts ab, doch unser zusammengeknotetes 35m Seil reicht nicht. Auf halber Höhe quere ich der Übersicht wegen auf ein bröseliges Band. Gegenüber in der Nische zieht vielleicht ein Gang weg? Doch wir können nicht fliegen.

Hilary und Peter haben aus Ihrer Halle (dem Waldstadion) eine Abkürzung für den Heimweg gefunden. Bei der Vermessung schlottern die müden Helden im Luftzug. Daher bekommt die Klappergass ihren Namen. Wir sind erst weit nach 2 Uhr im Biwak und informieren Ron über die üblichen lustigen Fragespielchen.

Am Mittwoch sind Hilary und Peter wieder im Waldstadion. Jörg und ich wollen endlich die Halle erobern. In weniger als 3 Stunden sind wir diesmal durch die Klappergass. Für 20 Uhr verabreden wir uns am Suppenstein zum „Mittagessen“. Hier angekommen fällt mir noch ein neues Loch auf. Ich kann dort ca. 50 Meter aufrecht und bequem mit dem Wind bis in die Halle gehen. Bingo, Durchmarsch! Der Tag fängt gut an. Ich hole Jörg und gemeinsam stellen wir nach einiger Zeit sehr enttäuscht fest, dass das Hallenende in Stufen steil nach oben strebt. 15m klettert Jörg empor, dann wird es zu schwierig. Leider ist der vermutete Gang in der Nische auch nur ein Schattenwurf gewesen. Der Ausgang für den kräftigen Wind der Hallenzugänge liegt wohl viel höher. Also dübeln wir oben weiter, leider bislang erfolglos.

Zurück am Suppenstein warten wir vergeblich auf Peter und Hilary. Schließlich löffeln wir zunehmend nervös unseren Teil der Suppe. Entweder Sie haben den Glocknerblick gefunden und genießen den Sonnenuntergang, oder Sie vermessen große Gänge, oder es ist etwas passiert? Wir gehen Sie suchen.

Im Waldstadion finden wir Ihre Spuren und gelangen in einen gut begehbaren Spalt. Unsere stetigen Rufe werden endlich in der Ferne beantwortet. Wir zwei Glückliche (doch nix passiert) stoßen auf zwei Begeisterte ( Große Fortsetzung ). Während Hilary und Peter Ihren Teil der Suppe köcheln, besichtigen wir die Neuentdeckung. Hier geht es jedenfalls weiter, vielleicht zum Glocknerblick?

Ron reißen wir am Donnerstag mit einer überraschend funktionierenden Telefonverbindung aus den Träumen. Er hat mit Marvin oben eine Höhle an den Loferer Schacht angebunden. Damit steigt die Gesamthöhendifferenz. Sonst alles super, Wetter trocken. Dagmar wartet mit Hexenschuss im Tal.

Nach ausgiebiger Nachtruhe steigen wir zum Zwischenbiwak auf. Am Freitag stehen wir um 5:30 Uhr mit Hoffnung auf baldige Sonne auf. Oben angekommen liegen jedoch Wolkenschatten über dem Schneefeld. Ron ist überglücklich bei unserem Anblick. Marvin weiht uns in die Raffinessen des Luxus-Außenbiwaks ein. Wir werden verwöhnt.

Weil Regen droht wird Kati auf der Hütte über unser Kommen informiert. Nach einem Gewaltmarsch über den nächtlich verhüllten Karst, zum Spaß ohne Licht, erreichen wir gegen 22:30 Uhr die erwartungsfrohe Hütte. Eine riesige Pfanne leckerster Kaasspatzen wird geleert, dazu gibt es Sekt für die Helden. Kati, Vincent und die Kinder sind vor Neugier nicht ins Bett zu bekommen. Über das Erzählen, Trinken und weitere kulinarische Köstlichkeiten wird es am Samstag schon fast wieder hell.

Text und Fotos: Oliver Kube


Aktivitäten 2004

Im Zentrum der Aktivitäten stand 2004 mal wieder die Forschung im Loferer Schacht. Hinsichtlich der Zeit, des Vorbereitungsaufwandes, der Anforderungen und der Bedeutung der Ergebnisse war dies der wichtigste Teil unserer Jahreaktivitäten.

Leicht verspätet aufgrund übler Wetterverhältnisse setzten wir die langjährige Forschungsarbeit in 2004 fort. Zum einen wurde nach einem zweiten Ausgang gesucht, wobei die Messungen leider vermuten lassen, dass der erhoffte Ausgang mitten in der Felswand und nur schwer erreichbar sein wird. Und natürlich wurde weiter in die Tiefe vorgedrungen: der Loferer Schacht ist jetzt auf 790 m Tiefe und knapp 6800 m Länge vermessen.

In 2004 haben wir auch endlich, nach zahlreichen kleineren Höhlen in den vergangenen Jahren, ein neues vielversprechendes Forschungsobjekt in den Loferer Steinbergen entdeckt: von der Schmidt-Zabierow-Hütte aus wurde im Vorjahr der Eingang der Kreuzhöhle erspäht, leider aufgrund der Höhe selten schneefrei. Juli 2004 wurden dann die ersten Vermessungen durchgeführt. Nach einem 93 m Schacht, der in einer großen Halle endet, wurde der Anfang eines langen Ganges erkundet. Insgesamt sind bislang 140 m Tiefe und 380 m Länge vermessen.

Auch wenn die Höhlenforschung vielen recht exotisch (um es höflich auszudrücken) erscheint, gibt es doch erstaunlich viele weitere Gruppen in Deutschland, die diesem gesunden Hobby (regelmäßige Schlammpackungen, keine Probleme mit dem Ozonloch, ...) frönen. Und so gab es im Mai in Aschau beim Jahrestreffen des Verbandes der Deutschen Höhlen- und Karstforscher Einblicke in die Arbeiten anderer Gruppen sowie die Möglichkeit, einige Höhlen im Umkreis zu bewundern.

Kontakte gepflegt wurden auch Ende Oktober als wir mit einigen anderen Gruppen von der Speleologischen Arbeitsgemeinschaft Hessen zu einer gemeinsamen Befahrung der Schwinde C bei Breitscheid eingeladen waren. Dort gibt es im Bereich des Erdbachs gibt es noch einiges zu untersuchen und zu graben und der Besuch hat durchaus Motivation zur Mithilfe geschaffen.

Auf der Suche nach neuen Mitstreitern veranstalteten wir über den 1. Mai eine Fahrt in die Gegend um Besancon – unsere frühere zweite Heimat, die wir heute leider nicht mehr ganz so oft besuchen. Zwei Interessenten waren zwar erstmalig in einer Höhle, brachten allerdings Klettererfahrung mit. Daher konnten nicht nur Gänge sondern auch Schächte geboten werden, in denen u.a. ein kleiner Höhlenbach, Mäander sowie wunderschöne Sinterbecken und gut erhaltene Tropfsteinformationen zu bewundern waren, so dass nicht nur die Fotografen hell begeistert waren.

Im Juni führte die jährliche Familientour südlich von Prag nach Tetin zum Besuch der dortigen Höhlenforscher, mit denen uns gemeinsame Höhlenerlebnisse verbinden. Neben anderen Freizeitaktivitäten wurden zwei kleinere horizontale Höhlen und eine der größten Höhlen des dortigen Karst, der Arnoldska, besucht. Hier wurde mühsam gegraben, um den Weg in die Tiefe freizulegen. Der Verlauf ist vor allem vertikal, die Höhle ist mit Leitern ausgebaut. Die Tour gab unserer Hoffnung auf Nachwuchs aus den eigenen Reihen neuen Auftrieb, denn die jungen Mädchen, die ihre Väter begleiteten, waren mit Spaß und erstaunlicher Fertigkeit dabei.

Mitte November verabredeten wir uns dann - dem reinen Genußstreben folgend - mit Freunden aus anderen Gruppen im französichen Jura und verbrachten dort ein langes Wochenende mit dem Besuch schöner und interessanter Höhlen, dem Betrachten von interessanten Gangformen, schönen Versinterungen und Versteinerungen, dem sportlichen Extermkriechen mit und ohne Schlamm, wasserreichem Abseilen und gemütlichem Spazierengehen in großzügig geformten Wasserhöhlen.

Den Abschluss des Jahres bildete wieder unsere Nikolausfeier im Vereinsheim, bei der es wie immer eine klare Aufgabenteilung gab: während die Älteren sich ganz der Kalorienzufuhr widmeten, setzten die Jüngeren ihren Schwerpunkt auf den Kalorienverbrauch. Letztere setzten ihre Aufgabe vor allem an der Kletterwand um, was Ersteren Gelegenheit gab, ihren über die Jahre nach unten gewanderten und gewachsenen Schwerpunkt zum Wohle der Letzteren zu Sicherungszwecken einzusetzen. Darüber hinaus wurde in Erinnerungen geschwelgt und natürlich Pläne fürs nächste Jahr gemacht.

Text: Dagmar Cords, Ralf Camrath


Forschung 2004

Teil 1 - Außenbiwak

Ein vielversprechender Anfahrtsabend nach Lofer, gekrönt durch eine geruhsame Nacht auf dem Parkplatz erwartete uns Höhlenforscher. Strömender Regen, abschüssiges Gelände, knapp bemessene Regenplane. So blieb die Sommernacht in Erinnerung. Dazu die bewährte Schlaftechnik : beim Einschlafen an der schrägen Isomatte festkrallen, im Schlummer langsam entspannt in den Regen rollen, durch das nasskalte Rinnsal vom Nacken den Rücken entlang aufwachen, hoch robben, festkrallen, entspannen... Der Erfolg blieb nicht aus: durchgängig durchfeuchtet, klamm und fröstelig machten wir uns Samstag morgen an den Aufstieg.

Und das Wetter spielte mit: Dauerregen! Zum Glück war es nicht besonders warm. Und mit genügend Gewicht auf dem Rücken braucht es durchaus drei bis vier Stunden bis zur Hütte. Gerade für Brillenträger ein besonderer Genuss - Schlieren laufen über die Gläser und ohne klaren Blick, kann man über rutschige Stiegen und an schwindelerregenden Abstürzen vorbei, völlig schreckensfrei entlang stolpern. Besonders hervorzuheben war die gute Zeitplanung: Eine unerwartete Regenpause konnten wir gemütlich auf der Hütte aussitzen. Und bevor wir richtig trocken waren, ging es in den nasskalten Klamotten mit klebrig-kühlen Gefühl am ganzen Körper im Regen 1,5 steile Stunden zum Biwakplatz.

Wir dachten, das Highlight des Tages sei der Zeltaufbau im T-Shirt im Schneeregen. Daher kosteten wir jeden Augenblick aus, an dem uns der eisige Wind über die nassen Rücken und Bäuche strich. Endlich dann im Zelt warmgezittert ging uns durch die Köpfe: "Schade, dass es für heute schon vorbei ist". Doch die alten Genießer Marvin, Bino und Bernd stiegen noch im feuchten Halbdunkel zur Hütte ab. Tja, dabei haben sie das Beste verpasst. Kaum war es richtig dunkel, knackte das eisige Windchen vergnügt die guten 12´er Aluzeltstangen. Denne, Siegmar und Dagmar sahen sich plötzlich durch die im Außenzelt klaffenden Risse Aug in Aug mit Sturm und Starkregen. Ratsch, fetz, plätscher - Hochwasser im Zelt. Wenigstens der Zeltboden war dicht. Und dann diese köstlichen Augenblicke, wenn die nächste Böe sich mit dumpfen Grollen über den Grat ankündigte. Steht Yetis Villa oder fällt sie? Herrlich, da war an Schlaf nicht zu denken. Auch Jörg und Oliver, die in den Höhleneingang ausgewichen waren, gingen nicht leer aus. Die chinesische Tropfenfolter zwang Jörg zu einer Nacht in der Embryonalstellung. Und Oliver hätte fast nur nasse Füße bekommen, wäre da nicht das leichte Gefälle in Richtung seines Kopfes gewesen ...

Der Sonntag wurde dann langweilig trocken und sonnig. Er brachte die lästigen Pflichten: kochen, essen, Sachen trocknen, sonnen, Zeltfetzen zusammennähen, Kleinhöhle vermessen. Nach so einem enttäuschenden Tag dann der Sicherheitsabstieg zur Hütte. Motto: Ist man sowieso fast trocken, kann man auch warm und weich übernachten.

Der Montag verlief ähnlich zäh und so ließ sich durch allgemeines Schnarchen bedingtes Halsweh vollends kurieren - ein echtes Versagen der Veranstalter. Denne, Jörg, Siegmar und Oliver flüchteten in den Loferer Schacht.

Der Dienstag begann wieder durchwachsen und unspektakulär, die Erwartungen sanken. Bernd, Petr und Honza verschwanden im Loch. Marvin und Dagmar stiegen zur Hütte ab und Bino musste zur Arbeit entschwinden. Den metero-gelogenen Ankündigungen von Gewitter und Sturm schenkten wir keinen Glauben und waren für das entgangene Vergnügen selbst verantwortlich. Orkanböen und schweres Gewittergeknatter ließ sich nur peripher aus der warmen, sicheren Hütte bei Käti verfolgen. Essen und Trinken ein Genuss.

Das sollte uns nicht noch einmal passieren: Mittwoch in aller Herrgottsfrühe hoch zum Biwak und es lohnte sich! Feucht-kalter Nebel, die Sicht keine drei Steine weit (und da gibt es viele Steine). Aufräumen, Ausrüstung bergen. Zeltruinen besichtigen. Außerdem ein schöner Tag um stundenlang Löcher in den Nebel zu starren, oder Dübel für Sturmbefestigungen in die Felsen zu schlagen. Dabei kroch der Nebel einem geradezu in alle Fasern. Man hatte ständig das Gefühl, gleich die Gestalten aus "The Fog" hinter sich auftauchen zu sehen (Der Nebel des Grauens, Klassiker!). Dabei war eigentlich außer Marvin und Dagmar keiner da!

Gegen Abend wurde es endlich noch besser, wieder Dauerregen und Gewitter. Wir verschwanden zu zweit im letzten 210x120x90cm Zelt. Um das Gewitter wirklich auszukosten, hatten wir ja das Höhlentelefon mit rund hundert Meter Kabel bis ins Zelt verlegt. Die Einschläge kamen in dichter Folge immer näher. Wie die Kaninchen vor der Schlange starrten wir also quasi am Ende der Zündschnur auf das Telefon. Bummm, schon stoben die Funken. Als uns das nicht mehr begeistern konnte, beobachteten wir die sich in den nächsten 24 Stunden langsam herausbildenden Tropfstellen im Zeltdach. Plitsch, Platsch, schon wurde es Donnerstag.

Im schönsten Regen erschienen am Mittag die prima eiswassergekühlten Denne und Jörg aus der Höhle. Sie verschwanden umgehend ins Tal. Abends stiegen auch wir zur Hütte ab. Getreu dem Motto "wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören". Außerdem kann man ja nur so richtig nass werden, wenn man zwischendrin mal wieder trocken wurde.

Und so ging es Freitag morgen wieder feucht-kalt durch Nebel und Nieselregen hoch zum Biwak. Rein ins Zelt, zum Glück war es selbst zum Kartenspielen zu eng. Gegen Nachmittag kam die Sonne, Enttäuschung und Abstieg zur Hütte. Doch hier warteten überraschend neue Freuden: die sich dem Wochenende nähernden, lärmenden, feucht-fröhlichen Wandergruppen. Bernd und Siegmar haben das durch ihren spätabendlichen Höhlenausstieg leider verpasst.

Tja, der Samstag machte uns den Abschied leicht: strahlender Sonnenschein! Auch Oliver, Petr und Honza erschienen wieder an der Oberfläche. Um dem Wetter noch eine Chance zu geben, wurde mehrheitlich im Freien übernachtet. Und die Zuversicht wurde belohnt, mitten in der Nacht fing es an zu tröpfeln. Um diese Phase auszunutzen, verfielen einige Ungeduldige sofort in hektische Betriebsamkeit. Mit der Stirnlampe wurde um 2:30 Uhr das Gepäck umgeschichtet. Leider war der Regen viel zu schnell wieder vorbei.

Sonntag morgen wurde dann bei strahlendem Sonnenschein (na also, geht doch!) eingepackt und ins Tal abgestiegen. Kurz vor dem Auto badete uns nochmal so ein richtiger Kehraus-Platzregen (50l/qm) – da freut man sich aufs nächste Jahr.

Text: Dagmar Cords, Oliver Kube, Fotos: Jochen Hartig


Teil 2 - 1000 Höhenmeter unter dem Reifhorn

Durch die widrigen Bedingungen gebremst (v. a. Schlafsäcke nass) waren wir für den Einstieg einen Tag verspätet. Trotzdem blieben wir bei 2 Innengruppen, da sich auch die Zahl der Innenbiwak´ler im Vorfeld von 10 auf 7 reduziert hatte (bis zu 5 Höhlennächte).

Technologisch waren wir diesmal hoch aufgerüstet. Außer den mittlerweile obligaten Handys, hatten Dagmar und MarvinPalm-Organizer und Minicomputer mit allem Schnick-Schnack in nächtelangen Downloads aufgepeppt. Den temporären Email-Anschluss um Live vom Geschehen zu berichten, haben wir Dagmar gerade noch ausreden können. Wohl keiner wollte Büro-Emails in der Höhle haben. Über den mobilen (wireless) Internetanschluss ließ sich das Regenwetter dann auch erfolgreich online bestätigen. Trotz extremer Übermittlungszeiten wurde es allerdings auch nicht besser. Der Palm-Organizer mit dem kanadischen Vermessungsprogramm überforderte uns ebenfalls. Wir konnten die mühsam eingegebenen Daten nicht abspeichern.

Nun denn, alle Hightech Innovationen gerieten bei den existenziellen Problemen im Außenbiwak schnell in den Hintergrund. Und als nach 9 Stunden Abseilen der Kocher bei minus 580 m im Innenbiwak brummte, hatten Jörg, Denne, Siegmar und ich ebenfalls andere Prioritäten. Die Fortsetzung der Höhle an beiden Enden des Horizontalteils ist unser Ziel. Gruppe 1 unter meiner Führung ist wie üblich für „Tiefe“ zuständig und so standen von 2003 noch ein Schacht und das Erklettern einer Rampe auf dem Programm. Wir 4 beschlossen uns zu teilen, damit bei 1°C wegen Wartezeiten niemand frieren muss.

Jörg und ich dübelten Seil in den Schacht. Noch weit vor dem Schachtboden fanden wir überraschend einen abzweigenden Mäander nach Süden, welchen wir gleich vermessen haben. Mitten im schönsten Forschen erreichte uns entferntes Rufen von Siegmar, wir eilten zurück. Die Rampe, Mega, Giga, Hauptgang, unbedingt kommen, so hallte es. Denne und Siegmar waren ganz aus dem Häuschen, ein riesengroßer Gang öffnete sich vor uns am oberen Ende der Rampe. Gemeinsam betraten wir als erste Menschen diesen mächtigen 10 - 15 m breiten Gang. Von Messpunkt zu Messpunkt stieg die Stimmung. Unsere 4 Karbidflammen reichten gerade so für den Überblick. Es wurde immer breiter und die Blöcke am Boden immer größer (3 m Durchmesser u. mehr). Leider gesellte sich bald auch eine dickere Lehmschicht hinzu, ein sicherer Hinweis auf eine Rückstauzone. Die Euphorie bekam damit einen Dämpfer. Der stetig abfallende Gang weitet sich auf über 30 m Breite (wie ein 4-spuriger Autobahntunnel), um sich dann enttäuschend schnell in einer Spalte auf 5 m, 2 m, 1 m zu verengen. Dort eroberte Jörg ein kleines, stark windführendes Loch am Boden. Er kam jedoch nicht recht weiter und nach 5 Minuten desillusioniert wieder empor. Kein Wasser, jedoch war das einmal ein Siphon, das ist sicher. Wir sind auf Minus 730 Meter.

Siegmar und ich (wir sind recht schlank) wechselten uns anschließend mit dem „mal Nachsehen“ ab. Denne (etwas fülliger) sprach unverständlicherweise von Umdrehen. Einigen Lehm und störende lose Steine räumten wir 2 mühsam aus. Sekt oder Selters, wir wollten es wissen. Endlich gelang mir nach innerer Rücksprache mit dem Herrgott und anderen führenden Höhlenforscheridolen der Durchschlupf durch eine längere, sehr enge Passage. Ich gelangte allein in eine Kammer und fühlte mich plötzlich sehr einsam. An deren Ende rauscht der Wind durch die Blöcke an der Decke tiefer in den Berg. Leider nur Selters (Das Wort „Zu“ vermeiden wir lieber).

Gruppe 2 mit Bernd, zuständig für „Ausgang“, hat wie immer die „freie Sicht auf Tirol“ im Sinn (Der Eingang liegt im Salzburger Land). Irgendwo muss es da noch einen zweiten Eingang (oder Ausgang) geben. Petr, Honza und Bernd eroberten einen Canyon von unten. Einige haarige Kletterpassagen mit „Gegenwasser“ führten Sie schrittweise in die Höhe. Hinter jeden neuen Ecke erwartet man Tageslicht, es riecht förmlich nach Latschensträuchern. Doch auch der Loferer Schacht weis zu überraschen und ändert nach 3 Jahren gen Südwesten einfach die Richtung. Nun geht es innen parallel zu den Südabstürzen der Loferer Steinberge entlang. Die Ausdauer wird schließlich mit einem neuen Gangniveau mit offenen Verzweigungen belohnt. Nun fehlen wirklich nur noch die Wurzeln. Zu viel Oberflächenwasser beendet schließlich den Vorstoß. Wir wissen ja, draußen schüttet es aus Eimern.

Bleibt noch vom neuen, weiter vorgeschobenen Tiefenrekord für die Loferer Steinberge zu berichten. Ganz unten, im sogenannten Hades erlaubt uns eine Schachtstufe den Abstieg in eine grobschotterige Halle. Am Fuße einer trichterförmigen Einsenkung führt ein Loch auf minus 790 Meter unter Eingang. Irgendwo darunter rumort ein Bach. Das ist Rekord für uns. Wir sind auf 1410 m Seehöhe, oder 1077 m unter dem Reifhorn. Auch der Längenrekord im Gebiet konnte mit 6738 m vermessener Länge weiter ausgebaut werden.

Text: Oliver Kube

 

Aktivitäten 2003

Das Jahr 2003 war ein ganz besonderes Jahr für die Höhlengruppe. Wer nämlich die verstaubten Schriften in den Archiven der Sektion Frankfurt gründlich durchstöbert, wird jene Urkunde entdecken, die bezeugt, dass die Höhlengruppe im Jahre eintausendneunhundertdreiundachtzig nach der Geburt unseres Herrn gegründet wurde. Die Höhlengruppe konnte also in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiern.

Die Feier fiel allerdings aus, weil dummerweise niemand in der Höhlengruppe an dieses Jubiläum gedacht hat. Die derzeit dienstältesten Mitglieder sind nämlich erst seit 19 Jahren dabei. Unsere Gründerväter, die seinerzeit noch barfuß und mit Kerzenlicht unvorstellbare Abgründe, auch menschliche, erkundeten, sind leider von uns gegangen (Hallo Gründerväter, falls ihr diesen Schwachsinn lest, nehmt ihn uns bitte nicht übel). Doch die Kunde einstiger Heldentaten wurde noch an unsere Generation überliefert, so dass der Geist der Gründer in uns weiterlebt und wir schwätzlaberherrgottnochmalistjetztbaldschlussmitdemgesülze ...

Also zurück zum Thema. Wie es so unsere Art ist, haben wir, auch ohne Kenntnis des Jubiläums, so nebenher eine durchaus jubiläumswürdige Expedition unternommen und haben den Loferer Schacht mal eben zur tiefsten und längsten Höhle der Loferer Steinberge gemacht. Und allen Spöttern sei an dieser Stelle gesagt, dass der Loferer Schacht nicht die einzige Höhle in den Loferer Steinbergen ist. Wir haben auch nicht, wie andere es gelegentlich tun, durch graben oder sprengen nachgeholfen, sondern vielmehr über 10 Jahre zäh darum gerungen, dorthin zu kommen, wo wir jetzt sind, auch wenn wir manchmal lieber woanders wären. Aber das ist eine andere Geschichte.

Wir freuen uns jedenfalls, dass dieser schöne Erfolg geglückt ist und er so passend in dieses Jahr gefallen ist. Aber ebenso freuen wir uns über die anderen schönen Fahrten, die wir in diesem Jahr unternommen haben. Besonders hervorzuheben ist mal wieder unsere Familientour, die sich inzwischen zu einem festen Programmpunkt unserer jährlichen Aktivitäten entwickelt hat. Daneben gab es zahlreiche Fahrten in das immer noch von uns gerne besuchte Französische Jura. Und als Besonderheit ist noch der Besuch einer Verbandstagung tschechischer Höhlenforscher zu nennen, auf der wir die Ergebnisse unserer Forschung in Lofer präsentierten. Einladungen aus den USA, Russland, China und Samoa mussten wir leider ausschlagen, da unsere Repräsentanten unter Flugangst leiden. Da bleiben wir doch lieber, in jeder Hinsicht, auf oder besser unter dem Boden und freuen uns auf das nächste Jahr.

Text: Ralf Camrath

 

Forschung 2003

Expedition Loferer Schacht - Neue Rekorde

Wer unserer jährlichen Berichterstattung folgt, kennt den gewaltig beladenen 1450m Aufstieg bereits. Spät Nachmittags gelangen wir im Nebel an den geliebten Loferer Schacht. Ohne 30°C und mehr, war es angenehm. Wir wollen gerade die Zelte auspacken als es zum Wolkenbruch aufreißt. Eisregen treibt uns zurück in den Höhleneingang. Leider hält der Regen an, so dass der Rest des Tages sehr unangenehm verläuft. Nasses Zelt, feuchte Sachen, klammer Schlafsack, keine Kochgelegenheit und Stimmung wie das Wetter: am Gefrierpunkt ! Gewiss nicht der schönste Tag.

Gegen Morgen hört endlich das Geprassel auf. Wer viel campt der ahnt es. Richtig, es schneit kontinuierlich. Da es in der Höhle diesmal wärmer und trockener sein wird, entschließt sich die erste Gruppe zum unverzögerten Start. Petr, Kratja, Hilary und ich folgen den lang vorbereiteten Planungen und packen die Säcke nach Liste. Zum Beispiel sind 12 kg Futter, 180m Seile, Karabiner, Hammer, Schlafsäcke, 4 kg Karbid, Klamotten, Diverses, etc. pp. zu verstauen. Die zweite Gruppe mit Bernd, Honza, Kuba, Zdenek und Knack haben am Dienstag ähnliche Lasten.

Sonntag Abend erreichen wir nach 8 Abseilstunden unser vertrautes Biwak in -580 m Tiefe. Nach ausgiebigem Schlaf gehen wir Montag zunächst nicht mehr benötigte Seile bergen. Dabei finden wir im Bereich Mittagsschacht überraschend reichlich Neuland (noch niemals betretene Gänge) und vermessen rund 150 m. Offener Schacht am Ende. Ein Nachmittagssüppchen erfrischt uns im Biwak, dann geht es klettern im sog. Stairway to heaven. Oben zeigt sich ein Portal und ich vermutete seit einem Jahr dort den Hauptgang. Erst hilft uns eine riesige Sanduhr, dann muß gedübelt werden. Der Aufschwung über eine lehmverschmierte Kante gestaltet sich entsprechend kniffelig. Petr ist schließlich drüber, wackelt auf einer rutschigen Rampe herum und weiß nicht wie er jemals sturzfrei zurückkehren soll. Da hilft nur der Allrad, vorwärts die Devise. Das 30 m Seil passt genau, wir können nachglitschen und klettern. Als wir oben sind kommt ein strahlender Petr aus dem Gang zurück. Jackpot, sagt er nur. Wir stürmen gemeinsam einen riesigen Gang. Über das Vermessen wird es Mitternacht. Ein schöner Tag.

Dienstag geht es nach unten. Schon 2002 entdeckten wir am unteren Ende des Stairway to heaven einen großen Schacht, hatten aber kein Seil mehr. Nun haben wir 110 m Seil im Sack, doch schon Schacht Nr. 1 schluckt rund 65 m. Eine Halle mit eindrucksvollen Versturzblöcken durchklettern wir (was muß es da mal gerumst haben ! ), dann folgt ein extrem bröseliger Schacht unter einer schaurigen Hängeversturzdecke. Ja nix anrühren ! Wir sind sehr beeindruckt und räumen schweigsam und vorsichtig die Brocken aus unserer Abseillinie. Sie verschwinden geräuschvoll in der bis dahin ewigen Finsternis. Zerberus wartet! Mit frei angeknotet verlängertem Seil bezwingen wir den dreiköpfigen Höllenhund und betreten den Hades. Hier feiern wir am Ende einer Rampe über der nächsten Schachtstufe den neuen tiefsten Punkt des Loferer Schachtes in 768 m Tiefe. Neuer Rekord, auch für die Loferer Steinberge. In der Halle schlucken riesige Schlote nach oben das Licht unserer Strahler, nach unten gähnen weitere Schächte. Wir müssen wiederkommen! Ein sehr spannender Tag.

Spät Nachts begrüßt uns die 2. Gruppe schnarchend im Biwak. Nun sind 9 Personen da und wir haben Schichtdienst eingeführt.

Mittwoch ruhen wir uns lieber im Jackpot aus, schließlich müssen wir noch heute nach oben ins Zwischenbiwak entweichen. Doch tun sich nördlich noch Gänge und Schächte auf, welche wir fleissig befahren und vermessen. Wunderschön sind all die erstaunlichen fossilen Versinterungen, sogar Bodentropfsteine finden wir erstmals. Der Aufstieg ins Zwischenbiwak ist herb, die übliche Schinderei nach draußen erledigt uns dann am Donnerstag. Doch Dagmar ist da und ergötzt die Helden der Tiefe mit frischen Trauben, Tomaten und Bananen. Wunderbar, wirklich der schönste Tag !

Während wir der Völlerei fröhnend in der Sonne liegen, all die nassen Sachen trocknen, arbeitet sich Gruppe 2 unterirdisch vom Salzburger Land nach Tirol durch. Im Juni hatten wir bereits von Außen erfolglos nach einem Zweiten rund 500 m tiefer gelegenen Eingang gesucht. Nun geht es von Innen weiter. Großen Erfolg verspricht ein neu entdeckter Canyon, welcher allerdings von unten nach oben zu erarbeiten ist. Hallo Canyonisten, macht Ihr das nicht umgekehrt ?! Mal sehen wann wir endlich nach draußen durchstechen und wo wir dann herauskommen? Immerhin gibt es schon vermehrt Fliegen und Luftzug in diesem Bereich.

Freitag / Samstag finden wir in einer erstaunlicherweise völlig unbefahrenen Höhle neben dem Wanderweg, einen 93 m Direktschacht und riesige Tropfsteinreste auf 2100 m! Sensationell ! Doch davon ein andermal.

Aus dem Loferer Schacht kommt Gruppe 2 Samstag Abend wieder heil und glücklich ans schwindende Tageslicht und so können endlich gemeinsam die Rekorde gefeiert werden. Längste und tiefste Höhle in den Loferer Steinbergen ist nun „unser“ Loferer Schacht. Heute ist „ganz wirklich der schönste Tag“.

768 Höhenmeter tief, 6070 m vermessene Ganglänge, davon 961 m dieses Jahr und es geht weiter !

Auch diesmal gilt unser Dank den unsichtbaren und ungenannten Fans und guten Geistern, ohne die eine solche Expedition nicht möglich wäre. Oh, kopfschüttelnde Freundinnen, Futter kaufende Ehefrauen und schimpfende Kinder nicht zu vergessen, welche uns alljährlich sicherheitshalber einmal ziehen lassen.

Text: Oliver Kube

 

Forschung 2002

Expedition Loferer Schacht, August 2002

Wir erwarteten viele Neuentdeckungen und ich rechnete mit enthusiastischem Teilnehmerandrang, doch die Herren wollen gebeten werden. Sind wir schon alle Schreibtischtäter ? Sesselfurzer ? Oder hat der Schacht mit 8 Stunden abseilen, handbreiten Meandern, alten Seilen, x Nächten in der Höhle, 700 Höhenmetern Seilaufstieg, seinen Schrecken doch nicht verloren ? Nunja, 8 Teilnehmer gelangten Samstag bis zum Höhleneingang. 2 Vierergruppen wurden ausgehandelt, die optimale Besetzung für eine kalte, hochalpine Schachthöhle. Doch die aufgehende Sonne sah nur noch 7 Forscher Müsli essen. Einer war schon wieder auf dem Heimweg, das Jahrhunderthochwasser.

Jörg, Ron, Petr und ich rüsten am sonnigen Samstag langsam aber routiniert zum Angriff. Im Laufe des Abstiegs, jeder mit 2 Schleifsäcken behangen. Am Montag starten starten wir ins Neuland unterm sog. Ebbelwoi Express. 70 m vermessen, Schacht entdeckt. Routine. Nach der Mittagssuppe wird die sog. Tennishalle erforscht und vermessen. Erwartungsgemäß keine Fortsetzung, da kein Wind. Pflichtprogramm. Petr bindet derweil ein Seil in den unerforschten Windschacht. Harakiri. Jörg korrigiert und lässt sich dabei einen 3 kg Stein auf die Schulter plumpsen. Gibt auch noch rote Ohren. Oh, junge Helden. Ron dübelt Sicherheit hinterher, unser ältester Held. Gemeinsam geht es in den neuen Windgang, in welchem für 600 m Tiefe, großartige Versinterungen auf uns warten. Nach 150 m ist in einer Versturzhalle trotz Wind Schluß. Müde Helden.

Dienstag, geliebte Forschung: Wir vermessen den Windgang und seine kurzen Seitenäste. In der Versturzhalle wird ein Mannloch freigelegt, durch welches sehr viel Wind verschwindet. Wir folgen in einen niedrigen verlehmten Gang. Bald geht es wieder aufrecht, doch neuer Versturz stoppt uns. Wir schwärmen aus, d.h. jeder sucht sich ein Loch ! Petr taucht aus einer Spalte auf, in welcher es heftig zieht. Ist zu, meint er. Ja, aber wo verschwindet dann der Wind? Hmm, da gehe ich noch mal nachsehen. Man blickt bald in eine 3m lange A-förmige niedrige Öffnung, hinten steht eine glatte Wand. Sieht zu aus, doch die Erfahrung lehrt. Also mal reingerobbt, vor der Wand geht es senkrecht hoch, rumgedreht, hingesetzt und hochgeguckt. Oha, 2 Steinplatten versperren den Weg nach oben. Links und rechts schwarze Spalten, sehr gut. Hurra gebrüllt, Echo !!! Eine Halle. Doch wie nach oben kommen ? Hocke machen, kräftig hochdrücken, Augen zu, drücken, rührt sich nicht. Vielleicht die andere ? Tief durchatmen, Stellung verbessern, drücken, bewegt sich doch, rütteln, stärker drücken, Schotter bröckelt vorbei, weiter drücken. Der Stein klappt nach hinten oben um. Der Kanaldeckel ist auf.

Vorsichtig schwinge ich mich hinauf und tänzle über die losen Brocken. Will mir ja den Rückweg nicht verschütten. Umsicht halten. Super Echo und keine Sicht (alles Schwarz), umgeben mich, d.h. große Halle. Ich stelle mein Licht größer und knipse den Strahler an. Whow. Ich stehe inmitten meterfetter Blöcke auf einer ca. 60° steilen, abfallenden Rampe in einem Riesengang oder Schacht. Die Kameraden ploppen aus dem Loch. Triumpfgeheul. Steine fliegen in die Tiefe, wilde Tiefenschätzungen machen die Runde. Geht es da 100 m runter? Wir erkunden und vermessen die Rampe über dem Abgrund so weit es geht. Schlauerweise haben wir nämlich kein Seil mehr da.

Ron und Jörg machen sich anschließend planmässig an den Aufstieg ins Terminal 1 Biwak. Ein Übernachtungsstop auf dem Weg nach draußen. Der Aufstieg dauert total so 10-12 schweißtreibende Stunden.

Mittwoch, besser vergessen : Dreier–Telefonkonferenz schon vor dem Aufstehen. Mein Müsli wird kalt, ich komme nicht zum Teetrinken. Der 3. Mann vom hochwassergeschwächten 4´er Team ist krank abgestiegen. Da waren es nur noch Zwei. Bernd u. Walter wollen rein, vernünftiger Weise aber nicht zu zweit unten bleiben. Ron u. Jörg nur noch raus. Wir haben die Wahl, nach draußen folgen oder länger drin bleiben. Nach langem Hin und Her beschließen Petr und ich 6 Nächte unten zu bleiben und die fehlenden 50% des zweiten 4´er Team zu bilden.

Wir vermessen unspektakuläres Neuland, klappern Fragezeichen ab. Natürlich wird es dann am sog. Südbahnhof doch wieder spannend, als wir viele Fledermausmumien und nach einigen Sackgassen den Hauptgang „riechen“. Aber Petr´s Licht ist pünktlich am Ende und es ist außerdem schon 21 Uhr. Bernd u. Walter sind inzwischen von oben im Biwak angelangt. Mit je nur einem Sack Ballast geht es schneller. Sie haben Nachschub herangebracht und hmmm, es gibt lecker zu Essen. Noch eine ganze Tafel Schokolade verschlinge ich hinterher, das stopft.

Donnerstag fängt gut an : Erstens esse ich kein Müsli mehr. Zweitens erzählt Bernd, daß wir von der Aussenwelt abgeschnitten waren. Ron oder Jörg hatten versehentlich 25m Seil in einem Schacht hochgezogen und das nicht bemerkt. Wir wären also ohne Hilfe nicht raus gekommen. Nunja, da wir es nicht wussten, hatten wir auch keine Last damit. Drittens wollten wir den Beiden den Schacht hinterm Kanaldeckel schenken, doch sie eröffnen uns, Sie hätten kein Seil mitgebracht. Kein Auftrag.

Wir retten den Tag indem Petr und ich Seil aus unserem tiefsten Höhlenteil ausbauen gehen. Ich will da sowieso noch eine mögliche Fortsetzung nachsehen. Bernd u. Walter, welche besser klettern können, setzen die Entdeckung am Südbahnhof fort. Zum Mittagessen sind wir wieder vereint. 2 Glückliche haben den Durchbruch in den vermuteten Gang gepackt. Wilde seilfreie Klettereien berichten Sie. Wir haben das Seil geborgen. Dabei nebenbei von unten Verbindung zum Mittagsschacht hergestellt. Gemeinsam geht es nun zum Windgang und hinterm Kanaldeckel abwärts. 60m wurden abgeseilt, weitere ca. 40m müssen warten.

Freitag : Angriff auf Tirol: Hinterm Südbahnhof unterwandern wir die Landesgrenze vom Salzburger Land nach Tirol und Bernd und Walter wiederholen Ihre Kletterkünste. Petr und ich gehen einen anderen Weg und warten in einer mutmaßlichen Verbindung bis das Seil aus dem schwarzen Himmel fällt. Abers kummt nit. Stattdessen erscheint ein nasser Bernd. Eine wunderschöne regenreiche Spalte führt kletterbar nach oben. Da wir das Ding vermessen müssen sind wir nach kürzester Zeit klitschnaß. Bei 1° Wasser- und Lufttemperatur nennen wir es passend Warmduscherspalt. Frisch gewaschen erreichen wir Walter in Tirol. Großer Jubel im wiedergewonnenen Hauptgang. Wir träumen vom Durchmarsch bis zur nahen Felswand, welche nicht allzu weit entfernt sein kann. Viel Fledermauskot und Fliegenlarven stimmen uns optimistisch. Den ersten Versturz nehmen wir noch, doch im zweiten bleiben wir orientierungslos stecken. Wäre ja der Knaller gewesen mitten in einer Steilwand aufzutauchen.

Die am Donnerstag nachgekommenen Ralf u. Bino, haben erfolgreich Verbindung zwischen den beiden Hauptschächten im oberen Teil der Höhle hergestellt. Dabei wurde noch ein superlanger P55 befahren. Der sog. Missing Link ist nun vermessen.

Bilanz:: 950 m Neuland vermessen, wieder neues Gebiet tiefer als 700m unter Eingang entdeckt, einige unberichtete Blessuren, eine vielversprechende Neuentdeckung in der Reifhornwand (Hoffnungsschacht) und der Ausgang in Tirol bleibt vorerst ein Traum. Aber es geht weiter!

Text: Oliver Kube, Fotos: Walther Appelt

 

Aktivitäten 2001

Die Höhlengruppe schaut auf ein sehr erfolgreiches Jahr 2001 zurück. Der rote Faden war natürlich unsere außerordentliche Aktivität in Lofer, welche uns von Januar bis Dezember ständig beschäftigte. Zwischendurch zur Erholung und auch als Training, wurden wie üblich einige Fahrten in den beliebten französischen Jura unternommen. Darüberhinaus waren wir auch international aktiv.

Jura: Genaugenommen begann das Höhlenjahr 2001 schon am 3. Advent 2000. Bei einer Anfängertour, fiel mir an altbekannter Stelle unbekannter Luftzug und donnerndes Wassergeräusch auf. Ganz zufällig hatte ich schon darüber gelesen und ebenso zufällig waren wir natürlich genau hier in der alten Grotte Baudin. Ein Durchstieg in den Grand Collecteur, einen unterirdischen Flußlauf von rund 10 km Länge steht dem Profi offen. Am abendlichen Kaminfeuer, Käse in der Hand und Vin de Pays auf dem Tisch, da reifte der Entschluß zur Befahrung.

Frankfurt: In den Wintermonaten begannen die Planungsarbeiten für Lofer 2001, unsere Forschungsarbeit. Dass wir wegen der großen Tiefe unsere Vorstoßtaktik umstellen mussten war allen klar, doch wie? Das Mission-Control-Team hatte einige Nachtsitzungen bevor im Juni der Befahrungsplan für 5 Teilgruppen, mehr als 2 Dutzend Aufgaben und 10 Teilnehmer verabschiedet wurde. Nur dank Excel blieb das noch übersichtlich.

Jura: Der 1. Mai war der Tag der Tage. 8 Stunden Vorstoß durch die Grotte Baudin in das Reseau de Verneau. Dank guter Pläne, Literatur-Recherche und einiger Techno-Seil-Tricks gelang die Schlüsselstelle freischwebend hoch überm donnernden Wasserfall. Whow, was für ein Gefühl. Es folgten noch so einige nasse Überraschungen. Nachdem auch unser letztes Seil in der Dunkelheit hinter uns verschwand, erreichten wir den aussergewöhnlichsten Tropfstein der mir je begegnet ist, La Tripode, das Dreibein. 7 Stunden trennten uns hier vom längst verblichenen Tageslicht. Der Rückweg war hart, der Morgen grüßte die Helden.

Sardinien: Während meines wunderschönen Jahresurlaubs konnte ich mit echten sardischen Höhlenforschern ein paar Höhlen erkunden. Dabei gab es wunderbare, warme Tropfsteinhöhlen mit üppigem Schmuck, Sinterperlen, Aragonitkristalle, historische Skelette, riesige Sinterfahnen, usw. zu bewundern. Wie ich schnell lernte, durfte der eigene Wein, Salami und schmackhafte Tomaten auf keiner Tour fehlen.

Vortour Lofer: 1400 Höhenmeter, 150 Kilo Material. Macht Spaß, außerdem trainiert es ungemein. Aus Tradition ein Muss.

Der Höhepunkt: Lofer 2001. Unsere minutiösen Pläne wurden mit einigem Improvisationsgeschick gut umgesetzt. Einzig 2 Tage nichts als Klöße waren im Zwischenbiwak zu beklagen. Dabei hatte sich diese Gruppe den Lebensmittelsack selbst wegbefördert. Unsere 35 kg Kabel wurden zu einer genialen Telefonverbindung genutzt. Unten ging es Dank der großartigen Nachschubleistung endlich wieder gut vorran. So wurde die bekannte Welt um über 1000 Meter vergrößert, der ersehnte Durchbruch. Ein Horizontalsystem in ca. 600 Metern Tiefe mit großräumiger Dimension ließ die Forscherherzen höher schlagen. Hier geht es 2002 mit Sicherheit weiter.

International: Die postloferische Depressionsphase war bei einigen nur kurz. So konnte auf Kuba mit der Cueva St. Thomas, die drittgrößte lateinamerikanische Höhle befahren werden. In Mexiko wurde wieder in warmem Wasser Blue Holes getaucht und in Kalifornien scheiterten einige Vorstöße an neuen Stahlgittertüren ! ( Wo haben die das bloß abgeschaut ?)

Frankfurt: Einige interessierte Jungforscher wurden gesichtet und am Seil trainiert. Zu der anvisierten Juratour kam es irgendwie dann leider doch nicht. Dafür kam nach der kinderreichen Weihnachtsfeier der 2. Advent und die Profis fuhren in den

Jura: Dem Gouffre de Baume de Cretes wurden seine vorletzten Geheimnisse entrissen. Auf 180m Tiefe kann mit einem Aufstieg im Bach, bald durch einen Canyon begonnen werden. Mehrere bis zu 7m hohe Wasserfallstufen wurden aus den Gumpen heraus erklettert, wunderschöne Mäander durchwandert. Der Rückweg war dann Canyoning sous terre, Seilabziehen und weiter. Leider waren die 180 m Wiederaufstieg in die Umlaufbahn recht zehrend. Es war mal wieder 4 Uhr früh als wir die Sterne erblickten.

Frankfurt: Wie Ihr seht, sind wir nichts als Warmduscher, Festnetztelefonierer, Eltern, Untergründler, Biwakkönige, und was nicht sonst noch alles. Wäre schön Euch kennenzulernen.

Oliver Kube

 

Forschung 2001

Ein Tag im Loferer Schacht

Um 8 Uhr werden wir durch einen Kocher und Töpfegeklapper geweckt. Eigentlich eine Erlösung von der kalten Nacht, denn in Biwak 2 in 575 m Tiefe geht bei 2 Grad Celsius (immerhin über Null) ein leichter Windzug. Trotzdem fällt das Aufstehen schwer, weil wir wieder unsere feuchten Höhlenklamotten anziehen müssen. Dank des trockenen Biwakplatzes sind sie zumindest über Nacht nicht feuchter geworden. Mit dem ersten Tee in der Hand sitzen Bernd, Oli, Hilary, Ralf und Bino am komfortablen Tisch aus edlem Naturstein. Bevorzugt wird heute (wie jeden morgen) Müsli und Erdnussbutter. Unser bequemes Biwak haben wir dem ersten Team zu verdanken: Kratja, Petr, Bernd und Oli, die eine geräumige und trockene Stelle ausgesucht und entsprechendes Biwakmaterial runtergebracht haben.

Plötzlich klingelt das Telefon! Das Außenbiwak meldet sich: Das Wetter ist stabil und wir verabreden, dass wir uns um 16 Uhr nach der geplanten Vermessungstour wieder zurückmelden. Unsere Army-Feldtelefone, die wir schon 1988 in der Heinzquetsche im Einsatz hatten, leisten uns gute Dienste. 1500 m Feldkabel und je ein Telefon im Außen- und in beiden Innenbiwaks erleichtern die Kommunikation und erhöhen die Sicherheit. Dank unserer Telekomexperten Dieter, Jörg und Walther war das ganze in 2 Tagen installiert.

Für die anderen ist heute Vermessung von Neuland angesagt. Biwak 2, welches von außen in 7-8 Stunden zu erreichen ist, liegt in einem riesigen Gang von 4-6 m Durchmesser und rund 400 m Länge, der in die eine Richtung, im sogenannten Ebbelwoi-Express, leicht nach Nordosten abfällt und in die entgegengesetzte Richtung im "Tiroler Tunnel" aufsteigt. In der Tat endet die Befahrung dieses Ganges 25 m vor der Landesgrenze von Salzburg nach Tirol. Die Vermessung dieses Ganges ist im Gegensatz zu den bisherigen engen Meandern und Kriechstellen ein wahrer Genuss. Eine angenehme Arbeit also für die drei Forscher, die den Vermessungstrupp bilden: Der ungelernte Fadenknecht, der voraus läuft bzw. kriecht und den Messfaden hinter sich her zieht; der des Lesens mächtige Vermesser, der Länge, Kompasswinkel und Neigung abliest; und zu guter letzt der Zeichner, der protokolliert und daher als einziger schreiben können muss. Daneben muss er die Aufsicht, die Seitenansicht und Gangprofile maßstabsgerecht zeichnen.

Im gesamten Loferer Schacht sind von uns seit 1990 in 34 Vermessungstouren so 104 DIN A4-Seiten Vermessungsprotokolle entstanden. Die Vermessungszüge werden per Computer ausgewertet und zu hause an langen Winterabenden zu einem Plan (Maßstab 1:250) gezeichnet, der mittlerweile 4 DIN A0-Bögen umfasst. Am letzten Messpunkt dieses Jahres finden wir in 500 m Tiefe das Skelett einer Fledermaus. Wir vermuten, dass diese wie auch ein weiteres auf -300 m gefundenes Exemplar die Höhle durch einen tieferen Eingang beflogen hat, auch wenn in dieser Tiefe 800 bis 1000 m Fels überwunden werden müssten.

Am Ende des Tages steigen Oli und Bino in 3 Stunden zum Biwak 1 (-430 m) auf, um dort zu übernachten. Von hier aus braucht man dann noch weitere 5-6 Stunden, um den Ausgang zu erreichen. Die verbleibenden Forscher verlassen die Höhle am nächsten Tag und wir konnten wieder einen neuen Biwakkönig krönen: Bernd hat 130 Stunden am Stück im Loferer Schacht verbracht. Endlich hat Österreich wieder einen Monarchen!

Die Erfolge der 10 Tour-Teilnehmer sprechen für sich: Dieses Jahr konnten wir die vermessenen Ganglänge des Loferer Schachts von 3038 m auf 4147 m vorantreiben, auch wenn wir unserer gestecktes Ziel von 750 m Tiefe noch nicht ganz erreicht haben. Zur Zeit ist der Loferer Schacht bis auf -707 m befahren. Wir werden aber weiter hart daran arbeiten!

Jochen "Bino" Hartig

 

Aktivitäten 2000

Auf 2200 Metern Höhe ist Zelten im Schnee reiner Luxus

FRANKFURT A. M. Der Raum ist kaum größer als eine Umkleidekabine im Kaufhaus. Drei mal drei Meter vielleicht - dafür aber sechs Meter hoch. Hier steht die Kletterwand des Deutschen Alpenvereins Frankfurt, hier üben die Mitglieder der Höhlengruppe das Abseilen. Die richtige Seiltechnik, so betont Gruppenleiter Ralf Camrath, sei "das A und O in den Schächten". Wer nicht genau weiß, wo er welchen Dübel in die Wand schlagen muss, habe später in der Höhle ein echtes Problem.

15 aktive Mitglieder hat die Höhlengruppe derzeit. An jedem ersten Montag im Monat treffen sie sich im Fritz-Peters-Haus in der Homburger Landstraße. Nicht nur um zu üben. Auch Touren werden an solchen Abenden geplant, Pläne studiert und ausgewertet. Gegründet wurde die Gruppe 1983 von ein paar Bergsteigern, die sich auf das Höhlenklettern spezialisieren wollten. Seitdem stehen regelmäßig Wochenendausflüge ins französische Jura auf dem Programm, wo es reichlich Höhlen gibt. Doch die sind bereits erforscht. Die wirkliche Faszination ist für die Frankfurter Höhlengruppe der Loferer Schacht im Salzburger Land. Jeden Sommer fahren die Mitglieder für eine Woche dorthin und sprechen oft von "ihrer Höhle". Denn die haben sie vor 15 Jahren selbst entdeckt und sind seitdem dabei, sie zu vermessen.

Der Weg zum Loferer Schacht ist beschwerlich, denn der Eingang liegt in 2200 Meter Höhe. "Wir kommen nur im Sommer dorthin", sagt Oliver Kube, stellvertretender Leiter der Gruppe. Doch auch in der so genannten warmen Jahreszeit gibt es in dieser Höhe noch Schneefelder, auf denen die Frankfurter ihre Zelte aufbauen. Wobei eine Nacht im Zelt in den Loferer Steinbergen schon Luxus ist. Geschlafen wird oft in der Höhle selbst, ein mitunter recht nasskaltes Vergnügen. Dafür haben die Mitglieder dann das besondere Höhlenerlebnis, das sich schwer in Worte fassen lasse, wie sie erklären. Es sei eben ein "ganz eigenes Gefühl" unter der Erde, sagt Ralf Camrath.

Abenteurer? Ja, vielleicht seien sie das, sagt Camrath. Denn mit einer kleinen Lampe am Helm bis zu 600 Meter in die Tiefe zu steigen, erfordere schon Mut. "Sieben bis zehn Stunden" brauche man, um aus dem Loferer Schacht wieder nach oben zu gelangen, so der Gruppenleiter: "Wer da mitmacht, muss trittsicher und schwindelfrei sein und darf keine Platzangst haben." Denn mitunter ist es in der Höhle noch erheblich enger als im Übungsraum im Fritz-Peters-Haus. Da die Touren außerdem recht kraftaufwendig sind, müssen alle Teilnehmer körperlich fit sein.

Wenn die Höhlengänger vor dem Abseilen in den Schacht ihr Material überprüfen, erinnert das ein wenig an Fallschirmspringer, die vor dem Sprung den Schirm peinlich genau kontrollieren. "Vertrauen in das Material" sei notwendig, sagt Gruppenmitglied Dirk Kislat. Wenn alle Seile und Karabinerhaken gut in Schuss sind, sei Höhlenforschen ein recht ungefährliches Hobby, erklärt Camrath. Wobei sich Gefahren auch nicht völlig ausschließen lassen. Besonders gefürchtet: Steinschlag und Wassereinbruch. Für Anfänger ist der Loferer Schacht also nichts. Zunächst einmal müssten Neue in der Höhlengruppe das Abseilen an der Kletterwand üben, sagt Camrath. Erst wenn sie das beherrschten, könnten sie bei einer leichteren Tour im französischen Jura mitmachen und das "Naturerlebnis Höhle" genießen.

Eine Selbstverständlichkeit ist für die Gruppenmitglieder bei ihren Touren der Umweltschutz. Einige Höhlen betreten sie erst gar nicht, weil dort Fledermäuse Winterschlaf halten und nicht geweckt werden dürfen. Außerdem nehmen sie auch den kleinsten Abfall aus den Höhlen wieder mit. Die Bezeichnung "Höhlenforscher" finden die meisten Gruppenmitglieder für sich passend. Als Wissenschaftler sehen sie sich aber nicht. Denn auch im Loferer Schacht, wo Kompass, Neigungsmesser und Maßband zum Einsatz kommen, hätten die Touren keinen wirklich wissenschaftlichen Charakter, sagt Camrath: "Das ist für uns vor allem ein Hobby."

Georg Leppert, Frankfurter Rundschau, 02.06.2000

 

Forschung 2000 - Erfolge in dunkler Tiefe

Wer uns Helden kennt weiß, daß ein Jahr ohne Lofer ein verlorenes Jahr ist. Dementsprechend hoch war seit Weihnachten auch die Zahl der potentiellen Expeditionsmitglieder. 10 Höhlenforscher beharrten bei der allmonatlichen Befragung trotz abschreckender Erfahrungsberichte stur auf ihrer Teilnahme. Entgegen dem langjährigen Trend und leider erst nachdem die Lebensmittel für 10 Personen durch die Vortour im Hochlager verstaut waren, kamen weitere 7 glaubwürdige Teilnehmermeldungen hinzu. Hektische Neukalkulationen der Essensvorräte, weitere Einkäufe, sowie Zu- und Absagen jagten sich anschließend bis zum Abfahrtstag. In der Nacht zuvor mußte wegen einer Fahrerabsage sogar noch die "Wer fährt mit wem - Planung" umgeworfen werden. Hilfe, wann bleibt da mal Ruhe zum Packen !

Doch endlich stehen die Telefone still, wir sind im Schneefeldbiwak in der kleinen Wehrgrube.Letztlich doch nur 11 Helden der Tiefe und ein belastbarer Träger haben der unsäglichen Hitze der Tages getrotzt, haben sich im Schatten Ihrer überdimensionalen Rucksäcke (wie praktisch) 1400 Höhenmeter hochgerungen. Wieder waren wir hochkarätig international besetzt. Hilary schaffte es Freitagabend aus New York, inklusive packen in Frankfurt, in rekordverdächtigen 20 Stunden bis ins Außenbiwak. Ron gab sich extra aus Kalifornien kommend einen Tag Vorsprung. Nur die Schweiz liegt so entfernt, daß Rafael erst am Sonntag in Erscheinung treten konnte.

Logistische Winkelzüge erforderte wieder die Frage wer schläft wann (mit wem natürlich, pfui !) im Innenbiwak, das heißt auf 435m Tiefe auf Terminal 1. Im sogenannten Treppenhaus auf 630 m Tiefe wollte niemand schlafen. Logisch, wer schläft schon gern im Treppenhaus. Nachdem also die 4 tatsächlichen Schlafplätze nach etwas Brainstorming (entschuldigt die Anglizismen) auf dann virtuell 6 Schlafplätze breit geredet waren, paßte der Höhlenfahrplan. Für die Laien : Wer fährt mit wem ein und aus. Nein, kein Aufzugsfahrplan, nein, auch wenn der Aufzug der neuen Helaba die läppischen 200 Höhenmeter in 38 Sekunden schafft, wir haben über 700 Höhenmeter, das dauert.

Doch damit bin ich schon bei den zunächst mageren Erfolgen. Zwei ebenfalls magere Teilnehmer konnten am ersten Forschungstag die Tiefe über alles um 1% auf 707 Höhenmeter voranbringen. Dann war Schluß mit lustig. Nur der Wind zieht weiter. Für humane Wesen und solche die das auch bleiben wollen, zu eng und zu kritisch. Großer Erfolg tags darauf. In gut 600 Metern Tiefe stoßen wir endlich in einen lange vermuteten Firstgang eines bekannten Mäanders vor. Doch welch Riesenüberraschung. Wir finden gleich 3-4 Etagen horizontaler Gänge. Die oberste Etage mit 5-8m Durchmesser. Die ersten Wandelgänge im Loferer Schacht überhaupt, und dann gleich solch beachtliche Querschnitte. Whow, wir sind überwältigt. 3 Tage werden nun viele neue Schächte und Abzweigungen registriert und eingemessen. Ein großer Schachtraum kann 40 Meter tief befahren werden. Leider endet der fortsetzende Gang dort nach einigen Windungen im Schutt. Der Rest wartet auf 2001, wir kommen wieder.

Die Abteilung "Wir müssen leider draußen bleiben", das heißt diejenigen, welche auf je 2 Thermarestmatten himmlisch gebettet, überdimensionierte Essensvorräte sinnlos vernichtend, die Zelte des Außenbiwaks hüten, bis Sie in den Loferer Schacht einrücken dürfen, sind derweil im Federschacht aktiv. 1999 entdeckt, war damals ein 60m Seil zu kurz für den Schacht. Steine poltern schier endlos hinunter. In einer lobenswerten Aktion bohrdübeln sich Bernd u. Co. ca. 120m hinunter. Gedübelt wird natürlich von Hand, da wir ja schon letztes Jahr die Atomstromversorgung unterbrochen hatten. Bernd dübelt also drauflos was der Hammer hält. Der hält jedoch länger als das Seil, denn das war 3m über Grund zu Ende. Mit "Schuhbandverlängerung" (natürlich nicht, aber so ähnlich) gelingt dann doch der Touch down (ääh, die Landung) auf dem Frostschuttboden. Leider, leider gibt's vor lauter feinem Schutt in der anschließenden Halle kein Weiterkommen. Es war so vielversprechend. Dabei ist's wie immer: Große Klappe, nix dahinter. Später konnte weiter oben noch ein Schacht und eine Halle ausfindig gemacht werden.

Die Abteilung "Ich geh lieber mal zur Hütte" berichtete täglich lobend von der neuen Hüttenwirtin auf der Schmidt-Zabierow Hütte. Gekrönt wurden die Anstrengungen dann Ende der Woche von einem Paket per Hubschrauber eingeflogenen Biers !!! Das ist Speleoservice par excellence, danke. Trotzdem, oder gerade deshalb, wurde etwas abseits des Weges der sogenannte Windtrichter am Rande einer mit Schnee verplombten Doline entdeckt. Dem Tropfwasser folgend konnte in einmalig eindrucksvollem, eisigen Ambiente, 50m wie im Müllschlucker vertikal durch eine Eisröhre abgeseilt werden. Ein furchterregender Eiszapfenvorhang gewährte über einem steilen Schneekegel Einlaß in eine phänomenal eisverzierte Halle. Eiswälle, große Eiszapfen, riesige Eiskristalle, 5m hohe filigrane Eiskerzen in bizarren Formen zeigen Ihre Pracht der Finsternis. Ein Privileg wer's erlebt. Doch wehe, wehe, wenn ich da zur Decke sehe ! Damokles lässt grüßen. Oh Graus, nix wie raus.

So ging die Forschungswoche unfallfrei und mit noch anderen kleinen Neuentdeckungen wie immer viel zu schnell zu Ende. Das Wetter war super. Meist sonnig und absolut trocken. Wann hat man das schon einmal, wenn man es braucht. Petrus sei Dank. Danke auch an die vielen irdischen Helferlein und die verständnislosen Ehefrauen, oder Freundinnen, die uns jährlich einmal ziehen lassen.

Oliver Kube

 

Aktivitäten 1999

Das Jahr und damit das Jahrtausend neigt sich dem Ende zu. Das wahrscheinlich folgenreichste Kapitel der Menschheitsgeschichte wird bald abgeschlossen. Die ganze Welt blickt gebannt in die Zukunft. Was wird kommen ... ?!

Nun, für die Höhlengruppe ist das alles kein Thema. Zum einen stehen wir mit beiden Beinen fest auf der Erde - sofern wir uns nicht gerade auf Tour und somit im hüfttiefen Schlamm befinden. Zum anderen verfügen wir nach vielen Jahren Höhlenforschung über einige Fähigkeiten, die sich in Zukunft als recht praktisch erweisen könnten, und um die wir dem zufolge von einigen ängstlichen Zeitgenossen sehr beneidet werden: wir können uns z.B. ohne weiteres in kürzester Zeit mit bloßen Händen in den Boden wühlen. Orientierung bei völliger Dunkelheit ist für uns kein Problem: einfach die Taschenlampe anschalten und den nächsten Lichtschalter suchen. Darüber hinaus sind wir extreme Entbehrungen gewöhnt: wie oft schon mußten wir am Ende einer kräftezehrenden Höhlentour auf die lebensspendenden Schokoriegel verzichten und statt dessen billige Aldi-Schokolade essen.

Diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Besondere Erwähnung verdient allerdings der selbstlose Einsatz einiger Höhlengruppler und Höhlengroupies, die unseren Fortbestand durch die Zeugung einiger Nachkommen in dreierlei Hinsicht gesichert haben. Erstens werden diese zarten Wesen irgendwann soweit heran reifen, daß sie z.B. einen 35 kg schweren Rucksack zum Loferer Schacht schleppen können. Zweitens sind wir dank des stundenlangen Geschreis dieser süßen Geschöpfe hervorragend auf extreme Streßsituationen vorbereitet. Desweiteren haben wir eine HÖGRUPENKA (Höhlengruppenpensionskasse) ins Leben gerufen, in die die lieben Kleinen später einmal 50% ihres Nettoverdienstes einzahlen werden, damit wir unseren wohlverdienten Ruhestand genießen können.

Wir haben aber nicht nur Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Auch die Vergangenheit, um die es hier ja eigentlich gehen soll, erfüllt uns mit jener ekelhaften Selbstgefälligkeit, die weniger erfolgreiche Mitmenschen bisweilen dazu veranlaßt, ihre Faust ruckartig in das Gesicht desjenigen zu führen, der eben diese ekelhafte Selbstgefälligkeit ausstrahlt. An dieser Stelle sei erwähnt, daß unsere permanent blutigen Nasen nicht auf ungünstig plazierte Höhlenwände, sondern auf günstig plazierte Fäuste ungünstig plazierter Neider zurückzuführen sind. Aber der Ruhm läßt uns den Schmerz leicht ertragen.

Der/die ein oder andere Leser/in wird sich inzwischen möglicherweise fragen: "Was haben diese Schwachköpfe denn nun das ganze Jahr über gemacht ???" ... außer blöde Sprüche zu klopfen. Ach ja, solche Kleingeister/innen hat es leider schon immer gegeben. Anstatt die sich ihnen offenbarende Genialität gebührend zu würdigen, treten sie sie mit Füßen - jawohl, so ist das nämlich !!! Aber damit die liebe Seele ihre Ruhe hat: wir haben in diesem Jahr wieder ganz schön viel gemacht. Wer aufmerksam die einschlägige Presse studiert hat, dem werden sicherlich folgende Schlagzeilen nicht entgangen sein, wobei hier nur exemplarisch einige Zeugnisse unseres weithin wahrgenommenen Wirkens angeführt werden:

"Frankfurter Höhlenforscher finden sogenannte Engstellen in französischen Höhlen zu eng !!"; "Bäckerstochter bedient im hauchdünnen Negligé: Rekordumsatz !!"; "Osterhase in Wasserhöhle ertrunken !!"; "Bekannter Rechtsanwalt zündet Karbidrakete: Arm verbrannt !!"; "Tropfsteine in Kubacher Kristallhöhle: Betrug !!"; "Höhlentraining in Belgien: Frankfurter brillieren mit ausgefeilter Seiltechnik !!"; "Erster internationaler Pennertreff in den Loferer Steinbergen eröffnet !!"; "Außerirdische auf Truppenübungsplatz gesichtet !!"; "Erste Unterschreitung des Großglocknermassivs gelungen !!"; "Nikolausfeier in eiskalten Räumen: Skandal !!".

Abschließend sei uns wenigsten eine ernsthafte Bemerkung erlaubt. Neben vielen schönen Stunden auf zahlreichen Touren hat uns das vergangene Jahr auch wieder das eine oder andere neue Mitglied gebracht. Dank der Neuzugänge, auch der vergangenen Jahre, ist die Höhlengruppe immer noch "alive and kicking" und wird dies wohl auch noch lange bleiben, denn Höhlenforschen geht nur in der Gruppe! Das ist zwar manchmal etwas mühsam, verbindet aber dafür viel stärker, als viele andere Bergsportarten.

Ralf Camrath

 

Forschung 1999

10 Jahre Loferer Schacht und kein Ende oder ...
... die Geister, die wir riefen, wir werden sie nicht los !!

Motivation

Die im letzten Jahr genährte Hoffnung auf ein Ende im Loferer Schacht wurde leider durch einen unüberlegten Forschungsvorstoß unserer in ihrem Eifer nicht zu bremsenden Helden zunichte gemacht. Während die Weicheier das Loch im Boden der zuletzt gefundenen Versturzhalle geflissentlich ignorierten, seilten die harten Männer kurzerhand ab und vermeldeten die Fortsetzung der Höhle. Durch diese selbstzerstörerische Aktion wurde sowohl die Grenze von 700 Tiefenmetern als auch die Kraft der weniger herkulischen Teilnehmer durchbrochen.

Vorstoß

Das mutmaßliche Ende in der Versturzhalle in 640 Metern Tiefe sollte der diesjährige Angriffspunkt sein. Als sehr nützlich erwiesen sich die mitgebrachten Trompetenkäfer, durch deren wohlriechende Duftmarken unsere Helden den höhleneinwärts wehenden Wind bis in die kleinsten Spalten verfolgen konnten. Trotz energischer Rückhalteversuche seitens der anwesenden Memmen, gelang es den Heroen, einen Weg in die sinnlose Tiefe zu finden. Als Träger des lehmbraunen Karategürtels war es ihnen ein leichtes, die Felsblöcke, die sich ihnen in den Weg stellten, mit Handkantenschlägen und Kopfstößen zu zertrümmern. Ohne darüber nachzudenken, daß weitere qualvolle Forschungsjahre drohten, weckten sie mehrere Schächte aus ihrem vermeintlich endlosen Schlaf. Das vorläufige Ende der Offensive wurde in 700 Metern und 18 Zentimeter Tiefe erreicht, womit der Loferer Schacht auf Platz zwei der tiefsten Höhlen in den Loferer Steinbergen vorrückt.

Biwak

Die Einrichtung des Biwaks wurde diesmal besonders sorgfältig geplant. Hierbei ließen wir uns von einigen philosophischen Überlegungen leiten. Normalerweise ist das Produkt aus Leistungsfähigkeit und Lebensstandard eine Konstante (ähnlich dem Produkt aus Intelligenz und Schönheit). Bei zunehmender Degeneration ist dies allerdings nicht mehr gegeben. Beide Faktoren nehmen ab, die vermeintliche Konstante geht in den Keller und die ehemaligen Zivilisationsmenschen sitzen wieder nackt auf dem Boden und reiben Stöcke gegeneinander. Angesichts dieses drohenden Schicksals und in Erwägung unseres fortgeschrittenen Alters hielten wir es für vernünftig, den Lebensstandard in unserem Biwaks zu erhöhen, um weiterhin eine stabile Konstante zu erreichen. Unser Lagerplatz wurde somit um Zelte, Benzinkocher und Tütenklo (vergleiche Überschrift) bereichert. Zusätzlich wurde das Biwak in eine Tiefe von 430 Metern verlegt, wobei nicht klar zu ermitteln war, ob dies höhere oder geringere Ansprüche an die Leistungsfähigkeit mit sich brachte.

Randeffekte

Durch eine rückwirkende schonungslose Analyse unserer Forschungswoche, konnten einige Randeffekte erklärt werden, die auch schon bei früheren Touren zu beobachten waren. So traten wiederholt Kommunikationsprobleme zwischen den Teilnehmern auf. Die Ursache hierfür wurde in der multinationalen Zusammensetzung unseres Forscherteams gefunden. Insbesondere die Verständigung zwischen Tschechen und Deutschen gestaltete sich als schwierig. Unserer amerikanischen Freunde hatten es wie immer einfacher. Dies vor allem deshalb, weil sie - im Gegensatz zu unserem exotischen Sympathieträger aus dem Frankenland - der deutschen Sprache mächtig waren. Auch dem Wirt der nahegelegenen Hütte, waren außer einem genuschelten "Nudlsuppn mit Würschtln" keine klar artikulierten Worte zu entlocken.

Desweiteren fanden wir heraus, daß das Wetter mal wieder mit gezinkten Karten spielte und eine beträchtliche Anzahl an Regenjokern im Ärmel versteckt hatte. Ein Umstand, dem in den wasserdurchfluteten Schächten nur mit einem (fast) wasserdichten PVC-Schlaz zu begegnen war. Durch Transpiration wurde hierbei ein ideales Feuchtigkeitsgleichgewicht zwischen innen und außen geschaffen. Unsere transpirationsstärksten Teilnehmer hingegen bevorzugten atmungsaktive, wasserdurchlässige Schlaze aus Nylon und machten die Erfahrung, daß der osmotische Druck eines Wasserfalles auch durch heftigstes Schwitzen nicht auszugleichen ist.

Nicht geklärt werden konnte, warum sich einer unserer Kollegen von seiner Kette losriß und - das zuvor verhängte Höhlensuchverbot blindwütig mißachtend - einen weiteren Schacht in der Nähe des Außenbiwaks entdeckte. Wir vermuten, daß manche Höfos ein ausgeprägtes Gespür für Orte haben, deren Erforschung bzw. Besuch mit unmenschlichen Qualen verbunden ist. Der besagte Kollege ist jedenfalls auch dazu in der Lage, mit verbundenen Augen beispielsweise seinen Zahnarzt, das Finanzamt oder die Wohnung seiner Schwiegermutter zu finden.

Schlußbemerkung

Eine weitere Frage, die uns schon seit Jahren beschäftigt, konnten wir leider auch diesmal nicht zufriedenstellend beantworten. Warum machen wir das eigentlich ?! Objektiv betrachtet was es kalt, naß, dreckig, eng, ungemütlich und vieles mehr, was man auch gegen angemessene Bezahlung nicht ertragen würde. Subjektiv war es eine klasse Tour - vor allem im nachhinein !!

Text: Ralf Camrath, Fotos: Oliver Kube



Aktivitäten 1998

Beginnen wir mit dem freudigsten Ereignis: Nach neun Jahren ohne geistige Orientierung, wurde uns in der vergangenen Neujahrsnacht endlich wieder ein König geboren (unser früherer Biwakkönig war dieser Aufgabe wegen fortgeschrittener Senilität leider schon lange nicht mehr gewachsen). Die Feierlichkeiten fanden im Französischen Jura statt. Schauplätze der Ereignisse waren das königliche Jagdschloß zu Sombacour, die benachbarte Kirche (erbaut 1493) und der örtliche Kreuzweg (14 Stationen, Schwierigkeit I+), auf welchem der angehende König wegen der widrigen Wegverhältnisse (Wandern im schweren Schlamm) dreimal stürzte. Der Höhepunkt der Zeremonie, die Verwandlung eines häßlichen Materialwarts zum wunderschönen Monarchen, wurde selbstverständlich für die Nachwelt fotografisch festgehalten: Seine Herrlichkeit vor dem königlichen Kamin mit königlichem Greif (leider vor drei Monaten verschieden).

In Voraussicht dieses freudigen Ereignisses hatten sich die Untertanen bereits das ganze Jahr bemüht, den Ruhm ihres kommenden Königs zu mehren. Einige besonders eifrige Knechte suchten zahllose Höhleneingänge auf. In rastlosem Todesdrang spornte einer dieser Heroen seine Begleiter zu immer größeren Anstrengungen und Tiefen an. Somit konnten viele neue, gleichermaßen späleologische und heldenhafte, Errungenschaften auf die Schärpen geschrieben werden.

Andere Untertanen schwärmten aus, um auf den Spuren E. A. Martels (Vater der Höhlenforschung, 1859-1938) zu wandeln. Sie mischten sich unauffällig unter 5000 Sangria-Süchtige und bezwangen im Gänsemarsch die mallorquinische Cueva del Drach. Die einzigartige Tropfsteinwelt konnte jedoch nicht über das musikalisch-traumatische Finale hinweg helfen. Gerüchten zufolge, wird die Grabstätte des Entdeckers Martel mittlerweile von einem Energieunternehmen zur Stromerzeugung genutzt.

Erfreulich wie immer verlief dagegen das erlebnispädagogisches Wochenende für schwer erziehbare Studenten aus Koblenz. Als besonders wirksame Maßnahme erwies sich das stundenlange Foto-Shooting im eiskalten, brusttiefen Wasser, wobei erst unter der betäubenden Wirkung vieler Liter roten Traubensaftes eröffnet werden konnte, daß in der Kamera kein Film eingelegt war. Dafür besuchten wir am nächsten Tag eine der schönsten Höhlen des Französichen Juras, in die uns ein ortsansässiger Höhlenführer gegen die noble Spende von sechs Blonden (Biere natürlich, was denn sonst) begleitete. Ein wenig mühsam erwies sich jedoch die Überwindung des ausgelegten Stacheldrahtes und der Selbstschußanlagen.

Noch ein Geheimnis müssen wir an dieser Stelle lüften. Um die Zahl der Analphabeten und der schlechten Zeichner in der Höhlengruppe von 90 auf 85 Prozent zu drücken, nahmen viele Untertanen weisungsgemäß an einem Wochenende in einem Steinbruch teil, in dem die Vermessungstechnik und die Dokumentation der Ergebnisse verbessert wurden. Mit den Fähigkeiten bewaffnet, das Wort "Höhle" zu schreiben und zusammenhängende scharze Linien zu zeichnen, wurde die Lofer-Expedition 1998 ein voller Erfolg. Nur noch konditionelle und stilistische Schwächen waren zu beklagen.

Damit auch wieder in diesem Jahr viele Höhlen erforscht werden, wurde ein königlicher Folterknecht berufen, der die heroischen Leistungen streng anhand der nach unten offenen Schleifsackgewichts-Skala bewerten wird.

Autoren: Ralf Camrath, Jochen Bino Hartig, Dirk Kislat.

 

Forschung 1998

Nach dem gnadenlos heißen Aufstieg über 1400 Höhenmeter, mit übermächtig drückenden Rucksäcken, pfeifft nun der Wasserkessel und das Biwakleben beginnt. Es rüstet sich die erste Vierergruppe zum Einstieg in unsere langjährige Forschungshöhle. Runter geht es über die fast schon langweilige Engstelle bei -70 m, diverse fiese Mäander, geile Schächte, morsche Seile und grün korrodierte Karabiner. Wir verlegen den Biwakplatz auf -430 m Tiefe. Nach Überwindung einiger delikater Wasserkaskaden können wir in einen neuen Schacht vordringen, über welchem ein riesiger Felszacken gut 5 Meter horizontal aus der Wand ragt, der Drachenzahn. Im Schacht, vom Wasserfall begleitet, bringt uns ein weiterer Mäander wieder in trockenere Gefilde. Da stoppt eine ziemlich unmöglich aussehende Engstelle unseren Eifer. Es zieht jede Menge Wind durch, aber ob wir da durchpassen??? Nach ungewohnter Nachtruhe verabschieden sich zwei Teilnehmer nach oben. Zu zweit versuchen wir die Engstelle zu passieren. Hilary zuerst, aber er paßt leider nicht durch, oje. Jetzt probiere ich es. Mir gelingt der Durchschlupf und ich lande in einer schrägen Halle. Ca. 20 m tiefer kann ich noch vordringen, hier geht es weiter. Leider bin ich alleine und muß zurück. Mit Hilarys Hilfe quetsche ich mich wieder raus. Was nun? Von unten habe ich zwei große Löcher in der Decke bemerkt, durch welche auch Wind spürbar ist, die müssen wir von oben erreichen, dann wäre der Zugang für alle machbar. Im verstürzten Teil des Mäanders suchen wir nach der Umgehung. Auch hier ist der Wind. Hier seitlich gibt es eine schmale Öffnung nach unten, ja da könnten wir durchpassen. Ich gelange 2 m tiefer in eine Querspalte. Wind OK. Zuerst nach links, leider nach 4m zu Ende, kein Wind mehr, naja, dann die andere Seite. Doch auch hier endet es ohne Wind. Nanu? In Sackgassen gibt es doch keinen Wind, wo ist er geblieben? Zurück zur Mitte, ja da ist der Wind ganz deutlich, seltsam. Da entdecke ich in Kniehöhe ein Loch, bücke mich, stecke den Kopf hinein wobei es mir fast das Licht auspustet, und blicke auf einen eine saubere V-Spalte bildenden gespaltenen Versturzblock. Psychologisch unangenehme Stelle, aber machbar. Ich mogle mich durch und kann kurz darauf von oben in die schon entdeckte schräge Halle blicken. Jippie, geschafft. Nun geht es rasch weiter hinab. Wir stoßen auf einen hohen, ca.1-2m breiten Mäander. Glücklich und zufrieden kehren wir ca. 620 Höhenmeter unter dem Eingang um. Gut drei Stunden später erreichen wir die zweite Gruppe im Biwak. Während die Speckknödel mit Jägersoße auf sich warten lassen, führen wir das erprobte Frankfurter Schlot-Erkundungs-System (SES) vor. Ja, Schächte von oben nach unten zu vermessen ist verhältnismässig einfach, was aber tun, wenn man unten steht und gerne die Höhe wüßte ? Hier hilft SES ! Ein an den Fadenmesser gekoppelter Heißluftballon steigt mühelos 30m auf. Zusätzlich positiv ist die Beleuchtung des Schlots durch den Ballon. Hilary und ich verlassen nach 79 Stunden unter Tage die Höhle. 30 Minuten später tobt ein Gewitter los. Wir bangen um die Freunde unten, wie mag sich das viele Wasser im Schacht auswirken? Wie mir Bernd später berichtet, hörten sie ein dumpfes Brausen, das den Wasserschwall ankündigte. Innerhalb 2 Minuten brummt und tost es gewaltig im Schacht. Die drei sind mächtig nervös. Die Rinnsale füllen sich, an den Wänden rinnt das Wasser, es tropft wie Regen aus den Schloten, Nebelschwaden bilden sich, dazu der Krach. Die drei gelangen sicher und nur angefeuchtet, wenn auch verschreckt, ins Biwak zurück. Später befahren die Freunde die enge und anstrengende Fortsetzung des großen Mäanders. Sie stoßen über Stufen immer tiefer vor. Erstaunlicherweise finden sie in dieser Tiefe noch Fledermausknochen. Schließlich geht der Vermessungsfaden zu Ende, bevor eine geräumig dimensionierte Versturzhalle mit großen Blöcken erreicht wird. Für dieses Jahr ist hier bei ca. 650m Tiefe Schluß und der Endpunkt der Forschung wird markiert. Oben bleibt es trübe. Wir sitzen auf unseren feuchten Sachen, pflegen uns, schlafen und hoffen auf besseres Wetter. Auch die zweite Gruppe verläßt die Unterwelt. Draußen gibt es Resteessen und -trinken, wobei der überschüssige Wodka einen Teilnehmer sehr erheitert, was wiederum alle anderen belustigt.

Im neuen System des Loferer Schachts wurde in diesem Jahr eine Tiefe von -627,87 Meter erreicht. Die Gesamtlänge der Höhle steigt auf 2391,49 Meter.

Text: Oliver Kube, Fotos: Bernd Kahlert, Oliver Kube, Grafik: Jochen Hartig.

 

Aktivitäten 1997

Da wir uns aufgrund des fortgeschrittenen Abends nicht mehr an alle Einzelheiten des vergangenen Jahres erinnern können, fangen wir mit dem absoluten Highlight, „La Ola" für Chefkoch Dirk K. aus F., für die Zubereitung von Forellen aux Herbes de Provence, an. Diese wurden unter den neidischen Blicken der Geier verspeist, die über der Gorge de la Jonte kreisten, durch deren Oberlauf wir tags darauf eine feuchtfröhliche Canyoningtour unternahmen, bei der sich Bino H. aus D. beim Acht-Meter-Sprung das Ohr verstauchte.

Ein weiterer Höhepunkt war die erste der beiden Touren mit Studenten aus Koblenz, bei der der Besuch von zwei Höhlen mit ausgiebigen Schlammschlachten und allabendlichen Ausschweifungen, die mit dem Werfen von Weinkorken begannen und über Bananenschalen-Zielwurf im Wet-T-Shirt-Contest kulminierten, auf dem Programm standen. Bei dieser Tour entschied Ralf C. aus H., an der nächsten, wegen sich abzeichnender mentaler Überlastung, nicht mehr teilzunehmen, was sich als weise Entscheidung herausstellte, da hier nervenlose Höhlenführer gebraucht wurden, die auch mal einen Anfänger per Flaschenzug aus dem Schacht ziehen können, um sich danach als Helden feiern zu lassen.

Ebenfalls nicht unerwähnt bleiben darf unser Engagement für zehn kleine fliegende Brillenträger mit eingebauter Radaranlage, deren Gehege im Frankfurter Zoo wir durch unseren finanziellen Beitrag vor der Auskühlung bewahrten und deren Nachwuchs damit bis zum Schlüpfen gebracht werden könnte, wobei auch danach eine aufwendige Nestpflege notwendig ist, weshalb wir festen Willens sind, auch zukünftig unseren Teil zum Erhalt der Brillenblattnasen-Fledermäuse beizusteuern.

Neben diesen Großtaten fanden natürlich noch vielbesuchte Fahrten ins französische Jura statt, bei denen, dank des neu erschienenen französischen Höhlenkatasters systematisch von uns noch nicht begangene Höhlen besucht wurden. Die obligatorische Unterstützung der Aachener Höhlengruppe SAGA, ein Ausbildungswochenende für Höhlenvermessung und unsere erfolgreiche Tour in den Loferer Schacht möchten nur am Rand erwähnt werden, wobei wir Stolz auf die Veröffentlichung unserer Höhlenpläne im sechsten Band des Salzburger Höhlenbuchs blicken.

Text: Jochen Bino Hartig, Ralf Camrath, Uwe Fritsch

 

 

Forschung 1997 - der Weg ist das Z...

...iemlich Schlimmste, was es gibt! Zur Einstimmung auf die diesjährige Forschungstour machten wir es uns erst einmal beim Gruppenabend gemütlich und lösten Kreuzworträtsel. „Alljährliches Grauen" mit fünf Buchstaben: LOFER! „Neuzeitliches Folterinstrument" mit acht Buchstaben: RUCKSACK. Abkürzung für „Fucking Hero": FH. Das nächste Rätsel lautete: warum machen wir das überhaupt? Schweigen im Raume. Ist ja auch eine blöde Frage. Es gibt ja auch noch andere Triebe, die sich nur schwerlich unterdrücken lassen. Na also!

Nachdem wir unsere hochgezüchteten Denkapparate auf diese Weise in Schwung gebracht hatten, beschäftigtem wir uns mit dem letzten Rätsel: wie bringe ich acht Höhlenforscher in einem Biwak (in der Höhle) unter, in dem nur für drei Personen Platz ist? Die Lösung erwies sich als denkbar einfach: determiniatische Permutation (8 Fakultät) der Teilnehmer! Ist doch logisch oder?! Im Klartext: Wo für drei Personen Platz ist, passen allemal vier Höhlenforscher hin. Während also vier FH’s (siehe oben) die Ehre haben, sich im Höhlenbiwak den Allerwertesten abzufrieren, sitzen die anderen vier (4 + 4 = 8, gelle) derweil vor der Höhle und halten sich unter regelmäßiger Einnahme eines russischen Nationalgetränks (fünf Buchstaben) bei Kräften, um die Kollegen zu gegebener Zeit abzulösen.

Diese denkerischen Höchstleistungen waren nach den Ergebnissen der Forschungstour des letzten Jahres notwendig geworden. Letztes Jahr hatten wir im Loferer Schacht eine Tiefe von ca. 350 Metern erreicht. Die Höhlenbefahrung vom Eingang aus dauert bei dieser Tiefe mindestens 12 Stunden. Dies ist zum einen auf die Dauer etwas anstrengend, zum anderen ist die Zeit für die Forschungsarbeit auf diese Weise äußerst knapp bemessen. Aus diesem Grunde wollten wir dieses Jahr unsere abgrundtiefe Abneigung gegen ein Biwak in der Höhle (kalt, feucht, dreckig, eng) überwinden. Und wie bereits gesagt sollte dies im Schichtdienst geschehen, da a) sowieso nicht genügend Platz im Höhlenbiwak für alle Teilnehmer ist, b) nicht mehr als vier Leute gleichzeitig sinnvoll in der Höhle arbeiten können und c) es keinem zuzumuten ist, mehr als maximal drei Nächte in der Höhle zu verbringen.

Mit einem perfekten Zeitplan im über 30 kg schweren Rucksack tänzelten wir also die rund 1300 Höhenmeter zum Höhleneingang durch wegloses Gelände und mußten am Ziel feststellen, daß das Ziel weg war! Irgend jemand hatte nämlich unverschämterweise 5 Meter Schnee liegengelassen - darunter unser Höhleneingang und der Biwakplatz. Glücklicherweise hatten wir aber echte Fränkische Höhlenprofis (Abkürzung ebenfalls FH) dabei, die am Rande des Firnfeldes einen Durchschlupf zur Höhle entdeckten. Im weiteren Verlauf der Woche entwickelten unsere FH’s allerdings leider gewisse Star-Allüren („Kann mal jemand die Höhle saubermachen? Mein Schlaz wird ja ganz schmutzig!").

Nachdem also der Anfang erfolgreich gelungen war, konnte die Woche nun ihren ebenfalls erfolgreichen Verlauf nehmen. Wie unsere Fans (Hi Fans !!) aber wissen, verzichten wir aufgrund unserer Bescheidenheit darauf, unsere abenteuerlichen Erlebnisse in epischer Breite zu schildern. Die Behauptung, der wahre Grund hierfür liege darin, daß wir uns wegen des russischen Nationalgetränks gar nicht mehr an alles erinnern können, muß allerdings als boshafte Lüge zurückgewiesen werden. Als Gegenbeweis seien folgende Eckdaten genannt: eine Woche Biwak im Schichtbetrieb in der Höhle, 170 Tiefenmeter erforscht, 220 Tiefenmeter vermessen, vorläufiger Endpunkt der Forschung in 518 Metern Tiefe. Darüber hinaus wurden vier Liter russischen Nationalgetränks und unzählige Kilogramm Wong-Tongs ihrer natürlichen Bestimmung zugeführt. Und wer nicht weiß was Wong-Tongs sind, muß halt mal bei uns mitfahren. Dabei wird der- oder diejenige auch feststellen, daß wir zwar genauso albern sind wie unsere Artikel, aber trotzdem Touren unternehmen, die uns einen festen Platz im gerade neuerschienenen Salzburger Höhlenbuch gesichert haben. Und darauf sind wir schon ein bißchen stolz: daß wir in den Loferer Steinbergen ganz vorne - bzw. ganz unten - mitmischen!

Text: Ralf Camrath, Fotos: Oliver Kube, Zeichnung: Walther Appelt.

 

Aktivitäten 1996

Ein weiteres Jahr internationaler Höhlenforschung ist vorüber. Unsere Gruppe hat Dank ihrer ewigen Jugend und ungebrochenen Vitalität eine Erwähnung im Guinness Buch der Rekorde verdient. Während 16 Touren wurden unzählige Höhlenkilometer horizontal als auch vertikal zurückgelegt, Tonnen von Seilen und Schleifsäcken geschleppt sowie kubikmeterweise französischer Käse und Baguette verschlungen. Aufopferungsvoll haben wir außerdem unermeßliche Mengen hochgiftiger Flüssigkeiten zu unser aller Wohl umweltfreundlich entsorgt.

Das speläologische Jahr wurde mit einer gemeinsamen Tour mit der Jungmannschaft des DAV in diverse Schachthöhlen eingeläutet. Nach einigen weiteren Fahrten ins französische Jura ließen wir uns auf die tiefsten Niveaus einiger Bergwerke in der Eifel und im Hintertaunus herab und fragten uns: Wie tief sind wir gesunken? Bald darauf durften wir jedoch an einem der Forschungshöhepunkte in Hessen teilhaben: Bei einer langwierigen und gefährlichen Neulandgrabung konnte ein großes Höhlensystem um immerhin 75cm verlängert werden.

Im Sommer setzte sich unsere Erfolgsserie in den Loferer Steinbergen fort (siehe unten). Aufgrund unserer Bescheidenheit wollen wir nur am Rande erwähnen, daß wir bei unserem Ausflug in den Loferer Schacht knapp 500m Neuland entdeckten. Wir besuchten weitere Höhlen in Österreich wie den Kolkbläser und den Lamprechtsofen. Von den österreichischen Kleinhöhlen gelangweilt, schwärmten wir aus, weitere weiße Flecken auf dem Globus mit Farbe zu erfüllen. Der Ruf „Glück Tief" hallte durch Neuseeland, Amerika, Ungarn und schreckte die Grottenolme auf den Kanaren und in den Cevennen auf.

Gegen Ende des Jahres durften wird nochmals unsere pädagogischen Fähigkeiten unter Beweis stellen, als es hieß, mit freakigen Informatikern und netten Pädagoginnen gemeinsam in Höhlen zu gehen. Keine leichte Aufgabe, die uns vom Koblenzer Unisport schon zum zweiten mal aufgebürdet wurde. Mit Schlammpackungen und Tauchübungen konnten wir allerdings auch die vorlautesten Teilnehmer ruhig stellen. Als Belohnung für alle Taten gab es jeden Abend dann ein leckeres Essen und entspannende Massagen.


 

Forschung 1996

Die Gruppe: Die Frankfurter Höhlengruppe besteht aus etwa 15 Personen und ist dem Deutschen Alpenverein, Sektion Frankfurt am Main, angeschlossen. Das Altersspektrum reicht von Anfang 20 bis Ende 30. Einige "Altgediente" sind bereits seit ihrer Schulzeit dabei. Inzwischen sind die meisten von uns berufstätig, finden aber immer noch die Zeit, sich der Höhlenforschung zu widmen und Kontakte zu pflegen. Bei unseren jährlich stattfindenden, ein- bis zweiwöchigen Forschungstouren werden wir durch befreundete Gruppen aus Erlangen und Aachen unterstützt.

Das Gebiet: Unser Forschungsschwerpunkt liegt in den Loferer Steinbergen in Österreich, 30 Kilometer südlich von Bad Reichenhall. Der höchste Gipfel dieses Gebirgsstocks ist das Große Ochsenhorn (2513 m). Der Eingang des Loferer Schachtes befindet sich in der Flanke des Reifhorns (2487 m) auf einer Höhe von rund 2200 Metern. Mittlerweile sind die Loferer Steinberge fast schon unsere zweite Heimat. Für die Einheimischen sind "die Frankfurter" immer wieder gern gesehene Gäste, so daß sich zu einigen freundschaftliche Beziehungen entwickelt haben.

Die Geologie: Die Loferer Steinberge sind im oberen Bereich aus löslichem Dachsteinkalk aufgebaut. Unterlagert wird der Kalk durch Schichten des Hauptdolomits. Dieser ist in nur geringem Maße löslich und weist daher kaum Höhlenbildungen auf. Die Grenzschicht zwischen Kalk und Dolomit wird am tiefsten Punkt des bekannten Teils des Loferer Schachtes (ca. 1550 m ü NN) erreicht. Trotzdem besteht die Chance, größere Tiefen zu erreichen, da die Schichten schräg einfallen. Eine weitere Möglichkeit der Höhlenfortsetzung bildet das bei ca. 1600 Meter über NN liegende eiszeitliche Höhlenniveau, welches in den nördlichen Kalkalpen weit verbreitet ist.

Die Geschichte: Unsere Gruppe forscht seit 14 Jahren in den Loferer Steinbergen. 1983 entdeckten wir die "Heinzquetsche", deren Erforschung wir 1989 in einer Tiefe von 330 Metern abschlossen. Der Loferer Schacht wurde 1984 von polnischen Höhlenforschern entdeckt und bis 1985 erforscht. 1990 begannen wir dessen weitere Erkundung und entdeckten 1992 das vielversprechende neue Schachtsystem, dem jetzt unsere Aufmerksamkeit gilt.

Der Loferer Schacht: Mit einer Tiefe von 654 Metern ist der Loferer Schacht, nach der Herbsthöhle, die zweittiefste Höhle in den Loferer Steinbergen. Den Hauptteil bildet eine Kaskade von Schächten, darunter ein 190-Meter-Schacht. Trotz der enormen Tiefe beträgt die horizontale Ausdehnung der Höhle nur 200 Meter. Für den Abstieg bis zum Endpunkt benötigt man, ohne Einrichtungsarbeiten und schweres Material, ca. vier, für den Aufstieg sieben Stunden.

Das neue System: Die Erkundung des bereits bekannten Teils des Loferer Schachtes brachte zunächst keine Neuentdeckungen. Beim Rückzug aus den tieferen Teilen der Höhle fanden wir jedoch in 100 Metern Tiefe eine unscheinbar beginnende Fortsetzung, die sich bald in gleichen Dimensionen wie der Hauptteil nach unten entwickelt. Bis 1996 erreichten wir in diesem neuen Schachtsystem eine Tiefe von rund 400 Metern. Der Forschungsvorstoß endete inmitten eines riesigen Schachtes, der wegen Seilmangels nicht bis zum Boden befahren werden konnte. Die Technik Der Loferer Schacht besteht aus einer Abfolge einzelner Schächte und weist kaum Horizontalstrecken auf. Da die Schachtwände meist senkrecht und häufig sogar überhängend sind, erfolgen der Abstieg und der Aufstieg nahezu ausschließlich an Seilen. Diese haben eine Stärke von 10 bis 11 Millimeter und werden mittels handgeschlagener Bohrdübel an der Wand befestigt. Um ein Scheuern des Seiles am Fels zu vermeiden, sind am Anfang eines jeden Schachtes und auch innerhalb der Schächte mehrere Befestigungspunkte nötig.

Die Vermessung: Wesentlicher Bestandteil der Erforschung ist die exakte Vermessung und Beschreibung der Höhle sowie die Erstellung eines Höhlenplans (siehe unten). Entsprechende Unterlagen übergeben wir nach jeder Tour unter anderem an die Salzburger Landesregierung. Ferner dienen sie der Vervollständigung des Salzburger Höhlenkatasters und sind damit auch für andere Höhlenforscher einsehbar.

Die Forschung: In der Höhle wird in kleinen Gruppen von zwei bis vier Personen gearbeitet. Eine Gruppe übernimmt die Einrichtung (Dübel schlagen, Seile anbringen, etc.) der neuentdeckten Höhlenteile. Eine zweite Gruppe führt die Vermessung durch. Bei entsprechenden Gegebenheiten kann eine dritte Gruppe potentielle Höhlenfortsetzungen suchen und vorerkunden. Bei der derzeitigen Tiefe von 400 Meter dauern die Forschungsvorstöße vom Außenbiwak 10 bis 15 Stunden.

Die Vorbereitungen: Da die Erforschung von Höhlen im Salzburger Land in Abstimmung mit der Landesregierung geschieht, ist zunächst eine Genehmigung für die geplante Forschungstour einzuholen. Für die Höhlenbefahrung und das Biwak in 2200 Metern Höhe sind erhebliche Mengen an Material und Lebensmitteln zu beschaffen, wobei der Bedarf möglichst genau geschätzt werden muß, da alles im Rucksack über 1400 Höhenmeter bzw. ca. 5 Stunden zur Höhle getragen wird. Rucksäcke unter 30 Kilogramm sind dabei die Ausnahme. Häufig werden Vortouren durchgeführt, um einen Teil des Materials bei der auf dem Weg liegenden Alpenvereinshütte zu deponieren. Von der Hütte sind es noch etwa 90 Minuten, größtenteils durch wegloses Gelände, bis zum Loferer Schacht.

Das Biwak: Da es in der Umgebung der Höhle keine ebene Fläche in ausreichender Größe gibt, ist das Biwakieren mit gewissen Unannehmlichkeiten verbunden. Die erste besteht darin, bei meist strömendem Regen das vor der Höhle gelegene Altschneefeld einzuebnen. Gelegentlicher Sonnenschein erfreut zwar die Sinne, bewirkt aber ein Abschmelzen des Schnees und damit einhergehend ein Abrutschen des Zeltes. Häufige Fröste gefährden nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die Wasserversorgung, da das Tropfwasser im Höhleneingang ausbleibt. Beim Biwakieren in der Höhle wird man mit gleichbleibenden Temperaturen von ca. zwei Grad belohnt. Diesen "Komfort" muß man sich allerdings mit einem anstrengenden Gepäcktransport durch die befahrungstechnisch anspruchsvolle und stellenweise sehr enge Höhle erkaufen. In den Genuß dieses Privilegs kommen maximal drei Personen, da auch in der Höhle keine größeren Ebenheiten anzutreffen sind.

Die Teilnehmer: An der Forschungstour 1996 waren beteiligt: Walther Appelt (Fotos), Ralf Camrath (Text), Dr. Rafael Ferreiro-Mählmann (Geologie), Jochen Hartig (Höhlenplan, Text), Jörg Korte, Oliver Kube (Fotos), Siegmar Neuner.

 

Sonstiges

   1000 Farben - eine Welt: Zwei Kilometer Leinwand gegen Ausländerfeindlichkeit (02.10.94 in Frankfurt). Das Anbringen an der Außenseite des Eisernen Stegs war eines der Highlights 1994.

   Koblenz Outdoor Recreation Program (KORP): Im Rahmen des Uni-Sports der Universität Koblenz wurden1996 bis 1998 Höhlentouren mit acht Teilnehmern ins französische Jura unternommen